Im Test: Panasonic Lumix G9II mit 25 Megapixeln und neuem Autofokus

15 Jahre nach Start des Micro-Four-Thirds-Systems legt Panasonic sein Foto-Flaggschiff neu auf. Wir konnten bereits ein Vorserienmodell der Lumix G9II testen. Außerdem neu: zwei Telezooms.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Die Lumix G9II kommt im Gewand der Vollformatkamera Lumix S5II.

Die Lumix G9II kommt im Gewand der Vollformatkamera Lumix S5II.

Bild: Panasonic

Seit Panasonic auch im Vollformat aktiv ist, gibt es Befürchtungen, dass der Hersteller das Micro-Four-Thirds-System vernachlässigen könnte. Spätestens die Lumix G9II dürfte nun Fotografen überzeugen, dass dies nicht der Fall ist – zumal Panasonic auch zwei neue Objektive vorgestellt hat (siehe unten). Zuletzt hatte der Hersteller eine neue MFT-Kamera pro Jahr auf den Markt gebracht, seit 2020 allerdings mit starkem Videofokus: 2022 die Lumix GH6, 2021 die GH5 II und 2020 das Vlogger-Modell G110. Die Lumix G9II ist nun also die Nachfolgerin des Foto-Flaggschiffs Lumix G9 von Anfang 2018.

Die Lumix G9II hat das Gehäuse der S5II geerbt

Im Vergleich zur Lumix G9 ist das Gehäuse der G9II etwas dicker, aber weniger breit.

Im Vergleich zur Lumix G9 ist das Gehäuse der G9II etwas höher und dicker, aber weniger breit.

Bild: Panasonic

Beim Gehäuse hat Panasonic gegenüber der Vorgängerin deutliche Änderungen vorgenommen: Die Lumix G9II basiert nun auf dem Design und Tasten-Layout der Vollformat-Schwester Lumix S5II, das heißt sie ist etwas schmaler, aber höher und dicker als ihre Vorgängerin. Laut Hersteller soll das für eine bessere Wärmeabfuhr sorgen – wichtig für Videos. Den Lüfter hat Panasonic gegenüber der Lumix S5II, dem videooptimierten Schwestermodell S5IIX sowie der GH6 eingespart, was kleine Einschränkungen bei der internen Aufnahme zur Folge hat (siehe Abschnitt Video). Das Gewicht der robusten und spritzwassergeschützten Kamera mit Magnesiumchassis liegt wie bei der G9 bei 658 Gramm.

Angenehm groß und gut bedienbar ist der Autofokus-Joystick.

Angenehm groß und gut bedienbar ist der Autofokus-Joystick.

Bild: Panasonic

Erweitern lässt sich die Kameras mit dem schon von der Lumix S5II bekannten Batteriegriff DMW-BG1, der DMW-BGG9 zur G9 lässt sich dagegen nicht weiter nutzen. Der Akkugriff verdoppelt die Akkulaufzeit, die schon von Haus aus bei 390 Bildern, bzw. 1350 Bildern im Stromsparmodus liegt. Über USB-C lässt sich die Kamera jetzt nicht nur laden, sondern auch im Betrieb mit Strom versorgen (Power-Delivery-Funktion). Die Blitzsynchronbuchse hat Panasonic gegenüber der G9 weggelassen, was im Zeitalter der Funksteuerung wohl kaum jemand vermissen dürfte. Hinter den Schnittstellenklappen verbergen sich neben USB-C auch eine große HDMI-Buchse (Typ A) sowie Mikrofon- und Kopfhörer-Anschlüsse. Zwei Speicherkartenlaufwerke stehen für SD-Karten (UHS-II kompatibel) zur Verfügung.

Pinguin, aufgenommen mit Lumix G9II.

Aufnahme mit Lumix G9II, Leica DG Elmarit 2,8/200 mm bei 200 mm, f/2,8, 1/500 s, ISO 2000. Bildrauschen tritt praktisch nicht in Erscheinung (Original-JPEG leicht beschnitten).

Bild: Andreas Jordan, mit freundlicher Genehmigung von Tierpark Hagenbeck

Veränderte Bedienung

Bei der Bedienung müssen sich G9-Besitzer etwas umgewöhnen. So entfällt das Statusdisplay auf der Oberseite, stattdessen hat Panasonic die Modus- und Drive-Räder, die bei der G9 übereinander lagen, nun separat links und rechts auf der Oberseite angeordnet. Das Drive-Rad gibt direkten Zugriff auf die Serienbildmodi, die High-Resolution- und Intervallaufnahmen sowie den Selbstauslöser. Per Modusrad kann der Foto- oder Videograf nicht nur schnell zwischen den klassischen Belichtungsprogrammen P, A, S und M umschalten, sondern auch auf Zeitraffer und Zeitlupe (S&Q), den manuellen Videomodus und drei Custom-Modi zugreifen. Neben dem Auslöser stehen Direkttasten für Weißabgleich, ISO und Belichtungskorrektur zur Verfügung.

Auf der Rückseite sind die Bedienelemente etwas anders angeordnet als bei der G9, haben aber weitgehend die gleichen Funktionen. Angenehm groß und gut zu bedienen ist der AF-Joystick. Den Fokus hat der Fotograf mit dem Umschalter zwischen S-AF, C-AF und manueller Fokussierung und AF-Modus/-Messfeld-Taste gut im Griff. Den seitlich ausklappbare 3,0-Zoll-Monitor hat Panasonic ebenfalls von der S5II übernommen – gegenüber der G9 wurde die Auflösung von 1,04 auf 1,84 Millionen Punkte erhöht. Wie bei Panasonic üblich, erlaubt er die vollständige Touchscreen-Bedienung, inklusive Menüs.

Vogel, aufgenommen mit der Lumix G9II.

Auch beim Fotografieren durch ein Gitter trifft der Autofokus der G9II problemlos das Auge des Vogels. Aufnahme mit Leica DG Elmarit 2,8/200 mm, bei 200 mm, f/2,8, 1/500 s, ISO 250.

Bild: Andreas Jordan, mit freundlicher Genehmigung von Tierpark Hagenbeck

Autofokus mit Phasen-Detektion

Die wichtigsten Neuerungen gegenüber der G9 gibt es beim Autofokus. Wie schon in der S5II(X) und bei der Konkurrenz setzt Panasonic nun auch im MFT-Bereich auf ein Hybrid-System aus Kontrast-AF mit DFD und Pixeln zur Phasen-Detektion auf dem Bildsensor – insgesamt stehen 779 Messfelder zur Verfügung. Der neue 25-Megapixel-Sensor wurde mit einem doppelt so schnellen Bildprozessor kombiniert, der eine bessere Motiverkennung ermöglicht. So werden nun auch bei Tieren die Augen erkannt und als neue Kategorie sind Fahrzeuge (Autos und Motorräder) hinzugekommen. Im Test funktionierte der Autofokus schnell und zuverlässig. Bei der Videoaufzeichnung konnten wir kein störendes Pumpen feststellen.

Verbesserter Bildstabilisator und Pixel-Shift

Verbessert hat Panasonic auch den Bildstabilisator, unter anderem mit Hilfe eines neues Gyrosensors. Lag die Kompensationsleistung, gemessen nach CIPA-Standard, bei der G9 noch bei bis zu 6,5 und bei der GH6 bei 7,5 Blendenstufen, so sind es nun bis zu acht Blendenstufen. Uns gelangen im Test mit dem Leica 2,8-4/12-60 mm bei kleinbildäquivalenten 120 mm scharfe Aufnahmen aus der Hand einigermaßen sicher mit 1/6 s, im Glücksfall auch mal mit 0,4 s. Wie üblich sind die CIPA-Angaben unseres Erachtens etwas zu optimistisch.

Der Bildstabilisator arbeitet effektiv.

Der Bildstabilisator arbeitet effektiv. Diese Aufnahme mit 12 mm (24 mm beim Kleinbild) ist bei 0,5 s Belichtungszeit aus der Hand scharf. (Leica DG 2,8-4/12-60 mm bei f/5, ISO 160, 0,5 s).

Bild: Andreas Jordan

Wie schon in der Lumix G9 lässt sich der bewegliche Bildsensor auch für High-Resolution-Aufnahmen mit Pixel-Shift nutzen. Dabei werden acht Aufnahmen in der Kamera miteinander verrechnet und das Ergebnis als Raw- oder JPEG-Datei mit 50 oder 100 Megapixeln gespeichert. Das Motiv sollte sich dabei möglichst nicht bewegen. Leichte Bewegungen (z. B. Blätter oder Gras bei Außenaufnahmen) können zwar herausgerechnet werden, was aber zu Lasten der Effektivität geht. Anders als bei der G9 und ähnlich wie bei GH6 sind auch Pixel-Shift -Aufnahmen aus der Hand möglich – ebenfalls mit reduzierter Effektivität gegenüber dem Stativeinsatz. Trotzdem kann die Auflösung nun auch aus der Hand 100 Megapixel betragen. Wenn alle Voraussetzungen stimmen, liefert der High-Res-Modus Bilder, die nicht nur mehr Details zeigen, sondern bei entsprechen Motiven auch Moirés reduzieren, wenn auch nicht immer ganz beseitigt.

Per Pixel-Shift lässt sich die Auflösung auf 100 Megapixel erhöhen.

Per Pixel-Shift lässt sich die Auflösug auf 100 Megapixel erhöhen. (Aufnahme mit Leica DG 2,8-4/12-60 mm bei f/6,3, 1/320 s, ISO 100)

Bild: Andreas Jordan

Neuer Bildstil Leica Monochrom

Der mechanische Verschluss der G9II ist für eine kürzeste Verschlusszeit von 1/8000 s ausgelegt, lautlos und mit E-Verschluss sind auch Zeiten bis zu 1/32.000 s möglich. Weitere fotografische Funktionen sind Fokus-Bracketing (aber kein Stacking in der Kamera), Live-Composite für Langzeitbelichtungen, ein integrierter Raw-Konverter und Intervallaufnahmen. Neu ist der Bildstil „Leica Monochrom“, der neben den bereits bekannten L.Monochrom-Stilen zur Verfügung steht. Er soll das Ergebnis der Kooperation mit Leica im Rahmen der 2022 verkündeten L2-Partnerschaft sein.

Neuer Bildstil Leica Monochrom. Aufnahme mit G9II und Lumix G Vario 4/7-14 mm bei 9 mm, f/6,3, 1/40 s, ISO 250.

Bild: Andreas Jordan

Wie schon bei der GH6 hat Panasonic Features, weggelassen, die es in der G9 und anderen Lumix-Kameras gab. Dazu gehören die 4K/6K-Foto-Funktionen, Doppelbelichtungen und der HDR-Modus. Vermissen könnte der eine oder andere außerdem einen Schwenkpanoramamodus, der allerdings auch in der Lumix G9 schon fehlte, den aber bspw. die kleine Schwester G91 mitbringt.

Open-Gate-Video

Die Lumix G9 beherrscht bis auf wenige Einschränkungen die Videofunktionen des Hybrid-Flaggschiffs GH6. Die höchste Auflösung liegt bei 5,8K: Im sogenannten Open-Gate-Modus werden alle Sensorpixel im 4:3-Format aufgezeichnet (mit bis zu 30p, 4:2:0 und 10 Bit). Mit 5,7K in 16:9 sind dann flüssigere 60p möglich. Ab Cinema-4K/60p nimmt die G9 auch mit 4:2:2 und 10 Bit auf. Zeitlupen gelingen in 4K/120p oder Full-HD/240p. Die meisten Formate lassen sich intern auf Speicherkarte aufzeichnen, Ausnahmen sind einige ProRes-Raw- und All-I-Formate mit sehr hohen Datenraten (800 Mbit/s), für die die SD-Karten nicht schnell genug sind – die GH6 unterstützt die deutlich schnelleren CFexpress-Karten, die allerdings heißer werden und daher einen Lüfter benötigen. Abhilfe schafft bei der G9II eine externe, per USB angeschlossene SSD.

Pinguin, aufgenommen mit Lumix G9II.

Auch das Auge des Pinguins findet der Autofokus. Aufnahme mit Lumix G9II und Leica DG Elmarit 2,8/200 mm bei 200 mm, f/2,8, 1/5000 s, ISO 200.

Bild: Andreas Jordan, mit freundlicher Genehmigung von Tierpark Hagenbeck

Bei der Videoaufzeichnung lässt sich zusätzlich zu den Hardware-basierten Bildstabilisatoren ein elektronischer Active I.S. zuschalten. Grundsätzlich gibt es kein Längenbegrenzung für die Videoaufzeichnung. In unseren Test setzte die Kapazität der Speicherkarte die Grenze: Mit einer 64-GB-Karte gelangen uns 53 Minuten 5,8K/30p mit 200 MBits/s. In 4K/30p mit 72 Mbit/s passten 2 Stunden 15 Minuten auf die Karte ohne dass der Akku schlapp machte oder die Kamera überhitzte. Weitere Profi-Features der Lumix G9II sind Realtime-LUTs sowie V-Log und V-Gamut für einen großen Dynamikumfang.

Geschwindigkeit und Bildqualität

Die Lumix G9II hat einen ungewöhnlichen schnellen Serienbildmodus: Laut Panasonic gelingen bis zu 75 Bilder/s mit elektronischem Verschluss; wir haben sogar 80 B/s (sowohl bei JPEGs als auch bei Raws) mit einer sehr schnellen SD-Karte gemessen. Mit AF-Nachführung wird die Kamera etwas langsamer, schafft aber immer noch beeindruckende 63 B/s. Die Serien enden beim Einsatz des E-Verschlusses immer bei 200 Bildern in Folge. Mit mechanischem Verschluss fällt die maximale Serienrate auf 12 B/s, dafür sind längere Serien möglich – wir haben den Test nach rund 250 Bildern in Folge, also über 20 Sekunden, abgebrochen. Verbessert hat Panasonic die Pre-Burst-Funktion, bei der Kamera schon vor dem finalen Auslösen in einen temporären Ringspeicher schreibt. Nun können bis zu 1,5 statt 0,4 Sekunden rückwirkend aufgenommen werden.

Lumi G9II mit Leica DG Vario Elmarit 2,8/200 mm bei 200 mm, f/2,8, 1/1000 s, ISO 100.

Bild: Andreas Jordan, mit freundlicher Genehmigung von Tierpark Hagenbeck

Die finale Beurteilung der Bildqualität bleibt einem Labortest eines Serienmodells vorbehalten. Auf den erste Blick ähnelt sie aber der Lumix GH6 (hier getestet).

Verbesserte MFT-Telezooms

Neben der Kamera hat Panasonic auch zwei überarbeitete Objektive vorgestellt. Das Leica DG Vario Elmarit 4.0-6,3/100-400 mm II Asp. Power O.I.S. ist jetzt kompatibel zu den Telekonvertern DMW-TC114 (1,4x) und TC20 (2x), sodass sich kleinbildäquivalente Brennweiten bis zu 1600 mm realisieren lassen. Verbessert wurde außerdem die Makrofähigkeit: die maximale Vergrößerung liegt nun 0,5x, bzw. 1x mit TC20-Telekonverter. Der neue Zoom-Limit-Schalter verbessert die Handhabung. Wie gehabt wiegt das Telezoom 985 Gramm und ist staub- und spritwassergeschützt.

Geringer fallen die Veränderungen beim zweiten Telezoom aus: Das DG Vario-Elmarit 2,8/35-100 mm Power O.I.S. darf nun das Leica-Label tragen, was durch eine verbesserte Qualitätskontrolle möglich wurde. An den technischen Daten hat sich nichts geändert: Das Äquivalent zu einem 70-200 mm beim Kleinbild ist nur knapp 10 cm lang, wiegt 357 Gramm und ist staub- und spritzwassergeschützt.

Preise und Verfügbarkeit

Alle neuen Produkte sind voraussichtlich im November im Handel zu folgenden Preisen verfügbar:

  • Lumix G9II: rund 1900 Euro.
  • Lumix G9II mit Lumix 3,5-5,6/12-60 mm Power O.I.S.: rund 2100 Euro.
  • Lumix G9II mit Leica DG 2,8-4/12-60 mm O.I.S.: rund 2500 Euro.
  • Leica DG Vario Elmarit 4,0-6,3/100-400 mm II Asp. Power O.I.S.: ca. 1700 Euro.
  • Leica DG Vario-Elmarit 2,8/35-100 mm Power O.I.S.: ungefähr 1300 Euro.

Einen Labortest der Lumix G9II können Sie in einer der nächsten Ausgaben von fotoMAGAZIN lesen.

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