Einfarbige Abbildungsfehler in der Fotografie

Die monochromatischen, also einfarbigen Abbildungsfehler sphärische Aberration, Koma und Astigmatismus haben ähnliche Ursachen, unterscheiden sich aber in ihrem Erscheinungsbild.

Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann

freier Journalist und Technikexperte

Einfarbige Abbildungsfehler: Vier asphärische Linsen vor dunklem Hintergrund

Asphärische Linsen sind heute in viele Objektive integriert. Sie korrigieren Unschärfen, die durch sphärische Aberration entstehen können.

Foto: © Canon

In diesem Beitrag erklärt Ihnen unser Technikexperte Michael Hußmann die Unterschiede zwischen drei einfarbigen Abbildungsfehlern und wie sie korrigiert werden können.

Sphärische Aberration

Die sphärische Aberration ist ein grundlegendes optisches Problem. Sie tritt auf, weil kugelförmig (also sphärisch) geschliffene Linsen die Eigenheit haben, Lichtstrahlen unterschiedlich stark zu brechen, je nachdem, ob sie nahe der Mitte oder am Rand der Linse auftreffen.

Je weiter von der optischen Achse entfernt die Strahlen auftreffen, desto stärker werden sie gebrochen und desto kürzer ist die Brennweite – und so gibt es keinen einheitlichen Fokus für alle Strahlen. Das von den Strahlen nahe der optischen Achse erzeugte scharfe Bild wird von unscharfen Bildern der achsfernen Strahlen überlagert.

Durch Abblenden nimmt die Schärfe zu, weil dann durch die Randbereiche der Linsen gehende Lichtstrahlen aus der Bildentstehung ausgeschlossen werden. Da die durchschnittliche Brennweite der Lichtstrahlen zunimmt, wenn man Strahlen mit den kürzesten Brennweiten blockiert, verschiebt sich beim Abblenden der Fokus – und zwar nach hinten, zu einer größeren Entfernung.

Einfarbige Abbildungsfehler: Grafik sphärische Aberration

Sphärische Aberration: Strahlen, die nahe dem Rand einer Linse auftreffen, werden stärker gebrochen als Strahlen nahe der optischen Achse. Abblenden reduziert diesen Fehler, verschiebt aber den Fokus.

Illustration: Michael J. Hußmann

Autofokussysteme können diesen Effekt berücksichtigen, aber bei Messsucherkameras wie der Leica M muss man diese sogenannte Blendendifferenz, die bei einigen – vor allem älteren – Objektiven auftritt, beim manuellen Scharfstellen selbst kompensieren.

Korrektur des einfarbigen Abbildungsfehlers

Zur Korrektur der sphärischen Aberration können Sammel- und Zerstreuungslinsen unterschiedlicher Brechkraft kombiniert werden; vollständig lässt sie sich nur durch die Verwendung asphärischer Linsen beseitigen, deren Oberfläche von der Kugelform abweicht.

In manchen Fällen ist die sphärische Aberration erwünscht. Bei Weichzeichnerobjektiven bleibt dieser Abbildungsfehler unkorrigiert, damit helle Bildbereiche dunklere Zonen überstrahlen und so einen Schleier über das scharfe Bild legen. Spezielle Blendeneinschübe mit mehreren runden Öffnungen können die Schärfentiefe vergrößern, ohne die Weichzeichnung zu beeinträchtigen.

Aufgrund der Dispersion (siehe fotoMAGAZIN 1/2023) wird das Licht je nach seiner Wellenlänge unterschiedlich stark gebrochen, wodurch aus dem monochromatischen ein Farbfehler wird – der Sphärochromatismus. Dieser Effekt dürfte auch für das Purple Fringing verantwortlich sein – violette Säume, die insbesondere bei kontrastreichen Gegenlichtaufnahmen die Kanten dunklerer Motive überstrahlen.

Was ist eine Koma?

Wenn die Lichtstrahlen aus dem Rand des Bildfelds und daher in einem flachen Winkel auf das Objektiv treffen, erzeugt die zwischen Mitte und Rand der Linsen unterschiedliche Brechung einen Fehler, der naturgemäß nur am Bildrand und vor allem bei Weitwinkelobjektiven sichtbar wird: die Koma. Punktförmige Lichtquellen werden Kometen-ähnlich aufgefächert, wobei der Schweif des „Kometen“ zur Bildmitte oder von ihr weg zeigen kann.

Einfarbige Abbildungsfehler: Grafik Koma

Koma: Die unterschiedliche Brechung von Strahlen aus dem Rand des Bildfelds zieht das Licht punktförmiger Lichtquellen radial auseinander, sodass sie einem Kometenschweif ähneln.

Illustration: Michael J. Hußmann

Die Koma stört insbesondere Astrofotografen, die große Ausschnitte des Sternenhimmels mit offener Blende abbilden wollen, wobei Sterne im ganzen Bild punktförmig erscheinen sollen. Abblenden würde den Fehler reduzieren, verbietet sich aber in der Astrofotografie, in der man eine größtmögliche Lichtstärke anstrebt. Bei den meisten Motiven äußert sich dieser Fehler nur in einer Unschärfe an den Bildrändern.

Astigmatismus, der dritte einfarbige Abbildungsfehler

Auch der Astigmatismus (Punktlosigkeit) tritt nur bei Lichtstrahlen aus dem Rand des Bildfelds auf. Ein Strahlenbündel bildet dann hinter dem Objektiv nicht den vertrauten Doppelkegel, in dem die Strahlen in einem Fokus gebündelt werden, um dahinter wieder auseinanderzustreben.

Stattdessen verengt sich der Querschnitt zunächst zu einem tangential gestreckten Oval, aus dem dahinter ein senkrecht dazu stehendes radiales Oval wird, aber dazwischen wird das Licht nicht zu einem Punkt gebündelt.

Einfarbige Abbildungsfehler: Grafik Astigmatismus

Astigmatismus: Hier treffen sich die Licht- strahlen zwischen zwei Brennpunkten f1 und f2; Punkte werden je nach Fokussierung als unterschiedlich ausgerichtete Ovale abgebildet.

Illustration: Michael J. Hußmann

Moderne Objektive sind generell Anastigmate, bei denen dieser Abbildungsfehler korrigiert ist. Asphärische Linsen können ihn reduzieren, aber auch der Einsatz von Meniskuslinsen (die auf der einen Seite konvex und auf der anderen konkav sind) statt bikonvexer Linsen.

Dieser Beitrag ist in fotoMAGAZIN 2/2023 erschienen.

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