Im Test: Nikon D780

Die Nikon D780 ist die Nachfolgerin der D750, die zu den am besten verkauften Vollformat-Spiegelreflexkameras gehört. Im großen Vergleichstest wollten wir wissen, ob auch die D780 das Zeug zum Bestseller hat.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Nikon D780

Wir haben die Nikon D780 für das fotoMAGAZIN 4/2020 getestet. Lesen Sie hier, wie sich die Vollvormat-SLR im Konkurrenzvergleich schlägt.

Produktfoto: © Nikon

In den letzten sechseinhalb Jahren ist in der Fototechnik viel passiert. Vor allem der Vormarsch der spiegellosen Vollformatkameras hat den Markt verändert – und so dürfte mancher D750-Besitzer nicht nur mit der D780 als Nachfolgerin liebäugeln, sondern auch mit dem spiegellosen Vollformatmodell Z 6, das zudem preislich sehr attraktiv ist (1700 statt 2400 Euro).

Doch auch wer Spiegelreflex bevorzugt, findet bei Nikon eine Alternative in der höher auflösenden D850, die nach Straßenpreisen nur rund 130 Euro mehr kostet. Im Folgenden vergleichen wir die Vollformat-SLRs von Nikon sowie die Konkurrenzmodelle von Canon (EOS 5D Mark IV, 6D Mark II) und Ricoh (K-1 Mark II) im Preissegment bis 3000 Euro.

Nikon D780 top

Die Nikon D780 hat eine Höhe von 115,5 mm.

© Nikon

Handhabung der Nikon D780

Schon im fotoMAGAZIN 3/2020 konnten wir die D780 einem ausführlichen Praxistest unterziehen. Hier noch mal die wichtigsten Neuerungen im Vergleich zur Konkurrenz: Neben leichten Veränderungen beim Griff und der Anordnung der Bedienelemente fällt zunächst der zeitgemäße Touchscreen auf, mit dem sich alle gängigen Touch-Funktionen ausführen lassen, einschließlich der Menübedienung.

Das gilt für die meisten Kameras im Testfeld – neben der D750 hat nur die Pentax K-1 Mark II keinen berührungsempfindlichen Bildschirm. Der Klappmechanismus entspricht der D750 oder D850 – der 3,2-Zoll-Monitor lässt sich also nach oben und unten klappen, aber nicht für Selbstportraits zur Seite. Das geht im Testfeld nur bei der Canon EOS 6D Mark II.

Einen speziellen Mechanismus bringt die K-1 Mark II mit. Bei ihr lässt sich das Display über Stangen herausziehen und dann nach oben (90 Grad), unten (45 Grad) und zur Seite (30 Grad) kippen – letzteres ist hilfreich bei Hochformataufnahmen vom Stativ, eignet sich aber nicht für Selbstportraits. Einzig die EOS 5D Mark IV hat gar keinen beweglichen Monitor.

Einen guten Eindruck macht auch der Sucher der D780, der eine hunderprozentige Bildfeldabdeckung hat und 0,7fach vergrößert. Relevant besser ist im Testfeld nur die D850 (0,75fache Vergrößerung), etwas schlechter die EOS 6D Mark II (98 % Bildfeld). Was der D780 nach wie vor fehlt, ist ein Joystick zum Verschieben des AF-Messfeldes – den gibt es im Testfeld nur bei der EOS 5D Mark IV sowie der D850 – und im spiegellosen Bereich bei der Z 6; was die Frage aufwirft, warum Nikon ihn der teureren und größeren D780 verwehrt.

BSI-Bildsensor mit Hybrid-AF

Den Bildsensor hat Nikon verbessert, beziehungsweise von der Z 6 übernommen. Er ist nun rückseitig belichtet (BSI-Bauweise), um mehr Licht einzufangen. Vielleicht noch wichtiger ist die Integration von Phasendetektions-Pixeln, die im Live-View und Video-Modus eine deutlich schnellere Fokussierung ermöglichen. Dieser Hybrid-Autofokus deckt vertikal und horizontal rund 90 % des Bildes ab und beherrscht im Gegensatz zum Sucher-AF auch eine Augenerkennung.

Mindestens genauso leistungsfähig wie der Hybrid-Autofokus der D780 ist Canons Dual Pixel CMOS AF (DPAF) in den beiden EOS-Spiegelreflexen. Bei ihm setzt sich jeder Pixel aus zwei Fotodioden zusammen, die für die Fokussierung getrennt ausgelesen werden können und eine Phasen-Detektion über 80 % des Bildes ermöglichen (jeweils horizontal und vertikal).

Bescheidener sind die Fortschritte beim Sucher-AF. Die D780 nutzt hier das gleiche AF-Modul wie die D750: Das Multi-CAM 3500 II hat 51 recht mittig angeordnete Messfelder, davon 15 Kreuzsensoren. Leichte Fortschritte ermöglichen neue AF-Algorithmen, der leistungsstärkere Expeed-6-Bildprozessor und der verbesserte Belichtungssensor mit 180.000 RGB-Pixeln, der den AF bei der Motiverkennung unterstützt.

Deutlich leistungsfähiger als bei der D780 ist der Sucher-AF der D850, der 153 Messfelder und 99 Kreuzsensoren mitbringt. Dazwischen liegt die EOS 5D Mark IV mit 61 Messfeldern und 41 Kreuzsensoren. Die K-1 II nutzt im Live-View einen langsamen Kontrast-AF und im Sucherbetrieb 33 Messfelder, davon 25 Kreuzsensoren

Nikon D780 mit 4K-Video

Deutlich verbessert hat Nikon die D780 beim Video. Waren bei der D750 noch maximal Full-HD/60p möglich, so nimmt die D780 – wie die Z 6 – nun mit bis zu 4K/30p auf (alternativ 25p und 24p). Erfreulicherweise erfolgt die Aufzeichnung ohne Crop – der wird erst notwendig, wenn man den digitalen Bildstabilisator zuschaltet oder Full-HD-Zeitlupen mit bis zu 120p aufnimmt.

Zur Audiokontrolle stehen eine Kopfhörer- und eine Mikrofonschnittstelle zur Verfügung. Auf einem externen Rekorder kann die D780 mit 10 Bit Farbtiefe aufzeichnen.
Ähnliche Videospezifikationen hat die D850, die aber den Nachteil des langsameren AFs hat und der bei der manuellen Fokussierung in 4K das Peaking fehlt.

Ebenfalls 4K nimmt die EOS 5D Mark IV auf, allerdings mit starkem 1,74fach Crop, sodass deutlich Weitwinkel verloren geht. Kein 4K beherrschen die EOS 6D Mark II und die Pentax K-1 Mark II. Erstere schafft immerhin Full-HD/60p, die Pentax nimmt Full-HD nur mit 30p auf, beziehungsweise 60i, also 60 Halbbildern/s.

Weitere Verbesserungen bei der Nikon D780

Der mechanische Verschluss der D750 ermöglicht eine kürzeste Verschlusszeit von 1/4000 s, die D780 schafft nun 1/8000 s und schließt damit zur D850, EOS 5D Mark IV und Pentax K-1 Mark II auf – lediglich die EOS 6D Mark II ist noch auf 1/4000 s beschränkt. Im Live-View ist außerdem das lautlose Auslösen mit E-Verschluss möglich.

Neben Wi-Fi bringt die neue SLR nun auch Bluetooth mit und kann somit mit Hilfe der SnapBridge-App automatisch und im Hintergrund die aufgenommenen Bilder in reduzierter Auflösung auf ein Smartphone oder Tablet übertragen. Die Kinderkrankheiten von SnapBridge hat Nikon inzwischen beseitigt, sodass das Ganze problemlos funktioniert und die D780 im Testfeld ein gelungenes Alleinstellungsmerkmal hat. Bei allen anderen Herstellern muss zur Bildübertragung Wi-Fi aktiviert und gegebenenfalls die Verbindung mit einem WLAN-Router abgebrochen und hinterher wiederhergestellt werden.

Stark ist auch die Akkuleistung der D780, die nun mit 2260 Aufnahmen (nach CIPA-Standard) die beste im Testfeld ist. Zum Einsatz kommt der EN-EL15b, der sich per USB-C laden lässt. Zu den weiteren Funktionen der D780 gehören zwei UHS-II-kompatible SD-Kartenlaufwerke, ein HDR-Modus, Intervallaufnahmen, Zeitraffervideos, Focus-Bracketing und Focus-Peaking.

Unter dem Strich hat die D780 eine sehr gute Ausstattungsnote. Lediglich ein integrierter Bildstabilisator mit Sensorshift, wie in der Z 6 und Z 7, wäre noch wünschenswert. Im Testfeld bringt nur die Pentax K-1 Mark II dieses Ausstattungsmerkmal mit. Sie kann den beweglich gelagerten Bildsensor sogar für Pixelshift-Aufnahmen mit verbesserter Auflösung nutzen.

Testaufnahme mit der Nikon D780

Geschwindigkeit und Bildqualität

Am schnellsten ist die D780 im Live-View. Hier kann sie bis zu 12 Bilder/s schießen. Mit AF-C sank die Geschwindigkeit in unserem Test auf ca. 11 Bilder/s. Der mechanische Verschluss schafft 7 Bilder/s.

Etwas enttäuschend ist die im Testlabor gemessene Auslöseverzögerung mit Einzel-Autofokus und dem Kitobjektiv AF-S 4/24-105 mm VR: Im Weitwinkel haben wir knapp 0,7 s gemessen, im Tele gut 0,5 s. Deutlich schneller (ca. 0,3 s) ist im Testfeld die D850 mit AF-S 2,8/24-70 mm, es folgt die Canon EOS 6D Mark II mit EF 3,5-5,6/24-105 mm IS STM (etwas mehr als 0,5 s).

Die anderen SLRs fokussieren mit ähnlicher Geschwindigkeit wie die D780. Schneller sind übrigens fast alle spiegellosen Modelle. Die Z 6 mit S 4/24-70 mm brauchte im Labor beispielsweise unter 0,1 s zum Scharfstellen.

Deutlich verbessert gegenüber der D750 wurde die JPEG-Bildqualität. Mit dem Referenzobjektiv Micro Nikkor 2,8/60 mm G ED haben wir im Labor bis ISO 400 hohe Wirkungsgrade der Auflösung von über 90 % gemessen. Bis ISO 1600 liegt der Wirkungsgrad immer noch über 80 %. Erst ab ISO 3200 gehen deutlich Details verloren. Erfreulicherweise bleibt das Bildrauschen dabei sehr niedrig und stört erst ab ISO 12.800.

Etwas unter den Ergebnissen der Konkurrenz bleibt der Dynamikumfang, der in unserem Test maximal 8,4 Blendenstufen erreicht – die beiden Canon-Modelle, die D850 und die Pentax K-1 II schaffen rund 9 Blendenstufen. Unter dem Strich hat Nikon die Bildqualität gegenüber der D750 zwar deutlich verbesert, bleibt aber etwas hinter der Konkurrenz zurück, die von höher auflösende Bildsensoren profitieren.

FAZIT
Nikon-Fotografen erhalten mit der D780 eine gegenüber der D750 deutlich verbesserte Kamera, die allerdings auch rund doppelt so teuer ist. Wer bereit ist 130 Euro mehr auszugeben, kann zur aktuell besten SLR, der D850, greifen. Einziger Nachteil gegenüber der D780 ist bei ihr der langsamere Live-View-/Video-Autofokus.

Canon-Fotografen haben kaum Grund umzusteigen und können – je nach Budget – getrost zur EOS 5D Mark IV oder EOS 6D Mark II greifen. Die Pentax K-1- Mark II kann zwar bei der Geschwindigkeit nicht mithalten, bietet mit dem integrierten Bildstabilisator und dem Pixelshift aber spannende Alleinstellungsmerkmale im Testfeld.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Canon EOS 5D Mark IV, Canon EOS 6D Mark II, Nikon D750, Nikon D780, Nikon D850, Ricoh Pentax K-1 Mark II).

Labormessungen: Anders Uschold

_______________________

Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 4/2020 erschienen.

Beitrage Teilen