Superteleobjektive – für Naturbilder, Sportfotos und mehr

Die brennweitenstarken Objektive ab 300 Millimeter sind vor allem in der Natur- und Sportfotografie beliebt. Wir erklären die bildliche Wirkung der Superteleobjektive, ihre typischen Eigenschaften und werfen einen Blick auf ihre Stärken und Schwächen.

Porträt Lars Theiß

Lars Theiß

Praxis-Redakteur, seit 1995 im fotoMAGAZIN-Team.

Das Superteleobjektiv – für Natur und Sport
Foto: © geogif / iStock / Getty Images Plus

Wer keines hat, träumt bestimmt davon: Ein Superteleobjektiv wünscht sich fast jeder Fotograf, denn es verbindet die Wirkung eines Fernglases mit einer Kamera. Mit Superteles meinen wir Objektive, die Brenn­weiten ab 300 Millimeter besitzen oder abdecken.

In den Erläuterungen beziehen wir uns immer auf Kameras mit Vollformatsensoren bzw. die kleinbildäquivalente Brenn­weite, deshalb kann auch ein APS-C-Objektiv mit APS-Crop-Faktor 1,5 oder 1,6 oder ein Objektiv für Micro Four Thirds (MFT-Crop-Faktor 2) darunter fallen.

Die diagonalen Bildwinkel betragen bei diesen Brennweiten 8 Grad oder weniger. Konkret reichen also auch Zooms wie ein 100-500 mm oder ein 150-600 mm in den Supertelebereich hinein.

Natur und Wildlife lassen sich mit Superteleobjektiven fotografieren

Ein typisches Einsatzgebiet für Super­teles ist die Fotosafari: Mit langer Brennweite bleiben Tier und Mensch auf sicherem Abstand.
Objektiv: Sigma EX DG 2,8/120-300 mm DG OS HSM mit 2x-Konverter | Aufnahmedaten: 600 mm, f/5,6, 1/800 s, -1 EV, ISO 400, Bohnensack | Kamera: Nikon D800

Foto: © Lars Theiß

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Motive und Bildwirkung

Vieles von dem, was wir in Teil drei unserer Serie über die klassischen Teleobjektive bis 300 mm geschrieben haben, trifft auch auf die Superteles zu – nur noch ausgeprägter. Wenn man einmal von Hallen-Events absieht, sind die Superteles Outdoor-Objektive.

Sie überbrücken große Distanzen und bringen Entferntes groß auf den Sensor, sei es ein Berggipfel auf der anderen Talseite, ein Fußballer in der gegenüberliegenden Spielhälfte oder den scheuen Fuchs hinten am Waldrand.Das bedeutet auch, dass Superteles zum Einsatz kommen, wenn Sie nicht näher an Ihr Motiv herangehen dürfen oder möchten: sei es das große Sport-Event oder die Fluchtdistanz der Stadtparkente.

Da mit zunehmender Brennweite die Schärfentiefe abnimmt, fällt es mit 500 mm Brennweite leicht, ein Tier vom Vorder- und Hintergrund zu lösen. Deshalb können Sie mit der selektiven Schärfe gewissermaßen durch Büsche oder Baumäste hindurchfotografieren: Der Vordergrund zeichnet zwar die Bildschärfe und den Gesamteindruck weich, doch der Vogel auf dem Ast ist als solcher klar erkennbar.

Bei Nacht mit dem Superteleobjektiv fotografieren

Die raffende Wirkung der langen Telebrenn­weiten können Sie einsetzen, um zum Beispiel den Mond vergleichsweise groß mit einem Gebäude in Szene zu setzen.
Objektiv: Nikon AF-S Nikkor 5,6/200-500 mm E ED VR | Aufnahmedaten: 440 mm, f/5,6, 1/8 s, -3 EV, ISO 800, Stativ | Kamera: Nikon D850

Foto: © Lars Theiß

Telebrennweiten haben jedoch auch eine verdichtende Wirkung, sie raffen im Bild zusammen, was in der Realität weit auseinanderliegt: Bergrücken, Tiere einer Herde, auf den Fotografen zurasende Rennwagen auf der Geraden.

Während also bei Weitwinkelobjektiven selbst auf dem Papierabzug der Eindruck einer gewissen Dreidimensionalität erzielbar ist, verstärken Superteles die „Flachheit“ eines Bildes. Deshalb vermeiden Profis allzu lange Brennweiten bei Portraits, sonst werden die Gesichter „platt“.

Der Effekt lässt sich wiederum bei Landschafts- oder Architekturaufnahmen kreativ nutzen. Die zunehmend beeindruckenden kurzen Nahgrenzen mit teilweise Makro-ähnlichen Vergrößerungsmaßstäben erlauben auch bildfüllende Aufnahmen von kleinen Tieren oder Blüten und abstrahierende Fotos von Details.

Details lassen sich mit einem Superteleobjektiv auch aus der Entfernung gut fotografieren Große Tiere im Detail, kleine Tiere in groß: Superteles holen besonders die scheue Tierwelt nah an den Betrachter. Objektiv: Panasonic Leica DG Elmarit 2,8/200 mm Power O.I.S. mit 1,4x-Konverter | Aufnahmedaten: 560 mm, f/5,6, 1/1600 s, ISO 400 | Kamera: Panasonic Lumix G9

Große Tiere im Detail, kleine Tiere in groß: Superteles holen besonders die scheue Tierwelt nah an den Betrachter.
Objektiv: Panasonic Leica DG Elmarit 2,8/200 mm Power O.I.S. mit 1,4x-Konverter | Aufnahmedaten: 560 mm, f/5,6, 1/1600 s, ISO 400 | Kamera: Panasonic Lumix G9

Foto: © Lars Theiß

Stärken und Schwächen

Mit zunehmender Brennweite werden die Teles größer, mit zunehmender Lichtstärke schwerer (und teurer). Damit muss sich ein Supertele-Fotograf arrangieren, wobei es schon Exemplare für dreistellige Eurobeträge gibt.

Das oben erwähnte Freistellungspotenzial der „langen Tüten“ bedingt eine akkurate Fokussierung, Fehler werden sofort offensichtlich. Unschärfe entsteht aber auch schnell durch eigenes Verwackeln, das durch den sehr engen Bildwinkel, das Eigengewicht und eine gewisse Windanfälligkeit droht. Insofern sind ein stabiles Stativ und ein integrierter Bildstabilisator vorrangig einzusetzen.

Für eher mobiles Arbeiten eignen sich Einbeinstative, die zudem die Kraft des Fotografen schonen. Bei Aufnahmen vom Dreibein empfiehlt sich das Fotografieren mit Live-View und/oder Spiegelvorauslösung. Am besten behalten Sie immer die Verschlusszeit im Auge: Drehen Sie die ISO-Einstellung so hoch, dass Sie aus der freien Hand (und ohne Bildstabilisator) mit einer Belichtungszeit fotografieren, die dem Kehrwert der doppelten Brennweite in mm entspricht. Beispiel: mit 500 mm (mal zwei) bei 1/1000 s oder kürzer. 

So attraktiv die langen Brennweiten sind, um Entferntes heranzuholen: Dunst und Hitzeflimmern können die Bildqualität zunichte machen. Das passiert nicht nur in der Savanne auf Fotosafari, sondern auch in Stadtlandschaften oder über Gewässern, wenn Sie eine Yacht ablichten möchten. Wenn möglich, verlegen Sie Ihren Fototermin auf den frühen Morgen oder späten Abend.

Typische Vertreter des Brennweitenbereichs ab 300 mm: Canon, Fuji, Nikon, Olympus, Panasonic

Spiegellinsenobjektiv

Im Gegensatz zu herkömmlichen Objektiven, in denen ausschließlich Linsen verbaut werden, kommen in Spiegellinsenobjektiven auch Spiegel zum Einsatz, daher auch der Name Katadiopter. Die einfallenden Licht­strahlen werden von einem ringförmigen Hauptspiegel im hinteren Teil auf einen kleinen Fangspiegel im vorderen Teil geworfen. Deshalb haben Spiegelteles immer eine Art Knopf auf oder unter der Frontlinse.

Mit diesem Bautrick kann die Objektivlänge erheblich kürzer als die effektive Brennweite gestaltet und zusätzlich Gewicht gespart werden. Katadiopter haben fast nie einen Autofokus, aber fast immer eine feste Brennweite und Blende und sind eher lichtschwach, die Belichtung kann dann nur über ISO, Verschlusszeit und/oder Filter gesteuert werden. Aufnahmen mit Spiegelteles zeigen die charakteristischen Unschärferinge von Lichtreflexen im Vorder- und Hintergrund.

Spiegellinsenobjektiv Tokina 8/400 mm Das Tokina 8/400 mm ist ein neueres Spiegeltele für verschiedene Anschlüsse.

Das Tokina 8/400 mm ist ein neueres Spiegeltele für verschiedene Anschlüsse.

Foto: © Tokina

Welche Features können Superteles besitzen?

Insbesondere die höherpreisigen Superteles sind mit einer Vielzahl an Details ausgestattet. Schließlich wollen Sport- und Naturprofis ein robustes Werkzeug, das sowohl Rempler als auch einen Regenschauer locker übersteht. Also finden sich Abdichtungen an allen gefährdeten Stellen, Gummierungen an der Frontlinse und Streulichtblende sowie natürlich auch Materialien, die entweder widerstandsfähig sind oder nachgiebig.

Auch ein Zoom-Lock oder eine justierbare Rutschbremse schützen das Zoom, das nicht unerwartet ausfährt und irgendwo anstößt. Zooms ohne Auszugsverlängerung sind prinzipiell im Vorteil. Bei der Streulichtblende kann es komfortabel sein, einen Klemmmechanismus anstelle einer Bajonettverriegelung zu haben; die Klemmschraube positionieren Sie dann an beliebiger Stelle.

Ein anderes beliebtes Einsatzgebiet des Superteleobjektivs ist die Sportfotografie Sportaufnahmen aus Distanzen, die genügend Abstand von den Sportlern halten, sind eine Domäne der Superteles. Manchmal darf der Fotograf aber auch nicht näher herankommen. Objektiv: Sony FE 2,8/400 mm GM OSS mit 1,4x-Konverter | Aufnahmedaten: 560 mm, f/4, 1/500 s, ISO 800, Einbeinstativ | Kamera: Sony Alpha 9

Sportaufnahmen aus Distanzen, die genügend Abstand von den Sportlern halten, sind eine Domäne der Superteles. Manchmal darf der Fotograf aber auch nicht näher herankommen.
Objektiv: Sony FE 2,8/400 mm GM OSS mit 1,4x-Konverter | Aufnahmedaten: 560 mm, f/4, 1/500 s, ISO 800, Einbeinstativ | Kamera: Sony Alpha 9

Foto: © Lars Theiß

Je enger der Bildwinkel, desto größer die Verwacklungsgefahr: Daher sollten Sie sehr großen Wert auf einen eingebauten Bildstabilisator legen, denn er wirkt effektiver als der kamerainterne Stabilisator. Dass Sie bei den typischerweise bewegten Motiven einen Autofokus einsetzen sollten, ist heute nahezu selbstverständlich. Mit manueller Scharfeinstellung werden Sie weit häufiger zu spät kommen oder fehlfokussieren. Das schnelle und präzise Scharfstellen unterstützen – nicht selten selber programmierbare – Fokushaltetasten.

Besonders bei Spiegelreflexobjektiven (Sigma, Tamron) können eine AF-Feinjustierung, Individualisierung und Firmware-Updates via USB-Dock nützlich sein. Auch ein Fokussierbereichsbegrenzer ist sehr hilfreich: Er erspart Ihnen unnötige Fokussierwege, wenn Sie eine längere Zeit Motive in größerer Entfernung oder sehr nah fotografieren. Deshalb ist auch eine Beschränkung auf den Nahbereich sehr sinnvoll.

Typische Vertreter des Brennweitenbereichs ab 300 mm: Pentax, Sigma, Sony, Tamron

Für einen Bajonett-schonenden Transport besitzen die Schwergewichte Ösen für einen Tragegurt. Darüberhinaus werden auch die Stativfüße an den Stativschellen zunehmend bequemer für die Hand gestaltet. Achten Sie auf abnehmbare Füße, einerseits für leichteren Transport, andererseits gibt es für manche Objektive ausgeklügeltere Modelle als Zubehör – mit Arca-Swiss-kompatibler Form (erspart die Schnellkupplungsplatte) oder verschieden großen Stativgewinden.

Eine rastende Stativschelle erleichtert den Wechsel zwischen Quer- und Hochformat. Auch Superteles können oft noch mit Telekonvertern verlängert werden: Werfen Sie einen Blick in die Anleitung, ob dann noch der Autofokus funktioniert. Es gibt sogar drei Zooms (Canon, Nikon, Olympus) mit eingebautem Konverter! Je größer die Frontlinse, desto wahrscheinlicher fehlt ein Filtergewinde. Stattdessen gibt es Schubladen in Bajonettnähe für kleinere Schraub- oder Folienfilter.

Das außergewöhnliche Objektiv

Einen einzigartigen Weg schlug Canon bei der Entwicklung der beiden Superteles RF 11/600 mm und 11/800 mm IS STM ein. Das Ziel waren leichte, kompakte und kostengünstige Festbrennweiten für das neue spiegellose Vollformatsystem.

Günstiges Superteleobjektiv von Canon Ausgefahren ist das RF 11/800 mm 35,2 cm lang.

Ausgefahren ist das RF 11/800 mm 35,2 cm lang.

Foto: © Canon

Im Gegensatz zu herkömmlichen Teleobjektiven verzichteten die Ingenieure auf eine hohe Lichtstärke und installierten eine unverstellbare Blende mit Lichtstärke 1:11. Das führt zu Einsparungen bei der Blendensteuerung und einem geringeren Objektivdurchmesser, was wiederum Volumen und Gewicht reduziert. Zudem konnte durch den optischen Aufbau der Auszug eines Tubus bajonettseitig realisiert werden. In der Parkposition spart er jeweils satte sieben Zentimeter Länge ein.

Auf diese Weise ist das 800 mm beim Transport nur 28,2 cm lang und wiegt 1260 g. Das 600 mm kostet rund 780 Euro, das 800 mm etwa 1020 Euro. Den Test der beiden Außergewöhnlichen lesen Sie in fM 1/2021. Und ein Video zu den beiden Superteleobjektiven gibt es hier auf unserem YouTube-Kanal.

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Dieser Artikel ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 4/2021 erschienen.
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Supertele-Objektive zum Dumping Preis | Canon RF 11/600 mm und 11/800 mm IS STM

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