Im Test: Panasonic Lumix S1H

Mit der Lumix S1H hat Panasonic eine für professionelle Videoaufnahmen aufgebohrte Version der spiegellosen Vollformat-Kamera S1 vorgelegt. Als erster Foto-Video-Hybride wurde sie für Netflix-Produktionen zugelassen. Wir haben sie mit ihren spiegellosen Schwestermodellen S1 und S1R verglichen.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Panasonic Lumix S1H im Test

Wir haben die Panasonic Lumix S1H kurz nach ihrer Markteinführung für das fotoMAGAZIN 4/2020 ins Labor geschickt. Lesen Sie hier den ausführlichen Testbericht.

Produktfoto: © Panasonic

Um es gleich vorwegzunehmen: Wer primär fotografiert und in zweiter Linie filmt, ist mit der Lumix S1 besser beraten als mit der neuen Lumix S1H: Sie kostet 2500 statt 4000 Euro (Stand: März 2020), ist leichter und bringt für eine Fotokamera bereits herausragende Videofunktionen mit. So ist sie eine der wenigen Fotokameras, die 4K mit 60p aufnehmen. Ein kostenpflichtiges Update (200 Euro) ermöglicht seit Sommer 2019 sogar V-Log-Aufnahmen mit – laut Hersteller – mehr als 14 Blendenstufen Dynamikumfang sowie eine Aufzeichnung mit 10 Bit Farbtiefe und 4:2:2-Farbunterabtastung.

Panasonic Lumix S1H mit Drehmonitor

Die Lumix S1H ist noch größer als ihre Schwestermodelle, wodurch genug Platz für das große Info-Display bleibt.

© Panasonic

Äußerlichkeiten der Panasonic Lumx S1H

Dass es sich bei der Lumix S1H um keine normale Fotokamera handelt, zeigt sich schon beim Erstkontakt. So ist die Kamera 14 mm tiefer und gut 140 Gramm schwerer als die auch schon recht große und schwere S1. Der Grund ist der eingebaute Lüfter, den man am Luftauslass auf der linken Seite erkennt. In unserem Test bei normaler Raumtemperatur konnten wir selbst bei längeren Aufnahmen (zwei Stunden 6K) keine störenden Lüftergeräusche wahrnehmen. Die erweiterte Bautiefe nutzt Panasonic auch für ein größeres Info-Display auf der Oberseite, das sich zwischen Foto- und Videoansicht umstellen lässt und sogar den Tonpegel darstellen kann. Ergonomisch besser positioniert wurde der Einschalter, der sich nun wie bei der G-Serie am Auslöser befindet und auch gleich die Display- und Tastaturbeleuchtung aktivieren kann.

Videoformate der S1H

Der neue Klappmechanismus erlaubt auch Selbstaufnahmen. Beim Drehen des Monitors sind Stecker, beispielsweise für Mikrofon oder HDMI, nicht im Weg.

© Panasonic

Den Schwenkmechanismus des Rückseitenmonitors hat Panasonic ebenfalls verändert. Er lässt sich nun sowohl in der optischen Achse nach oben klappen, als auch seitlich ausklappen, was Vloggern dabei hilft, sich selber zu filmen. Der doppelte Klappmechanismus hat den Vorteil, dass Stecker, beispielsweise für Mikrofon, Kopfhörer oder einen externen Monitor, nicht im Weg sind, wenn der ausgeklappte Monitor gedreht wird. Eine minimale Verbesserung gibt es bei der Auflösung des 3,2-Zoll-Monitors, die nun bei 2,3 statt 2,1 Mio. Punkten liegt. Vermutlich wichtiger ist die um 50 % erhöhte Helligkeit. Weitere äußerliche Neuerungen sind die beiden vergleichsweise großen roten Aufnahmeknöpfe auf der Ober- und auf der Vorderseite. Anders als bei der S1 wird die laufende Aufnahme außerdem durch eine rote LED auf der Vorder- und Rückseite signalisiert („Tally-Light“).

Video bis zu 6K und Dual-Native-ISO-Technologie

Natürlich beschränken sich die Neuerungen nicht nur auf das Äußere. Für den Fotografen ist im Wesentlichen eine Änderung relevant: Der 24-Megapixel-Sensor hat nun ein Tiefpassfilter, das Moirés reduziert. Das macht Sinn, denn beim Foto lassen sich gelegentlich auftretende Moirés viel leichter retuschieren als beim Video. Umfangreicher sind die Änderungen beim Film.

Folgende Auflösungen hat die S1H der S1 voraus:

  • 6K/24p, Seitenverhältnis 3:2, Vollformat.
  • 5,9K/30p (25p, 24p), 16:9, Vollformat.
  • 5,4K/30p (oder 25p), 3:2, Vollformat.
  • Cinema-4K/60p (50p, 30p, 25p, 24p), 17:9, Super35 mit ca. 1,5fach-Crop.
  • Anamorphes 4K/50p (48p, 30p, 25p, 24p), 4:3, Super35-Modus.
Testbild mit Panasonic Lumix S1H

VideoFormate: Auflösungen, Frame-Raten, Seitenverhältnisse, Codecs, Farbtiefe und Bildfeldabdeckungen im Überblick. 6K gelingt mit Vollformat und 24p.
Bei (Cinema-)4K/60p schaltet die S1H in den Super35-Modus mit Crop.

© Panasonic

Wer ein Haar in der Suppe sucht, könnte beim fehlenden 4K/50p bzw. 60p ohne Crop fündig werden. Die Länge der Aufnahmen ist in allen Einstellungen nur von der Kapazität der Speicherkarten begrenzt. Bei der S1 galt dies weitgehend – mit Ausnahme von 4K/60p bzw. 50p (maximal knapp 30 Minuten). Je nach Modus nimmt die S1H mit bis zu 10 Bit Farbtiefe, 4:2:2-Farbunterabtastung, Einzelbildkomprimierung (All-Intra) und H.264- oder H.265/HEVC-Codec auf. Die maximale Datenrate liegt bei 200 Mbit/s bei einer Bildgruppenkomprimierung bzw. 400 Mbit/s bei der All-I-Komprimierung.

Selbstverständlich stehen Videoprofile zur Verfügung, darunter auch das flache V-Log, das ideal für die Nachbearbeitung geeignet ist, und HLG (Hybrid Log Gamma) für die HDR-Darstellung auf einem kompatiblen Fernseher. Wer mit V-Log filmt, aber eine kontrastreichere Vorschau auf dem Monitor bevorzugt, kann eine Look Up Table (LUT) laden. In vielen Modi lässt sich neben Vollformat wahlweise in Super35 mit ca. 1,5fach-Crop oder Pixel für Pixel aufnehmen. Beim letzteren entspricht der Crop genau der Videoauflösung, wird also umso größer, je geringer die Auflösung ist. HFR-Zeitlupen und Zeitrafferaufnahmen sind mit 2 bis 180 Bildern/s möglich – Frequenzen oberhalb von 60p in Full-HD, oberhalb von 150p mit Crop; Autofokus und Ton sind dabei deaktiviert. Es gibt aber auch die Möglichkeit, mit AF und Ton und bis zu 120p aufzunehmen und die Aufnahmen dann in einem Videoschnittprogramm in Zeitlupen zu wandeln.

Insgesamt stehen so viele verschiedene Einstellungen für Auflösung, Bildfeld, Frequenz und Komprimierung zur Verfügung, dass Panasonic Suchfilter integriert hat und die Möglichkeit bietet, die wichtigsten persönlichen Einstellungen in einer eigenen Liste zu speichern.

Bei der Video-Bildqualität hat Panasonic eine interessante Änderung vorgenommen, die das Rauschen reduzieren soll. Dual-Native-ISO heißt die Technologie, bei welcher der Sensor pro Pixel zwei analoge Schaltkreise besitzt, einen für niedrige und einen für hohe Empfindlichkeiten. Je nach Aufnahmebedingung kann entweder automatisch oder manuell der optimale Schaltkreis ausgewählt werden. Die Dual-Native-ISO-Werte mit dem Video-Profil V-Log betragen 640 bis 5000 für Low und für 4000 bis 51.200 für High. Im Test haben wir ein Bild mit ISO 5000 einmal im Low- und einmal im High-Modus aufgenommen, konnten aber nur minimale Unterschiede feststellen.

Der Akku hielt im Test bei der Aufnahme eines 6K-Videos gut zwei Stunden. Verlängern lässt sich die Zeit durch den optionalen Batteriegriff DMW-BGS1. Außerdem ist ein Betrieb mit USB-Stromversorgung möglich. Zum Sichern von Fotos und Videos stehen zwei SD-Kartenlaufwerke zur Verfügung, die beide den schnellen UHS-II-Standard unterstützen – die S1 ist mit einem Laufwerk für SD/UHS-II und einem für die schnelleren XQD-Medien ausgestattet. Da die S1H maximal mit 400 Mbit/s (sprich 50 MByte/s) aufnimmt, reicht die UHS-II-Geschwindigkeit (maximal 300 MB/s) selbst für 6K aus. Wichtiger als theoretische Spitzengeschwindigkeiten sind bei der Videoaufnahme garantierte Datenraten, wofür die UHS-Videoklasse V90 empfohlen wird.

Profile: V-log.
Unser Testbild zeigt in der oberen Hälfte den Standard-Bildstil und in der unteren das flache V-Log. Dieses Profil erweitert die Möglichkeiten, in der Postproduction einen Look mit gewünschter Farbsättigung und Kontrast zu wählen.

© Andreas Jordan

Natürlich kann die Kamera auch auf einem externen HDMI-Rekorder aufnehmen. Wir haben dies mit dem Ninja V von Atomos ausprobiert. Zum Testzeitpunkt (Februar 2020) war hiermit die 4:2:2/10-Bit-Aufnahme mit Apple ProRes mit maximal 4K/30p möglich. Panasonic und Atomos wollen aber demnächst Firmware-Updates herausbringen, die Aufnahmen mit bis zu 5,9K/30p und Apple ProRes RAW ermöglichen. Weitere Vorteile der S1H gegenüber der S1 sind unter anderem Waveform- sowie Vectorscope-Anzeigen, Synchro Scan und ein Timecode-Terminal.

Bildstabilisator und Pixel-Shift

Leicht verbessert wurde der duale Bildstabilisator: Durch die Kombination von Gehäuse- und Objektivstabilisation lassen sich, gemessen nach CIPA-Standard, bis zu 6,5 Blendenstufen (S1: 6) auf 5 Achsen kompensieren; der Gehäusestabilisator alleine soll 6 Blendenstufen schaffen (S1: 5,5). In der Praxis dürfte der Unterschied kaum relevant sein, erfahrungsgemäß sind die Angaben eher mit Vorsicht zu genießen und sollten nicht ausgereizt werden. Auf dem beweglich gelagerten Bildsensor basiert auch der Highres-Modus mit Pixelshift, der acht Aufnahmen zu einem Bild mit 96 Megapixeln kombiniert. Der Kontrast-Autofokus wird durch die DFD-Technologie (Depth From Defocus) erweitert, die ähnlich wie die Phasendetektion die Richtung der Fokussierung erkennen kann. Der AF erkennt außerdem Tiere und Menschen; bei letzteren funktioniert auch die Augenerkennung. Weitere Funktionen sind lautloses Auslösen per E-Verschluss, Intervallaufnahmen, Mehrfachbelichtungen und natürlich Wi-Fi mit Bluetooth.

Sehr gute Bildqualität und Geschwindigkeit

Wie üblich haben wir die Kamera im Testlabor mit einem Referenzobjektiv (S Pro 1,4/50 mm) im JPEG-Modus mit Standard-Bildstil vermessen. Das Tiefpassfilter führt dazu, dass die Auflösung deutlich geringer ausfällt als bei der S1. Während letztere Wirkungsgrade von bis zu 95 % erreicht, sind es bei der S1H maximal 83%. Bis ISO 1600 bleibt der Wirkungsgrad bei über 80 % (die S1 erreicht bis ISO 3200 über 90 %). Wie zu erwarten fällt die Artefaktnote im Gegenzug deutlich besser aus und liegt bei 3,5 statt 5,0. Beim Bildrauschen und dem Dynamikumfang sind die Unterschiede gering. Beide Kameras erreichen hier sehr gute Werte, erst ab ISO 12.800 und damit außerhalb unseres Wertungsbereichs, nimmt das Rauschen überhand.

Im Testlabor haben wir mit dem S Pro 4/24-105 mm O.I.S. eine ähnlich sehr kurze Auslöseverzögerung mit Einzel-AF gemessen wie bei der S1 (ca. 0,15 s). Serien nehmen beide Kameras mit rund 9 Bildern/s auf – bei der S1H haben wir mit E-Verschluss sogar 9,5 Bilder/s gemessen, mit mechanischem Verschluss 8,5, mit kontinuierlichem AF knapp 6 Bilder/s. Nicht ganz so gut ist die S1H bei der Serienbildlänge, da sie die langsameren SD-Karten nutzt: Im Raw-Serienmodus wird die S1H mit der aktuell schnellsten SD-Karte schon nach 95 Bildern langsamer, die S1 mit XQD erst nach 177.

FAZIT
Die Lumix S1H ist eine herausragende Foto-Video-Hybridkamera. Wer keine Highend-Ansprüche an das Video hat, ist aber mit der S1 besser beraten, die detailreichere Fotos liefert, allerdings mit höherem Moiré-Risiko. Dank der XQD- und CFexpress-Speicherkarten-Unterstützung kann sie außerdem längere Bildserien schießen. Die beste Bildqualität in Panasonics S-System erreicht die deutlich höher auflösende S1R.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Panasonic Lumix S1, Panasonic Lumix S1R, Panasonic Lumix S1H).

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 4/2020 erschienen.

 

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