Test: Panasonic Lumix G9

Mit der Lumix G9 stellt Panasonic den videozentrierten GH5-Modellen ein neues Foto-Flaggschiff mit extrem schnellem Serienbildmodus zur Seite. Wir haben die Kamera in der Praxis und im Labor getestet und mit den anderen Topmodellen des Micro-Four-Thirds-Systems verglichen.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Der kleine Hebel auf der Vorderseite schaltet die Kamera blitzschnell in den Lautlos-Betrieb.

© Panasonic

Das seit März 2017 erhältliche Panasonic-Spitzenmodell Lumix GH5 und besonders die neue GH5S sind vor allem für ihre herausragenden, professionellen Videofunktionen bekannt. Um nicht in die Filmer-Ecke abgeschoben zu werden, hat Panasonic bei der Lumix G9 die Fotofunktionen weiter aufgewertet und dafür einige professionelle Videofeature weggelassen. Vor allem bei den schnellen Serienbildern konkurriert die G9 direkt mit der Olympus OM-D E-M1 Mark II, die etwas teurer ist.

Panasonic Lumix G9 frontal

Schnell unterwegs mit der Panasonic Lumix G9. Preis: ca. 1700 Euro

© Panasonic

Obwohl die GH5 und die G9 das gleiche traditionelle SLR-Design mit prominentem Sucherhügel aufweisen, unterscheiden sie sich auf den ersten Blick. So hat die G9 den größeren Griff, mit dem sie sich (mit den mittelgroßen Händen des Autoren) perfekt halten lässt – auch mit größeren Objektiven wie dem neuen Leica Elmarit 2,8/200 mm Power O.I.S.. Auffällig ist das große Statusdisplay auf der Oberseite, das Informationen zu Blende, Weißabgleich, ISO, Belichtungsmessung, EV-Korrektur, Akkustand und verbliebenem Speicherplatz anzeigt.

Das Moduswahlrad musste dem Display weichen und befindet sich nun vom Fotografen gesehen auf der linken Seite, unterlegt vom Drive-Rad mit Serienbildern, 6K-Fotofunktionen, Selbstauslöser und Intervallaufnahmen. Die Funktionsknöpfe sind etwas größer geworden und auf der Vorderseite ist ein kleiner Hebel hinzugekommen, mit dem sich die Kamera schnell lautlos stellen lässt.

Panasonic Lumix G9 Rückseite, Monitor

Das AF-Messfeld lässt sich per Touchscreen oder per Joystick verschieben.

© Panasonic

Als wichtigstes neues Element gibt es auf der Rückseite einen Joystick zum Verschieben des AF-Messfeldes – dies gelingt natürlich auch weiter über den Touchscreen-Monitor. Dieser ist wie bei Panasonic üblich frei dreh- und schwenkbar. Er ist minimal kleiner und hat eine etwas geringere Auflösung als in der GH5, was sich aber kaum bemerkbar macht.

Umgekehrt hat die G9 den besseren OLED-Sucher – er hat eine rekordverdächtige Vergrößerung von 0,83x (GH5: 0,76x). Brillenträger, die bei dieser Größe nicht das ganze Bild im Überblick haben, können mit einer Taste neben dem Sucher schnell auf 0,77x oder 0,7x verkleinern. In Kombination mit der hohen Auflösung (3,68 Millionen Punkte) und Bildfrequenz (60 oder 120 B/s) hat die G9 einen der besten Sucher in Systemkameras – ganz moiréfrei ist allerdings auch er bei feinen Strukturen nicht.

Neu ist, dass sowohl der Sucher als auch der Monitor sich in einen dunklen, rötlichen Nachtmodus versetzen lassen, um die Augen zu schonen und beispielsweise keine Tiere zu stören. Für den angepeilten Einsatzbereich in der Naturfotografie ist die G9 sehr robust, sprich staub- und spritzwassergeschützt und bis -10 Grad Celsius frostsicher.

Das Einzige, was uns bei der Bedienung am Anfang etwas irritiert hat, ist der sehr leichtgängige Auslöser. Wer andere Kameras gewohnt ist, wird möglicherweise schon beim Vorfokussieren versehentlich auslösen – wenn man sich einmal dran gewöhnt hat, stellt das aber kein Problem mehr da.

Serienbildaufnahmen mit der Panasonic Lumix G9

Lumix G9 gehört zu den am besten ausgestatteten Systemkameras

Dass die Lumix G9 in unserer Wertung keine 100 Prozent erreicht, liegt lediglich am fehlenden Gehäuseblitz. Zu den Stärken der Kamera gehört die duale Bildstabilisierung, die den beweglich gelagerten Bildsensor mit dem Objektivstabilisator kombiniert.

Im Vergleich zu Konkurrent Olympus, der ebenfalls das duale System unterstützt, hat Panasonic deutlich mehr stabilisierte Objektive im Angebot. Wie bei Olympus (in Kombination mit dem M.Zuiko Digital 4/12-100 mm IS) beträgt die Effektivität bei der G9 nach Angaben von Panasonic, basierend auf dem CIPA-Standard, bis zu 6,5 Blendenstufen.

In unseren Tests mit dem neuen Leica 2,8/200 mm O.I.S. und dem Leica Vario Elmarit 2,8-4/12-60 mm O.I.S. erreichten wir mit sehr ruhiger Hand 4 bis 6,5 Blendenstufen Gewinn gegenüber der klassischen Verwacklungsregel. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die 6,5 Blendenstufen also nicht ausreizen und an der Verwacklungsgrenze auf jeden Fall mehrere Aufnahmen machen.

Den beweglich gelagerten Sensor nutzt Panasonic erstmals, um Pixel-Shift-Aufnahmen mit höherer Auflösung (bis 80 Megapixel) zu machen. Dazu werden acht Bilder mit leichtem Versatz aufgenommen und kombiniert. Bei Olympus gibt es eine ähnliche Funktion schon etwas länger – erstmals in der E-M5 Mark II, dann in der Pen-F und E-M1 Mark II.

Voraussetzung ist wie bei Olympus (sowie Sony und Ricoh Pentax, die ähnliche Funktionen bieten) ein stabiles Stativ und ein statisches Motiv – bewegte Blätter werden beispielsweise wegen des Versatzes zwischen den Aufnahmen verwischt. Die fertigen Aufnahmen können als JPEG und/oder Raw gespeichert werden und zeigen bei entsprechenden Motiven deutlich mehr Details.

Der Kontrast-Autofokus mit DFD-Unterstützung arbeitet auch bei sehr wenig Licht zuverlässig (bis -4 EV) und beherrscht die Augenerkennung. Angenehm leise ist der mechanische Verschluss, der eine 1/8000 s schafft. Wie bei Panasonic üblich, lässt sich auch ein rein elektronischer Verschluss aktivieren, der 1/32.000 s (GH5: 1/16.000s) und das lautlose Auslösen ermöglicht.

Ebenfalls an Bord sind Doppelbelichtungen, HDR, Zeitrafferaufnahmen, Fokus-Peaking, Zebra, ein künstlicher Horizont, ein Raw-Konverter, Wi-Fi mit Bluetooth und USB 3.0 mit Ladefunktion. Wie bei der GH5 stehen zwei SD-Laufwerke mit UHS-II-Unterstützung zur Verfügung. Vermissen könnte der eine oder andere einen Schwenkpanorama-Modus.

4K-Video und 6K-Foto

Video mit 4K-Auflösung gehört bei Panasonic längst zum Standard und so nimmt auch die G9 Filme mit 3840 x 2160 Pixeln, 60 Bildern/s und einer Datenrate von 150 MBits/s in hervorragender Qualität auf.

Panasonic Lumix G9 mit Batteriegriff

Der Batteriegriff DMW-BGG9 verdoppelt die Akkulaufzeit von 400 auf 800 Aufnahmen.

© Panasonic

Das noch etwas breitere Cinema-4K-Format mit 4096 x 2160 Pixeln bleibt allerdings der GH5/GH5S vorbehalten. Das gilt auch für einige weitere professionelle Funktionen wie 4:2:2-Abtastung mit 10 Bit, V-Log L und Hybrid Log Gamma (für HDR), die Unterstützung für anamorphe Objektive, Synchro-Scan, Timecode, XLR-Audio-Anschlüsse und die unbegrenzte Aufnahmedauer.

Zur Aufnahme von Zeitlupen beherrscht die G9 verschiedene Hochgeschwindigkeitseinstellungen – bei Full-HD bis zu 180 Bilder/s, also eine 6fache Zeitlupe. Für die Tonaufnahme stehen Kopfhörer- und Mikrofon-Anschlüsse zur Verfügung. Eine exklusive Panasonic-Spezialität sind die 4K/6K-Fotofunktionen.

Wie in der GH5 stehen diese mit 6K-Auflösung, also über 18 Megapixeln, und 30 Bildern/s zur Verfügung. Alternativ gibt es 4K-Foto (8 Megapixel) mit 60 Bildern/s. Die 4K/6K-Foto-Funktionen lassen sich nutzen, um beispielsweise schon vor dem Auslösen aufzunehmen („6K Pre-Burst“), die Schärfeebene nachträglich zu wählen („6K Post-Focus“) oder bei Makroaufnahmen aus den verschiedenen Schärfeebenen ein Bild mit großer Schärfentiefe zu generieren („Focus-Stacking“).

Olympus hat in der E-M1 Mark II ebenfalls Fokus-Stacking integriert, allerdings auf Basis normaler Fotos, was eine noch etwas höhere Auflösung (gut 20 Megapixel) ermöglicht. Der Vorteil bei Panasonic: Der Fotograf kann festlegen, welcher Fokusbereich für das Stacking genutzt werden soll. So ist es beispielsweise möglich, das Hauptmotiv komplett scharf abzubilden und den Hintergrund unscharf zu belassen.

Panasonic Lumix G9 von oben

Griff und Status-Display sind angenehm groß.

© Panasonic

60 Bilder pro Sekunde

Wie versprochen nimmt die G9 Serien mit 60 Bilder/s auf – dann allerdings nur mit elektronischem Verschluss, ohne Autofokus-Nachführung und für weniger als eine Sekunde (50 Bilder in Folge). Mit AF-Nachführung und E-Verschluss sind 16 Bilder/s und ebenfalls 50 Bilder in Folge möglich, was immerhin schon gut drei Sekunden abdeckt. Wer mit mechanischem Verschluss fotografieren will – um mögliche Rolling-Shutter-Artefakte zu vermeiden – kann 12 Bilder/s aufnehmen, wobei in unserem Test die Geschwindigkeit bei aktivierter AF-Nachführung auf 8 Bilder/s sank.

Ab 12 Bilder/s sind dann auch sehr lange Serien möglich: Wir haben den Test bei JPEGs nach 500 in Folge abgebrochen, bei Raws wurde die Kamera nach ca. 98 Aufnahmen langsamer. Wie bei Olympus steht übrigens eine Pre-Burst-Funktion mit 40 oder 20 Bildern/s (ohne AF-Nachführung) zur Verfügung, bei der die Kamera bereits vor dem Drücken des Auslösers Bilder in einen temporären Speicher schreibt und dann auch die Sekunde vor dem Auslösen auf der Speicherkarte sichert.

Extrem kurz ist die Auslöseverzögerung: Wir haben mit Einzel-AF im Labor rund 0,1 s gemessen, womit die G9 noch minimal schneller als die GH5 und die E-M1 Mark II ist. Sorge um eine zu lange Auslöseverzögerung muss man sich aber bei keiner der getesteten Kameras machen. Unter dem Strich ist die G9 ähnlich schnell wie die Olympus E-M1 Mark II – beide Kameras bekommen die volle Punktzahl von 100 Prozent.

Antiker Kassen-Automat, Testaufnahme mit Lumix G9

Dank Bildstabilisator ist diese Aufnahme bei 60 mm (120 mm beim Kleinbild) mit 1/5 s aus der Hand scharf – knapp 5 Blendenstufen Gewinn gegenüber der klassischen Verwacklungsregel.
Kamera: Panasonic Lumix G9
Objektiv: Leica 2,8-4/12-60 mm
Zeit: 60 mm, 1/5 s, ISO 1000

Foto: © Andreas Jordan

Sehr gute Bildqualität

Etwas überraschend sind die Ergebnisse der Auflösungsmessung: Bei ISO 100 und 200 sind die Werte etwas niedriger als bei der GH5, haben allerdings immer noch einen sehr hohen Wirkungsgrad von rund 95 Prozent. Die höchste Auflösung haben wir bei ISO 400 gemessen, hier erreicht die Kamera ziemlich genau 100 Prozent, danach fällt sie langsam ab, bleibt aber bis ISO 1600 bei über 80 Prozent.

Im Vergleich zur Olympus E-M1 Mark II ist die Auflösung bis ISO 800 etwas niedriger, danach aber höher. Relativ gering sind die Unterschiede beim Rauschen. Den JPEG-Dynamikumfang hat Panasonic dagegen im Vergleich zur GH5 verbessert – er liegt jetzt etwa auf dem sehr guten Niveau der Olympus-Modelle.

Einen deutlichen Gewinn bringen die Pixel-Shift-Aufnahmen: Nicht nur die Auflösung wird besser, sondern auch das Bildrauschen geringer. Er steht übrigens nur bis ISO 1600 zur Verfügung. Visuell machen die Aufnahmen bis ISO 800 auch bei kritischer Betrachtung am Monitor in der 100-Prozent-Darstellung einen fast tadellosen Eindruck, bei ISO 1600 werden minimale Verluste durch den Rauschfilter sichtbar (außer im Pixel-Shift-Modus), die in den höheren ISO-Stufen zunehmen. Für kleinere Abzüge sind aber selbst Werte bis ISO 12.600 noch brauchbar.

FAZIT

Die Lumix G9 ist eine der besten spiegellosen Systemkameras. Besser hat in unserem Wertungsschema nur die deutlich teurere Vollformatkamera Sony Alpha 7R III abgeschnitten. Im Micro-Four-Thirds-Konkurrenzvergleich teilt sich die Lumix G9 den Testsieg mit der GH5 und der Olympus E-M1 Mark II, die beide etwas teurer sind. Die G9 überzeugt also auch mit einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis. Wem die 1700 Euro trotzdem noch zu viel sind, der bekommt mit der Panasonic Lumix GX8 und Olympus OM-D E-M5 Mark III zwei sehr gute Kameras für 800 bis 850 Euro.

Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Panasonic Lumix G9, Panasonic Lumix GH5, Panasonic Lumix GX8, Olympus OM-D E-M1 Mark II, Olympus OM-D E-M5 Mark II, Olympus Pen-F).

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test wurde in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 2/2018 veröffentlicht.

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