Die Konica Hexar AF mit dem hervorragenden Objektiv Konica Hexar 2,0/35mm.
© PrivatWenn eine Kamera den Spitznamen „Volksleica“ verpasst bekommt, dann soll das möglicherweise ein Lob sein, doch es kann auch nach einer Abwertung klingen – schließlich klingt das Präfix „Volks“ auch immer ein wenig nach einfacher, schlechter und billiger. Die analoge Konica Hexar AF trägt genau diesen Spitznamen und das tut sie zu Unrecht, denn sie stellt etwas ganz Eigenständiges dar. Zwar hat sie das Sucher-Prinzip mit Leica gemeinsam und hat außerdem ein fest eingebautes, siebenlinsiges Top-Objektiv, das dem Leica Summicron 2,0/35 mm nicht nachsteht: Im analogen KB-Bereich gehört dieses Objektiv in den Spitzenbereich.
Randvoll mit feinster Technik
Doch damit nicht genug: Im Gegensatz zur Leica M6 hat die Konica einen schnellen Autofokus und einen motorischen Filmtransport für rasches Agieren. Auch der Sucher gehört mit seinem automatischen Parallaxenausgleich wohl zum Besten auf dem analogen Markt nach der M-Leica. Von den Abmessungen her ist die Hexar eigentlich keine klassische Kompaktkamera mehr, sondern gehört eher zur Kategorie der besonderen Point-and-Shoot-Kameras. Sie ist wertig, schnell und liegt hervorragend in der Hand.
Auf den Markt kommt die Kamera 1993. Da sie mit 1400 Mark durchaus hochpreisig ist, zielt sie wie andere Edel-Sucherkameras auf das Marktsegment der betuchten Amateurfotografen und auch der Profis, die sie als Immer-dabei-Kamera nutzen. Es war eine Ära, in der die Fotoindustrie zum letzten analogen Paukenschlag ausholt und in die Edelkameras alles hineinsteckt, was technisch möglich ist, kombiniert mit tadelloser Verarbeitung und hochwertigen Optiken.
Auch die Konica ist randvoll mit allerfeinster Technik und Spielereien. Sie ist im Einsatz so unglaublich still, dass sie bis heute im analogen Bereich für die unbemerkte „Straßenfotografie“ prädestiniert ist. Was sie so konkurrenzlos macht, ist ihr „silent mode“, ein Einstellmodus für flüsterleises Scharfstellen, Auslösen und extrem leisen Filmtransport. In dieser Betriebsart schlägt sie sogar grandios die sehr leise M-Leica - die Kamera ist derart leise, dass man sich manchmal am Bildzählwerk orientieren muss, um zu wissen, ob sie überhaupt ausgelöst hat oder nicht. Damit ist das unentdeckte Fotografieren die Parade-Disziplin der Konica Hexar. Die Möglichkeit, auf „fixed focus“ zu schalten, unterstützt dies weiter.
Die Schattenseiten der Volksleica
Doch es gibt auch Schattenseiten bei dieser legendären Kamera – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Eine Anfangsblende von 2 und eine kürzeste Verschlusszeit von 1/250 Sekunde wollen nicht so recht zusammenpassen, denn wer mit offener Blende fotografieren will, braucht bei gutem Wetter kürzere Verschlusszeiten. Vor allem auch deshalb, weil das Hexar-Objektiv auch bei Offenblende ein richtiger Schärfekracher ist. Das wiederum freut die Hersteller von Graufiltern.
Und dann die Menüführung: Die Bedienung ist derart umfassend und chaotisch, dass es neben dem Handbuch noch extra Internetseiten gibt, die die Tiefen der Menüs erklären. Mit bizarren Einstellcodes per frickeligem Minitasten, die an ein Mäuseklavier erinnern, variiert durch Doppeldrücken, gepaart mit weiteren Funktionen durch An- und Ausschalten der Kamera, verdient die Konica hinsichtlich Programmierung die goldene Bedienzitrone. Für die tägliche Fotografierpraxis ist diese zum Glück eher unbedeutend und schreckt die Fans kaum ab, sodass man für eine Konica Hexar AF im gepflegten Zustand auch heute noch rund 650 Euro hinlegen muss.
Konica lange unterschätzt
Nach der Jahrtausendwende zog sich Konica aus der hochwertigen Kameraproduktion immer weiter zurück. 2004 fusionierte Konica mit Minolta und 2006 kam mit dem Verkauf der Kamerasparte an Sony vollkommen überraschend das Aus für die Kameraproduktion. Das ist äußerst bedauerlich, aber Konica wurde lange Zeit als innovatives Unternehmen stark unterschätzt. Nicht nur die Konica Hexar ist ein Beweis für die Fortschrittlichkeit des Unternehmens, denn Konica konnte in seiner Firmengeschichte auch viele andere Technik-Highlights aufweisen.
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