Im Test: Panasonic Lumix GH6

Die Micro-Four-Thirds-Kamera Panasonic Lumix GH6 bietet sowohl für Filmer als auch für Fotografen starke Funktionen. Im Vergleich mit der OMDS OM System OM-1 wollten wir unter anderem wissen, wie gut der neue 25-Megapixel-Sensor ist.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Panasonic Lumix GH6

Für eine Micro-Four-Thirds-Kamera ist die Lumix GH6 mit 823 Gramm recht schwer. Auf den Filmschwerpunkt weist schon der zweite rote Videoauslöser auf der Vorderseite hin.

Foto: © Panasonic

Dass Sensor- und Kameragröße nicht unbedingt im Zusammenhang stehen, demonstriert die Lumix GH6 eindrucksvoll.

Panasonic Lumix GH6 von oben

Die Panasonic Lumix GH6 kam im März 2022 mit einem Einführungspreis von 2200 Euro auf den Markt.

Foto: © Panasonic

Ausstattung und Bedienung der Panasonic Lumix GH6

Obwohl der Bildsensor nur rund ein Viertel der Fläche eines kleinbildgroßen Vollformatsensors hat, ist das spritzwassergeschützte Magnesiumgehäuse größer als das mancher Vollformatkamera – beispielsweise der Lumix S5 aus dem eigenen Haus. Das hat auch Vorteile: Der Griff ist ausgeprägt und auch für Menschen mit großen Händen ergonomisch.

Die Bedienelemente sind ebenfalls angenehm groß und erleichtern das Fotografieren mit Handschuhen. Die Bautiefe von fast zehn Zentimetern ist nicht zuletzt dem integrierten Lüfter geschuldet, der die in den hochauflösenden Videomodi entstehende Wärme aus dem Gehäuse leitet.

Auch der neue Monitormechanismus nimmt etwas mehr Platz ein. Der hochauflösende 7,5-cm-Bildschirm lässt sich nun nicht nur wie bisher zur Seite ausklappen und drehen, er kann auch in der optischen Achse bleiben und lässt sich dann trotzdem für Untersichten um 45 Grad nach oben klappen.

Panasonic Lumix GH6 mit ausgeklappten Monitor

Der neue Monitor der Lumix GH6 lässt sich sowohl seitlich ausklappen als auch in der optischen Achse nach oben kippen.

Foto: © Panasonic

Ein weiterer Vorteil des neuen Klappmechanismus ist, dass der seitlich ausgeschwenkte Monitor nicht mehr von HDMI- und USB-Kabeln blockiert wird. Panasonic hat übrigens eine große HDMI-Typ-A-Buchse verbaut und liefert einen Kabelhalter mit, der verhindert, dass sich der Stecker versehentlich löst.

Monitor mit Touch- und Menü-Bedienungen

Der OLED-Sucher hat wie gewohnt eine Auflösung von 3,68 Millionen Punkten und eine Vergrößerung von 0,76x (entsprechend KB). Auch wenn er keine Rekordauflösung erreicht, überzeugt er in der Praxis mit einem großen und weitgehend moiréfreien Bild.

Panasonic Lumix GH6 Rückseite mit Monitor

Die Knöpfe und Räder der GH6 sind angenehm groß und lassen sich auch mit Handschuhen bedienen.

Foto: © Panasonic

Das Bedienkonzept ähnelt dem des Schwestermodells GH5 II, wobei auf der Vorderseite ein zweiter roter Videoauslöser integriert wurde und eine neue Audiotaste direkten Zugriff auf Ton-Informationen und -Einstellungen gibt. Tally-Lichter, welche die laufende Aufnahme signalisieren, befinden sich nun auf der Vorder- und Rückseite. Positiv macht sich das Drive-Rad auf der linken Oberseite bemerkbar, das einen schnellen Zugriff nicht nur auf die Serienbilder, sondern ebenfalls auf den Hi-Res-Modus und auf Intervallaufnahmen bietet.

Eine komfortable Bedienung ermöglichen auch der AF-MF-Hebel und der Autofokus-Joystick. Von der Vollformatkamera der S-Serie hat die GH6 die zwei Speicherkarten-Slots für SD- und die schnelleren CFexpress-Karten geerbt.

Die Lumix GH6 bietet spannende Fotofunktionen

Auch wenn die Lumix GH6 stark auf Filmer zugeschnitten ist, bietet sie für Fotografen ebenfalls spannende Funktionen. So hat Panasonic nach eigenen Angaben und gemessen nach dem CIPA-Standard die Effektivität des Bildstabilisators auf 7,5 Blendenstufen verbessert. Wie auch bei anderen Herstellern üblich, sind die CIPA-Angaben mit Vorsicht zu genießen. Uns gelangen mit dem Leica DG Vario Elmarit 2,8-4/12-60 mm O.I.S. bei kleinbildäquivalenten 120 mm scharfe Aufnahmen aus der Hand mit 1/5 bis 1/3 s, was im Vergleich zur klassischen Verwacklungsregel eher fünf Blendenstufen entspricht.

Der beweglich gelagerte Bildsensor lässt sich im Hi-Res-Modus auch für Pixelshift-Aufnahmen nutzen. Dabei werden acht Bilder kurz hintereinander mit elektronischem Verschluss aufgenommen und in der Kamera zu einem 50- oder 100-MP-Bild im JPEG- oder Raw-Format zusammengefügt. Das Motiv sollte dabei weitgehend statisch sein und die Aufnahme möglichst vom Stativ erfolgen.

Erstmals bei Panasonic: Modus für Aufnahmen aus der Hand

Bei Olympus ist das schon länger der Fall, wobei die Auflösung hier auf 50 Megapixel beschränkt ist, während die GH6 auch 100 Megapixel aus der Hand ermöglicht. Da die Effektivität aus der Hand geringer ist, reichen 50 Megapixel völlig aus. Wer Architektur fotografiert, aber bspw. einen Zweig im Bild hat, der sich bewegt, kann trotzdem den Hi-Res-Modus nutzen, denn die Kamera erkennt Bewegungen und nutzt an der entsprechenden Stelle nur eine Aufnahme mit 25 Megapixeln, um Artefakte zu vermeiden, was in unserem Test erstaunlich gut funktionierte.

Weggelassen hat Panasonic interessanterweise die 4K/6K-Foto-Funktionen, mit denen sich in der Kamera bspw. der Post-Fokus-Effekt (Auswahl der Schärfeebene aus einer Fokusfahrt) oder Fokus-Stacks erstellen lassen. Vermutlich passten diese Funktionen nicht zur professionellen Video-Ausrichtung der Kamera. Ein Fokus-Bracketing ist aber weiter an Bord und erleichtert das nachträgliche Fokus-Stacking am Computer. Zu den weiteren Bracketing-Optionen gehört auch eine eher ungewöhnliche Blendenreihe.

Lumix GH6 ohne Mehrfachbelichtung und Live View Composite

Zwei Einschränkung für Fotografen: Es gibt keine Mehrfachbelichtungen und der Modus „Live View Composite“ (bekannt aus der Lumix S5, G110, G91 und GH5 II) für Langzeitbelichtungen fehlt. Die Anzahl der Autofokus-Messfelder hat Panasonic von 225 auf 315 erhöht und die Kamera erkennt zuverlässig Menschen (Körper, Gesicht und Augen) sowie Tiere (Vögel, Hunde, Katzen), bei ihnen allerdings keine Augen. Empfindlich ist der AF wie bei der GH5II bis -4 EV (bei Lichtstärke 1:2,0). Zum Vergleich: Die OM-1 ist bis -8 EV empfindlich, allerdings gemessen mit einem hochlichtstarken 1,2er-Objektiv.

Internes Raw-Video

Die Beschreibung aller Videofunktionen der GH6 würde den Rahmen dieses Artikel sprengen. So stehen alleine im MOV-Modus 58 verschiedene Einstellungen für die Aufnahmequalität zur Verfügung (Auflösung, Framerate etc.). Um nicht den Überblick zu verlieren, lassen sich die Einstellungen filtern und Favoriten in einer eigenen Liste speichern. Eine Besonderheit ist, dass die interne Raw-Aufzeichnung mit 5,7K im Format Apple ProRes HQ (MOV-Container) unterstützt wird – und zwar mit 24p und 30p und Datenraten bis zu 1,9 GBit/s. Für diese Qualität wird natürlich eine CFexpress-Karte benötigt; auf 128 Gigabyte passen dann ca. 8:40 Minuten. Im MOV-Container liegt die maximale Datenrate bei 800 MBit/s und zwar bei der Aufnahme von Full-HD-Zeitlupen mit 240 fps (422, 10 Bit, All-I).

Deutlich geringer fallen die Datenmengen in der höchsten komprimierten Auflösung mit 5,7K/60p aus (420, 10 Bit, Long GOP). Hier liegt die Datenrate bei 300 MBit/s und auf die besagte 128-GB-Karte passt immerhin knapp eine Stunde Filmmaterial. In unserem Test war dann allerdings auch der Akku leer. Abhilfe schafft die Dauerstromversorgung per USB-C – dann sind die Aufnahmen nur noch durch die Kapazität des Speichermediums begrenzt.

Grundsätzlich lässt sich in allen Modi ohne Crop aufnehmen (ausgenommen 4,4K/60p anamorph), optional kann aber auch Pixel-per-Pixel aufgezeichnet werden, also bei Auflösungen unterhalb von 5,7K mit Crop. Zeitlupen gelingen in 4K mit 120p (5fach) oder in Full-HD mit bis zu 300p (12,5fach).

Mit dem ab Werk installierten V-Log-Profil verspricht Panasonic einen Dynamikumfang von über 12 Blendenstufen, der sich bei Verwendung des Dynamic Range Boost-Modus (ab ISO 800) auf mehr als 13 Blendenstufen steigern lässt. Neben V-Log lässt sich auch HLG (Hybrid Log Gamma) aktivieren – sinnvoll, wenn Videos mit erweiterem Dynamikumfang direkt aus der Kamera auf einem kompatiblen Fernseher wiedergegeben werden sollen. Zu den zahlreichen weiteren Filmfunktionen gehören V-Log View Assist (Anwendung von LUTs in Echtzeit), 4-Kanal-Audio, Assistenz-Funktionen wie Waveform-Monitor, Zebramuster und Helligkeits-Spot-Messung und Sicherheitszonen-Markierungen.

Standbild aus einem 5,7K-Video:

Folgende Funktionen sollen nach und nach per Firmware-Update zur Verfügung stehen:

  • Cinema 4K ProRes 422 HQ und ProRes 422.
  • Full HD ProRes 422 HQ und ProRes 422.
  • Direkte Aufzeichnung auf SSD per USB.
  • 4K/120p HDMI-Videoausgang während Live View.
  • Cinema 4K/120p HDMI-Raw-Video- Datenausgang zum ATOMOS Ninja V+.

Schnelle Serienbilder mit Einschränkungen

Die Lumix GH6 schießt Serien mit beeindruckenden 75 Bildern pro Sekunde – natürlich nur mit elektronischem Verschluss und ohne AF/AE-Nachführung. Wir haben sowohl bei JPEGs als auch bei Raws 200 Bilder in Folge ermittelt. Mit mechanischem Verschluss sind immerhin noch 14 Bilder/s drin, leider ebenfalls ohne AF-Nachführung. Hier haben wir 88 JPEGs und 60 Raws in Folge gemessen. Mit Autofokus-Nachführung sinkt die Geschwindigkeit des Serienmodus auf 8 Bilder/s; dann sind auch sehr lange Serien möglich (223 JPEGs, 135 Raws in Folge).

Auch wenn die Geschwindigkeit insgesamt sehr bis extrem hoch ist, fällt doch auf, dass sie mit AF-Nachführung weit hinter andere aktuelle Highend-Kameras zurückfällt – die direkte Konkurrentin OM-1 schafft sogar 50 Bilder/s mit AF-Nachführung. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass Panasonic nach wir vor auf einen Kontrast-AF mit DFD-Unterstützung setzt und keine Phasen-Detektionspixel integriert hat.

Die Lumix GH6 hat eine starke Bildqualität

Wirklich positiv überrascht haben uns die Labormessergebnisse für die Bildqualität. Bis ISO 400 erreicht die Kamera einen Wirkungsgrad von 100 %, bei ISO 800 und 1600 liegt er immer noch bei knapp 90 %. Selbst bei ISO 3200 (82,2 %), 6400 (79,4 %) und 12.800 (77,6 %) ist die Auflösung noch recht hoch. Erst bei ISO 25.600 sinkt sie auf unter 70 %.

Aufnahmen vom visuellen Testaufbau mit der Lumix GH6:

Dank des höher auflösenden Sensors hat die Lumix GH6 im Vergleich zur OM-1 fast über den ganzen ISO-Bereich die höhere gemessene Auflösung. Erst bei ISO 25.600 liegt die OM-1 vorne – dieser Einstellung ist aber bei beiden Kameras nicht mehr empfehlenswert. Aussagekräftig ist die Auflösung nur im Zusammenhang mit dem Bildrauschen – und auch hier hinterlässt die GH6 einen sehr guten Eindruck. Im gemessenen Bereich bis ISO 6400 liegt der Rauschwert unter drei. Erst ab ISO 12.800 übersteigt er mit 4,2 den störenden Grenzwert von 4. Der Dynamikumfang mit Standardbildstil liefert mit bis zu 9,1 Blendenstufen ebenfalls hervorragende Werte.

"Die Lumix GH6 macht sowohl als Foto- als auch als Videokamera eine sehr gute Figur."


FAZIT
Auch wenn Panasonic die Lumix GH6 stark im Videobereich positioniert, ist sie doch ebenfalls eine sehr gute Fotokamera, die bei der Bildqualität wegen der höheren gemessene Auflösung sogar die bisher beste MFT-Kamera OM-1 hinter sich lässt. Als Videokamera macht sie natürlich eine hervorragende Figur. Wen der kleinere Sensor nicht stört, der erhält hier zum vergleichsweise günstigen Preis eine Kamera mit hoher Auflösung und professionellen Funktionen, die mit den besten Vollformatkameras mithalten kann.


> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test der Lumix GH6 (Panasonic Lumix GH6 und OMDS OM System OM-1).


Labormessungen: Anders Uschold

_______________________

Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 7/2022 erschienen.

Alternative Kameras mit herausragenden Videofunktionen

Videofunktionen werden für die meisten Kamerahersteller immer wichtiger. Populäre Fotokameras mit herausragenden Film-Eigenschaften sind z. B. die Canon EOS R5, Canon EOS R3, Nikon Z9, Panasonic Lumix GH6, Panasonic Lumix S1H, Sony Alpha 7S III und Sony Alpha. Wir haben die Daten für diese Kameras in einer übersichtlichen Tabelle zusammengetragen:

> alternative Kameras mit herausragenden Videofunktionen

Neben der Lumix GH6 mit MFT-Sensor sind dies ausschließlich Vollformatkameras (Stand: Mai 2022).

Beitrage Teilen