Im Test: Fujifilm GFX 50R und GFX 50S

Im November 2018 folgte die preiswerte Mittelformatkamera Fujifilm GFX 50R mit flachem Messsucher-Design knapp zwei Jahre nach Markteinführung auf die GFX 50S. Wir haben die beiden Kameras in der Praxis und im Labor miteinander verglichen.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Die Fuji GFX 50R (links) ist deutlich flacher als die GFX 50S mit aufgestecktem Sucher.

Die Fuji GFX 50R (links) ist deutlich flacher als die GFX 50S mit aufgestecktem Sucher.

Fujifilm

Als die Fuji GFX 50S im Februar 2017 auf den Markt kam, sorgte sie aus mehreren Gründen für Aufsehen. So setzt sie konsequent auf ein modernes spiegelloses Konzept, das gerade bei extrem hochauflösenden Kameras Sinn macht, da die Vibrationen durch den Spiegelschlag entfallen, die Unschärfen erzeugen können. Zum modernen Ansatz gehört auch der präzise Kontrast-Autofokus mit 425 Messfeldern, der sich per Touch oder über einen Joystick fast im gesamten Bildfeld platzieren lässt und damit das lästige „Fokussieren und Schwenken“ überflüssig macht – bei anderen Kameras nichts Ungewöhnliches, im Mittelformat schon. Zudem unterbot die GFX 50S mit einem Preis von 7000 Euro die Konkurrenz.

Fujifilm GFX 50R: Kleine Schwester der 50S

Auf der letzten photokina im September 2018 hat Fujifilm nun die „kleine Schwester“ GFX 50R vorgestellt, zum fast schon sensationellen Preis von 4500 Euro. Zum Vergleich: Die Vollformat-Sport-SLRs von Canon (EOS-1D X Mark II) und Nikon (D5) kosten fast 2000 Euro mehr. Den Preis für die GFX 50S hat Fuji zwischenzeitlich ebenfalls gesenkt – auf 5500 Euro.

Fujifilm GFX 50S. Markteinführung: Februar 2017.

Fujifilm GFX 50S. Markteinführung: Februar 2017.

Fujifilm

R wie Rangefinder

Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden GFX-Modellen ist das Gehäuse-Design und damit verbunden die Ergonomie. Die GFX 50S wird mit einem Aufstecksucher ausgeliefert, der in der Mitte der Kamera sitzt. Bei der 50R ist der Sucher fest eingebaut und zwar auf der linken Seite, sodass die Nase nicht auf dem Monitor zum Liegen kommt. Die eigentlich größere 50S ist übrigens etwas schmaler als die 50R und ohne Sucher etwa gleich hoch. Erst mit Sucher ist sie deutlich größer und schwerer – sie bringt dann 145 Gramm mehr auf die Waage als die 50S. Einen Anteil daran hat der ausgeprägtere Handgriff, der vor allem beim Einsatz von großen und schweren Objektiven von Vorteil ist. Da das Gehäuse tiefer ist, passt bei der 50S noch ein Info-Display auf die Oberseite. Neben einem Zeitenrad, das beide Kameras mitbringen, hat die 50S ein ISO-Rad, die 50R dagegen ein Belichtungskorrekturrad – das leider nicht gegen ein versehentliches Verstellen gesperrt ist.

Fuji GFX 50R. Markteinführung: November 2018.

Fuji GFX 50R. Markteinführung: November 2018.

Fujifilm

Die Drive-Modi (darunter auch Video) werden über eine Taste aktiviert, die bei der 50R sehr nahe am Zeitenrad angesiedelt und daher etwas schwer zu erreichen ist. Auf der Rückseite hat Fuji im Wesentlichen das Steuerkreuz weggelassen. Dessen Funktionen lassen sich – ähnlich wie bei der APS-Systemkamera X-E3 – durch das Wischen auf dem Touchscreen aufrufen. Ab Werk sind dies Weißabgleich, Filmsimulationen, Histogramm und 3D-Wasserwaage – die Zuordnung lässt sich aber ändern. Das gilt auch für fünf nicht beschriftete Funktionsknöpfe. Ansonsten helfen bei der Bedienung ein Q(uick)-Menü, der Fokushebel und zwei Einstellräder. Der Touchscreen erlaubt das Setzen des AF-Messfeldes und das Blättern und Zoomen im Wiedergabemodus, nicht aber die komplette Menübedienung – nur das Quick-Menü lässt sich per Berührung bedienen. Apropos Monitor: Dieser hat zwar die gleiche Größe und Auflösung wie in der 50S, lässt sich aber nur nach oben und unten kippen und nicht wie bei der großen Schwester zur Seite, was den Einsatz bei Hochformataufnahmen vom Stativ erschwert.
Der OLED-Sucher hat übrigens die gleiche, sehr hohe Auflösung von 3,7 Millionen Punkten wie in der 50S, ist aber etwas kleiner (Vergrößerung 0,77x statt 0,85x). Trotz der hohen Auflösung flimmert er bei feinen Strukturen überdurchschnittlich. Insgesamt ist die Bedienung etwas fummeliger als bei der 50S. Spätestens mit Handschuhen oder schweren Objektiven dürfte diese die bessere Wahl sein. Ansonsten sind beide Kameras robust und Outdoor-tauglich: Sie bauen auf einem Magnesiumgehäuse auf, das gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet und bis -10 Grad Celsius einsatzbereit ist.

Die inneren Werte der Fujifilm GFX 50R

Weniger Unterschiede gibt es bei den inneren Werten. Zu den klassischen Stärken von Fuji-Kameras gehören die Filmsimulationen, die sich um einen Körnungseffekt und den Chrome-Farbeffekt ergänzen lassen, der die Farben in den Schatten verstärkt. Nicht an Bord ist die Eterna-Filmsimulation, die Fuji in der X-H1 eingeführt hatte. Diese ist vor allem für Videos gedacht, die bisher nicht unbedingt die Stärke der GFX-Serie sind. Wie alle Fuji-Kameras ist auch die GFX 50R neben einem mechanischen mit einem elektronischen Verschluss ausgestattet. Er ermöglicht das lautlose Auslösen und sehr kurze Verschlusszeiten (bis zu 1/16.000 s), ist aber recht anfällig für Rolling-Shutter-Effekte. Offensichtlich lässt sich der große Sensor nicht so schnell auslesen wie kleinere Bildwandler. Nicht zu empfehlen ist der Einsatz des elektronischen Verschlusses außerdem unter flackerndem Kunstlicht – hier können sich horizontale Streifen bilden. Das Blitzen ist wie auch bei anderen Kameras nur mit mechanischem Verschluss möglich – bei den GFX-Modellen liegt die kürzeste Synchronzeit übrigens bei 1/125s, Kleinbildkameras schaffen meist 1/200 s oder 1/250 s.

Der Monitor der GFX 50R lässt sich nach oben und unten kippen, aber nicht zur Seite.

Der Monitor der GFX 50R lässt sich nach oben und unten kippen, aber nicht zur Seite.

Fujifilm

Typisch für die GFX-Serie ist die Vielzahl einstellbarer Seitenverhältnisse. Neben dem nativen Sensorformat 4:3 sind dies 3:2, 16:9, 1:1, 65:24, 5:4 und 7:6 – womit auch die klassischen Mittelformat-Seitenverhältnisse abgedeckt sind. Die Auflösung reduziert sich natürlich bei allen Formaten außer 4:3. Wer Raw fotografiert, erhält eine Vorschau mit eingestelltem Seitenverhältnis und eine entsprechende Markierung in Adobes Raw-Konverter, kann aber weiter auf die volle Bildgröße zugreifen. Die 50R kann übrigens per Adapter auch Kleinbildobjektive nutzen und schaltet dann in den 35-mm-Modus, in dem die Auflösung immer noch 30,5 Megapixel beträgt.

Die Fujifilm GFX 50R ist 160,7 mm breit.

Die Fujifilm GFX 50R ist 160,7 mm breit.

Fujifilm

Videoaufzeichnung nicht auf Höhe der Zeit

Keine Stärke der GFX-Serie ist die Videoaufzeichnung: Full-HD mit maximal 30 Bildern/s sind nicht mehr State-of-the-Art, hinzu kommt der überdurchschnittliche Rolling-Shutter-Effekt. Der kontinuierliche Autofokus ist bei der Videoaufzeichnung nur bedingt nutzbar. Je nach Objektiv pumpt er bei der Fokusverlagerung recht deutlich oder ist sehr langsam. Insofern ist es nebensächlich, dass die Fokusverlagerung nicht per Touch, sondern nur per Joystick möglich ist. Wer trotzdem Video aufzeichnen will, findet eine Mikrofonschnittstelle vor; den Kopfhöreranschluss hat Fuji im Vergleich zur 50S eingespart.
Apropos Schnittstellen: Die 50R ist mit USB 3.0 ausgestattet, das auch zum Tethered-Shooting genutzt werden kann. Das WLAN-Modul wurde im Vergleich zur 50S um Bluetooth erweitert, um eine permanente Verbindung zum Smartgerät aufrecht zu erhalten. Zwei Speicherkarten-Laufwerke sind mit den schnellen UHS-II-SD-Karten kompatibel.
Zu den weiteren Funktionen gehören zahlreiche Bracketing-Optionen (AE, Filmsimulation, ISO, Weißabgleich, Dynamik, Fokus), Intervallaufnahmen, Mehrfachbelichtungen, eine Gesichts- und Augenerkennung, Peaking und ein Raw-Konverter in der Kamera. Was beiden aktuellen GFX-Kameras fehlt, ist ein Bildstabilisator, den soll die GFX100 mitbringen. Da nur wenige GF-Objektive mit einer Stabilisierung ausgestattet sind, sollte man bei Aufnahmen aus der Hand ohne Blitz ausreichend kurze Belichtungszeiten einplanen, denn bei 50 Millionen Pixeln sieht man die Verwacklung eher als bei 20 Megapixeln.

Geschwindigkeit der GFX-Serie

Von Haus aus sind Mittelformatkameras nicht sonderlich schnell. Die GFX 50R überrascht aber zunächst in Kombination mit dem Zoom GF 4/32-64 mm mit einer sehr kurzen Auslöseverzögerung von rund 0,3 s. Die Geschwindigkeit hängt natürlich von verwenden Objektiv ab. Wir hatten im Test noch das GF 2,8/63 mm und das 2,8/45 mm im Einsatz, die langsamer und geräuschvoller fokussieren. Im Serienbildmodus haben wir 2,7 Bilder pro Sekunde gemessen – bei JPEGs bis zum Speicherkartenlimit, bei verlustfrei komprimierten Raws für 66, bei unkomprimierten Raws für 10 Bilder in Folge.

Die Fujifilm GFX 50R hat eine Tiefe von nur 66,4 mm.

Die Fujifilm GFX 50R hat eine Tiefe von nur 66,4 mm.

Fujifilm

Schwachpunkt: Der Autofokus wird im Serienbildmodus nicht nachgeführt. Bei der Bildqualität schlägt die Stunde der GFX 50R. Wir haben sie im Labor im JPEG-Modus mit dem GF 2,8/63 mm geprüft. Bis ISO 400 haben wir über 50 effektive Megapixel gemessen. Damit hat sie zusammen mit ihrem Schwestermodell die höchste je im fotoMAGAZIN-Test gemessene Auflösung. Das bestätigt auch der Praxiseindruck: Die Aufnahmen sind extrem detailreich und vor allem mit den beiden Festbrennweiten im Test knackig scharf, was sicher auch daran liegt, dass der Sensor ohne Tiefpassfilter auskommt. Der Vorteil der hohen Auflösung bleibt übrigens auch dann erhalten, wenn man die Bilder runterskaliert: Auf einem 4K-Monitor (ca. 8 Megapixel) wirken die 50-Megapixel-Bilder immer noch etwas schärfer als heruntergerechnete 24-Megapixel-Aufnahmen. Gemessen über den ISO-Bereich bleibt die Auflösung auch bei ISO 800 und 1600 noch hoch, bricht dann aber sehr stark auf 25 Megapixel ein. Hier haben wir bei der GFX 50S noch eine deutlich höhere Auflösung gemessen. Rauschverhalten und Dynamikumfang sind dagegen fast identisch mit der großen Schwester.

FAZIT
Beide GFX-Modelle überzeugen im Test vor allem mit einer hervorragenden Bildqualität, wobei die Auflösung bei der 50R ab ISO 3200 überraschenderweise stärker einbricht als bei der 50S, die daher bei der Bildqualitätswertung die Nase vorne hat. Dass die Fujifilm GFX 50R etwas mehr Punkte bei der Geschwindigkeit bekommt, dürfte vor allem daran liegen, dass wir den Autofokus mit dem schnelleren Objektiv gemessen haben. Unter dem Strich schneiden beide Kameras ungefähr gleich ab. Bleibt die Ergonomie: Wer viel mit großen Objektiven arbeitet oder gar mit Handschuhen, dürfte die 50S vorziehen. Mit der 50R ist man dafür kompakter und leichter unterwegs.

Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Fujifilm GFX 50R, Fujifilm GFX 50S).

Labormessungen: Anders Uschold

___________________________________________________________________________

Dieser Test wurde in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 2/2019 veröffentlicht.

Beitrage Teilen