Im Test: Fujifilm GFX100 II

Mit seinem GFX-System hat Fujifilm den Markt für digitale Mittelformatkameras in den letzten Jahren praktisch neu erfunden. Wir haben das neue Spitzenmodell GFX100 II getestet und geben eine Übersicht zu weiteren Kameras.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Fujifilm GFX100 II
12/2023 super

Fazit
Fujis neuer Mitteformatbolide erreicht nicht nur locker unsere Bestnote Super, sondern mit einer Gesamtwertung von 94,5 % auch den ersten Platz unserer Bestenliste. Zu verdanken hat er dies primär der überragenden Bildqualität. Aber auch Geschwindigkeit, Ausstattung und die Videofunktionen können überzeugen. Wer preiswerter in das GFX-System einsteigen will, ist nach wie vor mit der GFX100S gut beraten. Noch günstiger ist man mit GFX50S II dabei, die aber in Bezug auf Auflösung, Autofokus und Video deutlich hinterherhinkt.

Preis: ca. 8000 Euro

Testergebnisse

  • Bildqualität 94.9%
  • Geschwindigkeit 88.0%
  • Ausstattung & Bedienung 100%
  • GESAMT 94.5%

Das Fujifilm GFX-System

Zu Beginn des Jahres 2017 brachte Fujifilm seine erste digitale, spiegellose Mittelformatkamera auf den Markt: die GFX 50s. Mit einem Preis von ca. 7000 Euro war der 51-MP-Bolide günstiger als das schon seit August 2016 erhältliche spiegellose Konkurrenzmodell X1D-50C von Hasselblad (rund 9400 Euro), das einen ähnlichen Bildsensor nutzt. Beide Kameras – sowie das Spiegelreflexmodell Pentax 645Z – sind mit einem CMOS-Sensor ausgestattet, der rund 44 x 33 mm groß ist und damit die 1,7fache Fläche eines Kleinbild-Sensors besitzt. Die Diagonale ist um den Faktor 1,27 größer. Um die kleinbildäquivalente Brennweite zu berechnen, muss man die Brennweite der Objektive also mit 0,79 multiplizieren – 63 mm entsprechen etwa der Normalbrennweite von 50 mm beim Kleinbild. Mittelformatkameras mit noch größeren Sensoren sind deutlich teurer. So setzt Phase One Bildwandler mit den Maßen 53,4 x 44 mm und 150 Megapixeln ein, die Preise beginnen hier aber bei rund 50.000 Euro.

Auf die GFX 50S folgte Ende 2018 die GFX 50R, eine flache Kamera im „Rangefinder“-Design (daher das R). Richtig Fahrt nahm das GFX-System 2019 auf: Mit der 102-MP-Kamera GFX100 hielten erstmals moderne Funktionen wie Bildstabilisation in der Kamera (IBIS), ein vergleichsweise schneller Autofokus mit Phasendetektion und hochauflösendes 4K-Video Einzug in das Mittelformat. Anfang 2021 brachte Fujifilm die Funktionen der GFX100 in ein kleineres, leichteres Gehäuse zum deutlich günstigeren Preis: Statt für 11.000 Euro war die GFX100S bei Marktstart für rund 6000 Euro erhältlich. Noch günstiger ist die im September 2021 eingeführte GFX50SII, für die Fuji bei Verkaufsstart ca. 4000 Euro verlangte. Wegen der bis zum 13. November laufenden Rabattaktion ist sie aktuell für 3200 Euro erhältlich und kostet damit weniger als bspw. Canons Vollformatkamera EOS R5.

Fujifilm GFX100 II

Das Design der GFX100 II hat Fuji leicht modifiziert. So ist die obere Kante angeschrägt und am Griff kommt ein neues Material zum Einsatz.

Foto: © Fujifilm

Fujifilm GFX100 II: die Neue

Die GFX100 II konnten wir schon in fotoMAGAZIN 11/23 einem Praxistest unterziehen, nun liegen auch die Laborergebnisse vor. Bevor wir dazu kommen, die wichtigsten Eigenschaften in der Kurzzusammenfassung:

Die GFX100 II kommt in einem kompakteren und leichteren Gehäuse als die Vorgängerin, da Fuji den Hochformatgriff mit zweitem Akku nicht mehr fest verbaut hat. Wer einen solchen benötigt, kann ihn in Form des VG-GFX II für ca. 550 Euro dazukaufen. Begeistert hat uns im Test der neue Sucher, der nun eine Auflösung von 9,44 Millionen Bildpunkten erreicht (statt 5,76 MP). Die Vergrößerung hat von 0,86x auf 1,0x (jeweils im Vergleich zum Kleinbild) zugelegt. Wer Probleme hat, das ganze Sucherbild zu überblicken, kann dieses bis auf 0,77x verkleinern. Nur bei dieser Vergrößerung kann die Bildwiederholrate übrigens per Boost auf 120 fps oder 240 fps erhöht werden, um eine besonders flüssige Darstellung zu erreichen.

Wie schon bei der GFX100 und GFX 50S lässt sich der Sucher abnehmen und mit dem Adapter EVF-TL1 (ca. 650 Euro) um bis zu 90 Grad schwenken. Der große und hochauflösende Monitor ist unverändert und erlaubt eine Bewegung auf zwei Achsen, aber keine Selbstaufnahme-Position. Von der Touch-Bedienung ist nach wie vor das Hauptmenü ausgenommen, immerhin ist das Q-Menü berührungssensitiv. Eine Viererwippe hat Fuji nicht verbaut. Dafür gibt es einen Joystick. Erstmals im GFX-System kann die Neue neben SD- auch die deutlich schnelleren CFexpress-Karten nutzen, die beispielsweise für das datenintensive Video-Format Apple ProRes benötigt werden.

Fujifilm GFX100 II mit Adapter EVF-TL1

Der Sucher ist abnehmbar. Mit dem optionalen Adapter EVF-TL1 lässt er sich kippen.

Foto: © Fujifilm

Maßstäbe setzt das Innenleben der GFX100 II

Der neu entwickelte „GFX 102 Megapixel CMOS II HS“-Sensor ermöglicht im Zusammenspiel mit dem X-Prozessor 5 im Vergleich zum Vorgängermodell eine doppelt so schnelle Signalverarbeitung sowie eine höhere Sättigung der Fotodioden und damit eine niedrigere Standard-Empfindlichkeit von ISO 80. Eine der wichtigsten Neuerungen spielt sich im Autofokus-Bereich ab. Die GFX100 II übernimmt die aus der X-Serie bekannten Autofokus-Algorithmen zur Motiverkennung. So kann der Autofokus Tiere, Vögel, Autos, Motorräder, Fahrräder, Flugzeuge, Züge, Insekten und Drohnen erkennen und scharfstellen. Außerdem verfügt die GFX100 II als erste Kamera der GFX-Serie über einen AF-Algorithmus zur Berechnung von voraussichtlichen Objektbewegungen.

Laut Fujifilm wurde der integrierte 5-Achsen-Bildstabilisator verbessert. Gemessen nach CIPA-Standard sollen nun – je nach Objektiv – 5,5 bis 8 Blendenstufen kompensiert werden. Wir haben mit dem GF 2,8/63 mm, für das Fuji 8 Blendenstufen Kompensationsleistung angibt, aus der Hand scharfe Bilder sicher mit 1/10 s gemacht, in seltenen Fällen waren auch Aufnahmen bis 0,8 s scharf.

Der beweglich gelagerte Sensor kann wie gehabt auch für Pixel-Shift Aufnahmen genutzt werden. Hierbei werden mehrere Einzelbilder, die um jeweils 0,5 Pixel verschoben wurden, am Computer mit der Software „Pixel Shift Combiner“ zusammengefügt. Der Fotograf kann dabei zwischen zwei Modi wählen: Bei vier Bildern bleibt die Auflösung bei 102 Megapixeln und es wird die Farbinterpolation ausgeglichen, was zu Verringerung von Moirés und Fehlfarben führt. Im 16-Bild-Modus wird zusätzlich die Auflösung auf 406 Megapixel gesteigert.

Fujifilm GFX100 II mit Display

Das Display lässt sich auf zwei Achsen bewegen, sodass der Klappmechanismus auch im Hochformat brauchbar ist.

Foto: © Fujifilm

Weitere fotografische Neuerungen bei der Fuji GFX100 II

Die Filmsimulation „Reala Ace“ sorgt für eine natürliche Farbwiedergabe und Tonalität. Die Kamera unterstützt außerdem das kompakte HEIF-Bildformat mit 10-Bit-Farbtiefe. Ein kleiner Schwachpunkt ist – bei allen GFX-Kameras – der mechanische Verschluss, der als kürzeste Zeit nur 1/4000 s und eine Blitzsynchronzeit von 1/125 s erlaubt. Zwar lässt sich die Belichtungszeit mit dem lautlosen elektronischen Verschluss bis auf 1/32.000s verkürzen, Blitzen funktioniert mit E-Verschluss aber nicht.

Im Videobereich sind nun 8K/30p oder 4K/60p möglich – beides mit 4:2:2-Farbabtastung und einer Farbtiefe von 10 Bit. 8K geht allerdings mit einem recht starken Crop einher (ca. 1,5x), der erst ab 5,8K/30p entfällt. Neben GF-Objektiven lassen sich mit Adapter auch Kleinbildobjektive und die professionellen Videozooms der Fujinon-Premista-Serie nutzen. Zeitlupen in Full-HD gelingen mit bis zu 120p. Dank der hohen Auslesegeschwindigkeit des Bildsensors wurde auch der Rolling-Shutter-Effekt reduziert (bei 4K/60p 15 ms). Unterstützt werden professionelle Video-Codecs wie Apple ProRes 422 HQ, Apple ProRes 422 und Apple ProRes 422 LT. Für das nachträgliche Color-Grading steht F-Log2 mit erweitertem Dynamikumfang zur Verfügung. Im Test gelangen uns ca. 80 Minuten 4K/60p, bis der Akku leer war. Mit externer Stromversorgung waren über vier Stunden am Stück möglich. Wer noch längere Clips aufnehmen will, kann zum Lüfter FAN-001 greifen, der ein vorzeitiges Abschalten aufgrund von Überhitzung verhindert. Eine durch die Kapazität der Speicherkarte gegebene Begrenzung lässt sich durch den Einsatz einer per USB angeschlossenen externen SSD überwinden.

Fujifilm GFX100 II top

Das Status-Display ist besonders groß geworden und zeigt auch bei ausgeschalteter Kamera die wichtigsten Einstellungen an.

Foto: © Fujifilm

Fujifilm GFX100 II im Labor

Die Serienbildgeschwindigkeit der GFX100 II haben wir mit der aktuell schnellsten CFexpress-Karte von Lexar (bis 1900 MB/s) gemessen. Mit mechanischem Verschluss erreicht die Kamera wie versprochen 8 Bilder/s. Sowohl bei JPEGs als auch mit komprimierten und verlustfrei komprimierten Raws konnten wir über 1000 Bilder in Folge messen, danach haben wir den Test abgebrochen.

Bei unkomprimierten Raws lag das Maximum bei 101 Bildern in Folge – selbst hier sind also Serien mit einer Länge von gut 12 Sekunden möglich. Einzige Einschränkung: Im Serienbildmodus haben die Raw-Dateien nur eine Farbtiefe von 14 Bit und nicht 16 Bit. Die Geschwindigkeit der Speicherkarte spielt übrigens eine wichtige Rolle: Mit einer etwas langsameren Lexar CFexpress-Karte (1750 MB/s) war bei unkomprimierten Raws schon nach 58 Bildern in Folge Schluss, mit der schnellsten SD-Karte von Sony (300 MB/s) nach 41 Bildern. Schaltet man auf den elektronischen Verschluss um, so verlangsamt sich die Seriengeschwindigkeit auf ca. 5 Bilder/s. 8,7 Bilder/s sind dagegen mit E-Verschluss im Kleinbildmodus möglich.

Grundsätzlich erreicht die GFX100 II die 8 Bilder/s auch mit Nachführ-AF, allerdings kann die Geschwindigkeit deutlich einbrechen, wenn sich die Fokussierdistanz stark ändert – in unserem Test war dies mit dem GF 2,8/63mm der Fall. Mit schnellen Vollformat-, APS-C- oder MFT-Kameras kann das GFX-System in dieser Hinsicht noch nicht mithalten.

Fujis GFX100 II erzielt höchste Auflösung

In unserem JPEG-Labortest mit Referenzobjektiv erzielte die GFX100 II die höchste Auflösung aller bisher von uns getesteten Kameras. Gegenüber ihren 102-MP-Geschwistern GFX 100 und GFX100S ist sie vor allem in den unteren ISO-Stufen besser. Den maximalen Wirkungsgrad erreicht sie bei ISO 100 mit knapp 94 %. Bis ISO 800 bleibt der Wirkungsgrad über 90 %, fällt dann aber bei ISO 1600 auf ISO 83,3%, bei ISO 3200 auf rund 78 % und ISO 6400 auf nur noch ca. 65 %.

Beste Bildqualität

Das Bildrauschen fiel in unserem Test etwas höher aus als bei der GFX 100, aber niedriger als bei der GFX100S. Bis ISO 3200 bleibt es unter dem kritischen Wert 4 und ist damit wenig störend. Der JPEG-Dynamikumfang ist mit 8,5 Blendenstufen für eine Mittelformatkamera eher gering, aus dem Raw lässt sich aber deutlich mehr herausholen. Die Artefakt- und Scharfzeichnungsnoten fallen vergleichsweise gut aus. Unter dem Strich macht die Kamera bis ISO 1600 eine sehr gute Figur. Wirklich schlecht wird die Bildqualität erst im erweiterten ISO-Bereich (ab ISO 25.600). Insgesamt erreicht die GFX100 II die beste Bildqualität im GFX-System und damit auch aller je von uns getesteten Kameras.

Weitere GFX-Modelle

Aktuell bietet Fujifilm drei weitere GFX-Modelle an (siehe Tabelle/PDF-Download am Ende des Artikels), die GFX 50R ist nicht mehr erhältlich. Das Einstiegsmodell ist die vergleichsweise kleine und leichte GFX50S II. Sie ist mit einem 50-MP-Sensor ausgestattet und kommt in unserem Test bei der Bildqualität nicht an die 100-MP-Modelle heran. Interessanterweise ist nicht nur die Auflösung geringer, sondern – trotz der größeren Pixel – auch das Bildrauschen höher. Per Pixel-Shift lässt sich die Auflösung von statischen Motiven auf 205 MP steigern.

Deutliche Abstriche muss der Fotograf beim Autofokus und der Geschwindigkeit machen: Als einzige aktuelle GFX-Kamera ist die GFX50S II noch mit einem reinen Kontrast-AF ausgestattet. Dieser hat zwar eine Augenerkennung, die aber nur mit Einzel-Autofokus und nicht mit AF-Nachführung funktioniert. Serien gelingen nur mit 3 Bildern/s, Videos lediglich mit Full-HD/30p.
Noch erhältlich und aktuell 1000 Euro teurer als ihre Nachfolgerin ist die GFX100. Mit Ausnahme der längeren Akkulaufzeit aufgrund des integrierten Hochform-Batteriegriffs spricht nichts für das ältere Modell, das nichtsdestotrotz eine sehr leistungsstarke Mittelformatkamera bleibt.

Interessanteste Alternative: Fuji GFX100S

Für alle, denen die GFX100 II zu teuer ist und die GFX50S II zu wenig bietet, dürfte die GFX100S die interessanteste Alternative sein. Bei ihr handelt es sich mehr oder weniger um eine GFX100 im kleineren und leichteren Gehäuse der GFX50S II: Neben der geringen Akkulaufzeit – es gibt keinen optionalen Batteriegriff – ist der niedriger auflösende Sucher der wesentliche Nachteil gegenüber der GFX100.

Fujifilm GFX100S

Auch mit dem Zoom GF 4/32-64 mm bleibt die GFX100S einigermaßen kompakt.

Foto: © Fujifilm

In unserem JPEG-Labortest haben wir bei der GFX100S außerdem ein höheres Bildrauschen und in den unteren ISO-Stufen eine etwas höhere Auflösung gemessen, was auf eine andere Aufbereitung der JPEGs hindeutet. Da beide Kameras den gleichen Sensor nutzen, dürfte es bei den Raws aber kaum relevante Unterschiede geben.

„Die GFX100 II erobert Platz eins unserer Bestenliste.“

Andreas Jordan, Leiter des fotoMAGAZIN Technik-Ressorts

FAZIT
Fujis neuer Mitteformatbolide erreicht nicht nur locker unsere Bestnote Super, sondern mit einer Gesamtwertung von 94,5 % auch den ersten Platz unserer Bestenliste. Zu verdanken hat er dies primär der überragenden Bildqualität. Aber auch Geschwindigkeit, Ausstattung und die Videofunktionen können überzeugen. Wer preiswerter in das GFX-System einsteigen will, ist nach wie vor mit der GFX100S gut beraten. Noch günstiger ist man mit GFX50S II dabei, die aber in Bezug auf Auflösung, Autofokus und Video deutlich hinterherhinkt.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 12/2023 erschienen.

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