Im Test: OM System OM-1

Die OM System OM-1 soll dem Micro-Four-Thirds-System neues Leben einhauchen – unter anderem mit einem verbesserten Bildsensor. Ob das gelingt und wie sich die Kamera im Vergleich zur APS-C-Konkurrenz schlägt, zeigt unser Vergleichstest.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

OM System OM-1 mit fotoMAGAZIN-Siegel

Die OM System OM-1 erhält in unserem Vergleichstest im fotoMAGAZIN 4/2022 das Siegel „Sehr gut + Testsieger“.

Produktfoto: © OM Digital Solutions

Der Schwerpunkt der Kameraentwicklung lag in letzter Zeit auf dem Vollformat. Hier sorgten neue Sensoren in BSI- und Stacked-Bauweise nicht nur für eine bessere Bildqualität, sondern auch für enorme Geschwindigkeitszuwächse.

Für eine hohe Geschwindigkeit waren Micro-Four-Thirds-Kameras schon länger bekannt, der Bildsensor und damit die Bildqualität waren aber seit sechs Jahren unverändert. Das ändert sich gerade: Sowohl OM Digital Solutions – der Nachfolger von Olympus – als auch Panasonic bringen jetzt MFT-Kameras mit neuen Bildsensoren auf den Markt. Wir haben die OM-1 getestet und wollten dabei nicht nur wissen, ob sie einen Fortschritt gegenüber den bisherigen MFT-Spitzenmodellen darstellt, sondern auch wie sie sich im Vergleich zu den besten APS-C-Modellen von Fujifilm, Nikon und Sony schlägt. Canons EOS-M-System haben wir nicht berücksichtigt, da hier seit längerem keine neue Kamera vorgestellt wurde – Gerüchte besagen, dass Canon sein APS-C-System demnächst auf das RF-Bajonett umstellen könnte (Stand: Februar 2022).

Die OM System OM-1 kommt im robusten Gehäuse

Rein äußerlich knüpft die spritzwassergeschützte OM-1 an die E-M1 Mark III an. Anders als das Spitzenmodell E-M1X kommt sie also ohne fest integrierten Hochformatgriff aus, was sie kompakter und leichter macht – der Batteriegriff HLD-10 ist als optionales Zubehör erhältlich. Gegenüber der E-M1 Mark III ist sie minimal größer und schwerer geworden. Vor allem der Griff fällt voluminöser aus – in den mittelgroßen Händen des Autors liegt die Kamera auch mit schweren Objektiven hervorragend in der Hand.

OM System OM-1 frontal

Die OM-1 liegt mit ihrem größer gewordenen Griff sehr gut in der Hand. Das Gehäuse ist gemäß der IP53 gegen Staub und Sprühwasser geschützt.

Foto: © OM Digital Solutions

 Bedienkonzept der OM System OM-1

Das restliche Bedienkonzept bleibt weitgehend unverändert. Kleiner Unterschied: AEL und AF-on sind nun getrennte Tasten und der rote Video-Button aktiviert im Fotomodus den hochauflösenden Modus. Wem die werksseitige Tastenbelegung nicht gefällt, der kann sie natürlich wie gewohnt verändern.
Der seitlich ausklappbare Monitor hat wie gehabt eine Diagonale von 3,0 Zoll, aber eine verbesserte Auflösung von 1,62 Mio. Punkten. Im Gegensatz zu Canon, Nikon und Panasonic ist die Touch-Bedienung nach wir vor nicht konsequent umgesetzt; sprich das Hauptmenü ist ausgenommen; immerhin lässt sich das Info-Display („Super Control Panel“) mit den wichtigsten Einstellungen per Touch bedienen.

Verbesserungen an der neuen OM System OM-1

Das Menü hat der Hersteller übrigens überarbeitet. Es wirkt etwas moderner, übersichtlich und erinnert ein wenig an die Struktur bei Canon.

Verbesserungen zeigen sich auch beim Sucher. Olympus war bisher einer der wenigen Hersteller, die noch LCD-Panels verwendet haben, nun kommt ein OLED-Display zum Einsatz, dessen Auflösung deutlich von 2,36 Millionen auf 5,76 Millionen Punkte gesteigert wurde; die maximale Bildwiederholrate liegt bei 120 fps. Da der Sucher sehr groß ausfällt, ist die höhere Auflösung ausgesprochen willkommen. Die Anzeige wirkt sehr natürlich und ist weitgehend frei von Moirés. Der neue Stacked-CMOS-Sensor mit integriertem Speicher beschleunigt in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls neuen TruePic-X-Bildprozessor die Bildverarbeitung, sodass der Sucher in allen Serienbildmodi mit elektronischem Verschluss das Live-Bild ohne Unterbrechungen anzeigt – eine Dunkelphase („Blackout“) gibt es nur beim Fotografieren mit mechanischem Verschluss.

OM-1 mit bestem Bildstabilisator

Wie gewohnt, ist die Ausstattung der OM-1 hervorragend. So bringt die Kamera einen der besten Bildstabilisatoren mit. Laut Hersteller schafft der Gehäusestabilisator sieben Stufen und in Kombination mit einem IS-Objektiv sollen sogar bis zu acht Blendenstufen möglich sein. Im Test mit dem M.Zuiko Digital 4/300 mm ED IS Pro gelangen uns scharfe Aufnahmen aus der Hand mit bis zu 1/5 s. Allerdings waren auch manche Aufnahmen mit kürzeren Verschlusszeiten unscharf – wie üblich sollte man die theoretisch möglichen Werte nicht ausschöpfen und im Zweifelsfall an der Verwacklungsgrenze mehrere Aufnahmen machen.

OM System M-1 von oben

Im Fotomodus aktiviert der rote Videoauslöser den Modus „Hochaufgelöste Aufnahme“.

Foto: © OM Digital Solutions

Wie gehabt lässt sich der Sensor-Shift auch für die „Hochaufgelöste Aufnahme“ nutzen, bei dem mehrere Bilder zu einem zusammengesetzt werden. Er steht auch beim Fotografieren aus der Hand zur Verfügung, wobei Aufnahmen mit 50 Megapixeln entstehen; vom Stativ sind 80 Megapixel möglich. Das Motiv sollte möglichst statisch sein, sonst können Artefakte auftreten. Erfreulich: Neben der Verbesserung der Auflösung wird auch das Rauschen reduziert. Grundsätzlich funktioniert die „Hochaufgelöste Aufnahme“ allerdings nur bis ISO 1600.  

Autofokus mit Quad-Pixel-Bayer-Muster

Weiterentwickelt hat OMDS auch den Autofokus. Dazu nutzt die Kamera ein Quad-Pixel-Bayer-Muster, sprich jedes Pixel besteht aus vier Fotodioden, die zur Fokussierung jeweils als Phasen-Detektions-Kreuzsensoren in horizontaler und vertikaler Richtung arbeiten. Zusammengefasst ergeben sich 1053 Autofokusmessfelder, die fast das ganze Bildfeld abdecken.

Wie viele Funktionen ist auch die Objekterkennung schneller geworden. Im Menü kann der Fotograf wählen zwischen Fahrzeugen (Autos und Motorräder), Flugzeugen (inklusive Helikopter), Zügen, Vögeln und anderen Tieren wie Katzen und Hunden. Letzteres funktionierte bei unserem Test im Zoo tatsächlich bei unterschiedlichen Tieren gut, wobei auch die Augen erkannt wurden. Was fehlt ist eine Automatik-Funktion, man muss den Objekterkennungsmodus also manuell im Menü einstellen. Mit einem sehr lichtstarken Objektiv (1:1,2) ist der AF nun bis -8 EV empfindlich (E-M1X: -6 EV), funktioniert also noch bei sehr wenig Licht.

Langzeitbelichtungen und Rechnerische Modi mit der OM System OM-1

Natürlich ist auch die OM-1 mit den bekannten Technologien für Langzeitbelichtungen und Light Painting ausgestattet: Live Bulb, Live Time und Live Composite lassen sich nun mit Bildstabilisator kombinieren. Im Menü „Rechnerische Modi“ finden sich neben der „Hochaufgelösten Aufnahme“ weitere Einstellungen, bei denen mehrere Aufnahmen miteinander verrechnet werden. „Live ND“ wurde um eine Stufe auf ND 64 verbessert. Dabei werden durch Mehrfachbelichtungen längere Verschlusszeiten simuliert, um beispielsweise bewegtes Wasser glatt wirken zu lassen. Das Focus Stacking wurde beschleunigt: Bei acht Aufnahmen dauert es gut sechs Sekunden, bis die Kamera das von vorne bis hinten scharfe Bild zusammengesetzt hat.

Neben einem mechanischen Verschluss, der für 400.000 Auslösungen, 1/8000 s und eine Blitzsynchronzeit von 1/250 s ausgelegt ist, bringt die Neue auch einen elektronischen Verschluss mit, der im Silent-Modus 1/32.000 s und eine Synchronzeit von 1/100 s erlaubt. Vor allem die Synchronzeit zeigt, dass der elektronische Verschluss schneller geworden ist: Bei der E-M1X lag sie noch bei 1/50 s. Ganz so schnell wie die neuen Stacked-Vollformatsensoren von Canon und Nikon scheint sich der Sensor in der OM-1 allerdings nicht auslesen zu lassen, denn bei der Konkurrenz liegt die Synchronzeit mit E-Verschluss bei 1/180 s (EOS R3) bzw. 1/200 s (Z9).

Wie gewohnt besitzt die OM-1 einen integrierten Raw-Konverter, mit dem sich beispielsweise die zahlreichen Art-Filter nach der Aufnahme anwenden lassen. Es lohnt sich auch, einen Blick auf den Raw-Konverter OM Workspace für macOS und Windows zu werfen. Dieser bringt eine neue Rauschunterdrückung auf KI-Basis mit, die tatsächlich bessere Resultate erzielt, als die kamerainterne Bildaufbereitung. Wenn die Bildverarbeitung auf dem Rechner zu langsam ist, lässt sich übrigens aus OM Workspace heraus bei per USB angeschlossener Kamera auch der TruePix-X-Prozessor nutzen. Weitere fotografische Funktionen sind Mehrfachbelichtungen, Intervallaufnahmen, ein HDR-Modus und eine Keystone-Korrektur für stürzende Linien.

Katta – aufgenommen mit OM System OM-1

Selbst bei ISO 10.000 sind die Aufnahmen der OM-1 noch detailreich und rauscharm.
Kamera: OM System OM-1. Objektiv: M.Zuiko Digital 4/300 mm IS ED Pro. Einstellungen: f/4, 1/500 s, ISO 10.000.

Foto: © Andreas Jordan. Mit freundlicher Unterstützung von Tierpark Hagenbeck

Verbesserungen beim Video: OM-1 nimmt 4K-Video mit 60p auf

Die höchste Auflösung bleibt bei Cinema-4K, allerdings hat sich die maximale Aufnahmefrequenz auf 60p verdoppelt, wobei auch in der besten Qualität ohne horizontalen Beschnitt aufgenommen wird. Die Längenbegrenzung auf 30 Minuten entfällt. Im Test konnten wir mit 4K/60p bei Raumtemperatur 40 bis 55 Minuten am Stück aufnehmen, bis die Kamera wegen Überhitzung abbrach. Bei 4K/30p waren knapp 80 Minuten möglich. Full-HD/24p lief fast vier Stunden, dann war der Akku leer. Dank USB-Stromversorgung ist die Länge der Clips prinzipiell unabhängig von der Akkukapazität.

"Die OM-1 zeigt das Potenzial des Micro-Four-Thirds-Systems."

Andreas Jordan

Bei den Einstellungen hat der Filmer die Wahl zwischen H.264/8 Bit und H.265/10 Bit. Bei letzterem stehen das flache Profil OM-Log400 und HLG für HDR-Aufnahmen zur Verfügung. Bei der externen Aufnahme auf einem Atomos Ninja lässt sich das Apple ProRes-Raw-Format nutzen. Auch die Full-HD-Zeitlupen hat der Hersteller verbessert – und zwar von 120 auf 240 fps. Hier beschneidet die Kamera das Bild allerdings doch. Dies gilt naturgemäß auch für die digitale Bildstabilisierung, die in Kombination mit dem IBIS sehr effektiv ist.

Echse – aufgenommen mit OM System OM-1

Die Bildstabilisierung der OM-1 ist beeindruckend. Diese scharfe Aufnahme aus der Hand entstand bei 300 mm (600 mm entsprechend Kleinbild) mit 0,3 s Belichtungszeit.
Kamera: OM System OM-1. Objektiv: M.Zuiko Digital 4/300 mm IS ED Pro. Einstellungen: f/4, 0,3 s, ISO 125.

Foto: © Andreas Jordan. Mit freundlicher Unterstützung von Tierpark Hagenbeck

OM System OM-1 im Labor

Die Serienbildgeschwindigkeit hat der Hersteller drastisch gesteigert. Mit AF/AE-Nachführung und elektronischem Verschluss sind nun 50 Bilder/s möglich – kompatible M.Zuiko-Objektive vorausgesetzt. Dabei handelt es sich um das alte und neu 2,8/12-40 mm, das 12-100 mm sowie die Telezooms 2,8/40-150 mm, 4,5/150-400 mm und 4/300 mm. Bei nicht-kompatiblen Objektiven beträgt die maximale Geschwindigkeit 25 B/s. Ohne AF-Nachführung schießt die OM-1 sogar 120 Bilder/s bei voller Auflösung – auch im Raw-Modus. Erwähnenswert ist noch der Pro-Capture-Modus, in dem die Kamera schon vor dem Durchdrücken des Auslösers Bilder in einen temporären Speicher schreibt, um den entscheidenden Moment nicht zu verpassen.

Serienbildlänge

Die Serienbildlänge fiel in unserem Test mit der aktuell schnellsten SD-Karte besser aus als vom Hersteller angegeben:

  • 10 B/s: JPEG und Raw: mehr als 500 in Folge (danach haben wir den Test abgebrochen)
  • 20 B/s: JPEG: 249, Raw: 181
  • 50 B/s: JPEG: 118, Raw: 117
  • 120 B/s: JPEG: 96, Raw: 94

Wie gut ist die Bildqualität der OM System OM-1?

Bei der JPEG-Bildqualität zeigt sich in den hohen ISO-Stufen tatsächlich eine Verbesserung gegenüber den bisherigen MFT-Kameras. Den höchsten Wirkungsgrad der Auflösung erreicht die OM-1 bei ISO 200 (gut 94 %). Erstaunlich ist, dass der Wirkungsgrad danach nur langsam und sehr konstant bis ISO 25.600 sinkt. Erst dann fällt die Auflösung stark ab. Bei unser Bewertungsgrenze (ISO 6400) haben wir immerhin noch einen Wirkungsgrad von knapp 87 % gemessen, was einer absoluten Auflösung von 15,1 effektiven MP entspricht. Im Testfeld erzielt nur die Sony Alpha 6600 bei ISO 6400 bessere Werte (18,0 effektive MP). Die Fuji X-T4 mit ihrem 26-MP-Sensor erreicht in dieser ISO-Stufe nur 13,9 effektive MP. In den unteren ISO-Stufen muss sich die OM-1 allerdings den höher auflösenden Kameras geschlagen geben, wobei die Alpha 6600 eine übermäßig aggressive Bildaufbereitung einsetzt, was sich in der schlechtesten Artefaktnote von 5,0 niederschlägt.

OM System OM-1 mit ausgeklappten Monitor

Der Monitor lässt sich bei der OM System OM-1 wie bei anderen Olympus-Kameras auch zur Seite ausklappen.

Foto: © OM Digital Solutions

Die mit Abstand geringsten Artefakte zeigt die Fuji X-T4 mit ihrem Moiré-reduzierenden X-Trans-Sensor. Auch beim Bildrauschen macht die OM-1 eine hervorragende Figur. Bei ISO 6400 hat sie die zweitniedrigsten Werte, nur die Z 50 rauscht minimal weniger. Erst ab ISO 25.600 übersteigt das Rauschen bei der OM-1 den kritischen Wert von 4. Die Eingangsdynamik erreicht in der Grundempfindlichkeit – wie die E-M1 Mark III – mit 9,2 Blendenstufen einen hervorragenden Wert. Der potenzielle Raw-Dynamikumfang ist natürlich bei allen Kameras – abhängig von den Einstellungen des Raw-Konverters – größer.

FAZIT
Eindrucksvoll stellt die OM-1 unter Beweis, dass das MFT-System quicklebendig ist. Die Kamera holt den Testsieg und kann sich auch gegen die aktuell besten APS-C-Kameras durchsetzen. Wer eine deutlich bessere Bildqualität sucht, wird erst beim Vollformat fündig. Bei der Geschwindigkeit setzt die OM-1 mit 120 Raws pro Sekunde neue Maßstäbe und auch die Ausstattung ist hervorragend. Wem die OM-1 zu teuer ist, der wird im MFT-System bspw. bei Panasonics Foto-Flaggschiff Lumix G9 fündig, das weniger als die Hälfte kostet. Preislich ausgesprochen attraktiv ist auch Nikons APS-C-Modell Z50, das für unter 800 Euro zu haben ist.

Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen(Fujifilm X-T4, Nikon Z50, Olympus OM-D E-M1 Mark III, Olympus OM-D E-M1X, OMDS OM System OM-1, Panasonic Lumix G9, Sony Alpha 6600) aus unserem Test.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test wurde in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 4/2022 veröffentlicht. Zur Einzelheftbestellung gelangen Sie hier.

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