Im Test: Sigma fp L

Sigma hat mit der fp L eine ungewöhnliche Vollformat­kamera mit 61 Megapixeln auf den Markt gebracht. Wir vergleichen sie mit der hochauflösenden Systemkamera-Konkurrenz von Canon, Leica, Nikon, Panasonic und Sony.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Sigma fp L

Wie sich die Sigma fp L und sechs weitere Vollformatkameras mit 45 Megapixeln macht, zeigt unser Praxis- und Labortest.

Foto: © Sigma

Die meisten aktuellen Wechselobjektivkameras haben Auflösungen zwischen 20 und 30 Megapixeln – das reicht locker für eine Doppelseite in einer Zeitschrift (DIN A3 bei 300 dpi = 17,4 Megapixel) oder 6K-Monitore (20,4 Megapixel). Schon kommende 8K-Monitore stellen aber 33,2 Megapixel dar. In der Highend-Werbefotografie sind auch jetzt schon Auflösungen von über 30 Megapixeln gefragt, beispielsweise für Plakate, die auch aus der Nahansicht noch scharf sein sollen.

Ein weiterer Einsatzbereich für hochauflösende Kameras ist die Ausschnittvergrößerung. So kann es beispielsweise in der Vogelfotografie trotz langer Telebrennweiten noch sinnvoll sein, das Motiv durch Zuschneiden zu vergrößern. Das kann in der Bildbearbeitung passieren oder bei vielen Vollformatkameras bereits in der Kamera, indem auf einen APS-C-Crop-Modus umgeschaltet wird. Dabei verlängert sich die kleinbildäquivalente Brennweite in der Regel um den Faktor 1,5 und die Pixelzahl reduziert sich um den Faktor 2,3 – bei der Nikon Z7 werden so beispielsweise aus 45,4 rund 19,5 Megapixel. Eine 61-Megapixel-Kamera wie die Sony Alpha 7R IV oder die neue Sigma fp L erreichen noch 26,2 Megapixel mit APS-C-Crop.

Im Folgenden stellen wir Ihnen die neue Sigma fp L im Detail vor – die Vergleichs-Kameras in der Tabelle (Download der Tabelle am Ende des Artikels) hatten wir bereits in früheren fotoMAGAZIN-Ausgaben ausführlich getestet. Lohnen kann sich übrigens auch der Blick auf das Mittelformat. Fujifilm bietet 50 Megapixel schon zu Straßenpreisen ab 3500 Euro (GFX50R) und 100 Megapixel ab 6000 Euro (GFX100S) an.

Die Sigma fpL erreicht eine hervorragende Bild­qualität, hat aber in anderen Bereichen deutliche Schwächen.

Andreas Jordan, Technik-Redakteur

Die Ungewöhnliche Sigma fp L

 
Sigma fp L top

Sigma fp L mit Sucher. Die Belichtungsmodi werden über die Mode-Taste gewählt, für Tonwertkurve und Farbprofile existieren eigene Knöpfe.

Foto: © Andreas Jordan

Die fp L ist Sigmas zweite Kamera für das in Kooperation mit Leica und Panasonic betriebene L-System. Dabei ist der Hersteller seinem ungewöhnlichen Konzept treu geblieben: Die Neue sieht – mit Ausnahme des eingravierten „L“s – exakt aus wie ihr Schwestermodell Sigma fp mit 24 Megapixeln, das im November 2019 auf den Markt kam. Zusammen mit diesem kann Sigma nach wir vor für sich verbuchen, die kleinsten und leichtesten Vollformatkameras zu bauen.

Dem am nächsten kommt Sonys Alpha 7C, die allerdings im etwas größeren Gehäuse Sucher, Blitzschuh, Bildstabilisator und einen Griff unterbringt. Die fp L ist dagegen zunächst nur ein nicht sehr handlicher Block, der sich durch Zubehör erweitern lässt. So bietet Sigma den Sucher EVF-11 für rund 650 Euro an – wer will kann ihn auch im Kit mit der Kamera kaufen, dann schlägt er nur noch mit zusätzlichen 500 Euro zu Buche (Kit: 2800 Euro). Er wird seitlich montiert und dockt an die USB-C- und HDMI-Schnittstellen der Kamera an.

Sigma fp L: Ausstattung

Der Sucher der Sigma fp L hat eine eigene USB-Buchse, an die sich eine externe SSD für die Videoaufnahme anschließen lässt. Leider lässt sich die Kamera über die USB-Schnittstelle am Sucher nicht laden oder mit Dauerstrom versorgen – das gelingt nur über die USB-Buchse an der Kamera. Da der Kamera keine Ladeschale beiliegt, muss man den Sucher zum Laden demontieren. Sinnvoller ist es gleich ein zusätzliches Ladegerät zu kaufen. Der Sucher bringt außerdem eine Kopfhörerbuchse mit; die Kamera ist nur mit einem Mikrofonanschluss ausgestattet, der sich auch nutzen lässt, wenn der EVF-11 montiert ist.

Der OLED-Sucher hat eine starke Vergrößerung von 0,83x und eine Auflösung von 3,68 Millionen Punkten und hat uns im Test gut gefallen. Ein echter Pluspunkt ist, dass er sich für bodennahe Aufnahmen um 90 Grad nach oben klappen lässt. Vermisst haben wir dagegen eine automatische Umschaltung zwischen EVF und Monitor per Augensensor. Anders als der Sucher ist der Monitor nicht schwenkbar, mit einer Diagonalen von 3,2 Zoll aber groß und hochauflösend (2,1 Mio. Punkte). Er ermöglicht auch die Touch-Steuerung, wie das Setzen des AF-Messfeldes, aber keine Menü-Bedienung.

Blitz und Sucher lassen sich nicht gemeinsam nutzen

Wer blitzen will, kann ebenfalls seitlich einen optionalen Blitzschuhadapter anbringen. Problem: Blitz und Sucher lassen sich nicht gemeinsam nutzen. Um mit der fp L aus der Hand zu fotografieren, empfiehlt sich außerdem ein optionaler Griff – zur Auswahl stehen der kleine HG-11 für 67 Euro und der größere HG-21 mit Bodenplatte für ca. 110 Euro. Der Vorteil des modularen Systems ist, dass sich die Kamera je nach Einsatzbereich anpassen lässt. Für die Verwendung mit einer Drohne ist beispielsweise die „nackte“, besonders leichte Kamera am besten geeignet und auch beim Videodreh auf einem Gimbal, in einem Rig oder im Studio vom Stativ kann man eventuell auf Griff und Sucher verzichten.

Fotografische Funktionen der Sigma fp L

Wasserfall

Die fp L lässt sich mit einem prominent platzierten Schalter zwischen Video und Foto umstellen und zeigt die jeweils passenden Menüs an. Gut zu sehen sind die Kühlrippen.

Foto: © Sigma

Das kann die Sigma fp L

Auch bei den inneren Werten geht Sigma eigene Wege. So verzichtet die Kamera nach wir vor auf einen mechanischen Verschluss und ersetzt diesen durch einen elektronischen, der das lautlose Auslösen und recht kurze Belichtungszeiten bis zu 1/8000 s erlaubt. Nachteil: Der Sensor lässt sich nicht schnell genug auslesen, um mit kurzen Zeiten zu blitzen. Gegenüber der fp hat sich die kürzeste Blitzsynchronzeit sogar noch von 1/30 s auf 1/15 s verschlechtert, bei Raws mit 14 Bit ist nur 1/10 s mit Blitz möglich. Doch auch wenn man nicht blitzt, kann sich der fehlende mechanische Verschluss negativ auswirken, beispielsweise durch Rolling-Shutter-Effekte oder Banding.

Wichtigste Verbesserung: der Autofokus

Neben dem höher auflösenden Sensor dürfte der neue Autofokus die wichtigste Verbesserung sein. Statt des recht langsamen Kontrast-AF der fp kommt nun ein Hybrid-AF mit Phasendektions-Pixeln auf dem Bildsensor zum Einsatz. Die reine Auslöseverzögerung mit Einzel-AF ist sehr kurz, die AF-Nachführung im Serienbildmodus ist dagegen nach wie vor deutlich verbesserungsbedürftig. Ansonsten bleibt es bei 49 wählbaren AF-Messfeldern, einer Gesichts- und Augenerkennung und einer Empfindlichkeit bis -5 EV.

Die Empfindlichkeit des Sensors lässt sich mit einem Trick auf bis zu ISO 6 senken, was in manchen Situationen den ND-Filter einsparen kann. Dabei werden mehrere Belichtungen miteinander verrechnet. Voraussetzung hierfür ist ein Stativ.

Weitere fotografische Stärken der fp L

Zu den Stärken zählen zahlreiche Bracketing-Optionen (Helligkeit, Fokus, Weißabgleich, Farbmodus, Fill-Light), ein HDR-Modus, Intervallaufnahmen, verschiedene Seitenverhältnisse (von quadratisch bis 21:9), eine 3D-Wasserwaage und der integrierte Raw-Konverter. Einen mechanischen Bildstabilisator hat die fp L, im Gegensatz zu den meisten Konkurrenzmodellen, nicht. Äußerst ungewöhnlich ist, dass Sigma auf die Integration von WLAN verzichtet hat und somit keine Steuerung durch ein Smartphone möglich ist. Ein Schwachpunkt ist auch die Akkulaufzeit mit lediglich 240 Aufnahmen pro Ladung.

Rolling Shutter Effekt beim Auto

Mit Hilfe von Mehrfachbelichtungen lässt sich in der fp L ein ISO-Wert von 6 simulieren und so auch bei Tageslicht lange belichten – hier mit 13 s. Die Aufnahme entstand in dem neuen Farbmodus „Powder Blue“. Kamera: Sigma fp L. Objektiv: Sigma 2,8/24-70 mm DG DN. Einstellungen: f/16, ISO 6, 13 s, 70 mm.

Foto: © Andreas Jordan

Sigma fp L als Videokamera

Nicht zuletzt ist die fp L eine Videokamera. Ungewöhnlich ist, dass sie Raw-Video im CinemaDNG-Format aufnehmen kann. Das bedeutet, dass 24 oder 25 einzelne DNG-Dateien pro Sekunde mit 4K-Auflösung (3840 x 2160 Pixel) auf die Speicherkarte geschrieben werden. Alternativ kann die Kamera auch im herkömmlichen MOV-Format mit H.264-Komprimierung und bis zu 30p aufzeichnen – wahlweise mit Gruppen- (GOP) oder Einzelbildkomprimierung (All-I).

In Full-HD sind bis zu 120p möglich. Bei der internen 4K-Aufzeichnung in CinemaDNG beträgt die Farbtiefe 8 Bit, bei Full-HD bis zu 12 Bit. Erfreulicherweise steht bei 4K der volle Bildwinkel zur Verfügung. Wer will, kann aber auch einen Crop-Modus aktivieren und so bspw. mit 2,5facher Vergrößerung einen 3840 x 2160 Pixel großen Teil des Sensors auslesen. In Full-HD ist sogar ein 5facher Digitalzoom möglich. Naturgemäß cropt die Kamera außerdem, wenn der elektronische Bildstabilisator zugeschaltet wird. Erfreulich ist, dass es kein 30-Minuten-Limit gibt.

Der Autofokus funktioniert bei viel Licht auch im Video gut, bei wenig Licht pumpt er aber nach wie vor deutlich. Eine weitere Spezialität ist der Modus „Director‘s Viewfinder“, der Seitenverhältnisse und Bildwinkel bekannter Kino-Kameras von Arri, Red oder Sony simuliert. Weitere professionelle Videofunktionen sind Timecode, Zebra und die Angabe der Belichtungszeit als Umlaufblende in Grad. Die Kamera kann außerdem Cinemagraphs erstellen, also Videos, in denen sich nur ein Teil des Bildes bewegt. Ein echter Pluspunkt ist, dass sich die fp L ohne Zusatz-Software per USB-C als Webcam nutzen lässt – das können aktuell nur sehr wenige Kameras.

Sigma fp L  im Labor: sehr hohes Niveau bei der Bildqualität

Die Sigma fp L schießt im Serienmodus bis zu 10 Bilder/s. Was sich erst einmal gut anhört hat allerdings einige Haken. Zunächst ist der Pufferspeicher recht klein: Die Kamera wird bereits nach 16 JPEGs oder 13 Raws langsamer. Zum anderen wird im schnellsten Serienbildmodus der Autofokus nicht nachgeführt. Hierfür muss man in den zweiten Serienmodus wechseln, der mit Einzel-AF ca. 5 Bilder/s auf die Speicherkarte bannt, mit aktiviertem AF-C haben wir aber nur noch 2,3 Bilder/s gemessen.

Ein weiterer Schwachpunkt sind die langen Speicherzeiten. Bis eine Raw-Serie mit 12 Aufnahmen (bei 5 Bilder/s) auf einer UHS-II-SD-Karte gespeichert war und angezeigt werden konnte, vergingen im Test 21 Sekunden. Eine Action-Kamera ist die fp L also sicher nicht.

Der elektronische Verschluss kann bei schnellen Bewegungen zu Verzerrungen durch den Rolling Shutter-Effekt führen.
Kamera: Sigma fp L. Objektiv: Sigma 2,8/24-70 mm DG DN. Einstellungen: f/2,8, 1/2000 s, ISO 200, 70 mm.

Foto: © Andreas Jordan

Im DCTau-Labortest wollten wir natürlich wissen, wie gut die neue Sigma ihre 61 Megapixel in echte Auflösung umsetzen kann. Im unteren ISO-Bereich muss sie sich dabei der Sony Alpha 7R IV geschlagen geben. Während Sony bei ISO 100 einen Wirkungsgrad von 95,7 % erreicht, sind es bei der fp L maximal 81,8 % bei ISO 200 – was wohl auch daran liegt, dass Sigma (anders als Sony) ein auflösungsdämpfendes Tiefpassfilter verwendet. Dafür sinkt der Wirkungsgrad über den ISO-Bereich nur langsam und bleibt selbst bei ISO 25.600 bei über 70 %. Damit hat die fp L ab ISO 6400 einen höheren Wirkungsgrad als die Alpha.

Beim Bildrauschen hinterlässt die fp L einen guten Eindruck. Zwar sind die Rauschwerte in den unteren ISO-Stufen etwas höher als bei Sony, aber nicht störend. Ab ISO 1600 rauscht die fp L sogar weniger. Besser als die Alpha schneidet die Sigma-Kamera auch bei der Artefaktnote ab (2,5 statt 4,0) – das Tiefpassfilter lässt grüßen. Unter dem Strich erreicht die fp L bei der Bildqualität ein sehr hohes Niveau. Dass die Alpha 7R IV am Ende gut einen Prozentpunkt besser abschneidet, liegt vor allem daran, dass sie einen Bonuspunkt für den Multishot-Modus bekommt, der es ermöglicht, im Raw-Konverter Dateien mit 199 Megapixeln zu erstellen.

FAZIT

In mancher Hinsicht ist die Sigma fp L eine hervorragende Kamera. Sie erreicht in den hohen ISO-Stufen sogar eine bessere Bildqualität als die andere 61-MP-Kamera, die Sony Alpha 7R IV – und das zum deutlich günstigeren Preis. Auch als Videokamera macht sie eine gute Figur.

Auf der anderen Seite hat sie einige starke Einschränkungen:
Mit montiertem Sucher ist sie unhandlich und lässt sich nicht laden, Sucher und Blitz lassen sich nicht gemeinsam nutzen, es fehlt ein mechanischer Verschluss, was vor allem beim Blitzen Einschränkungen mitbringt und zu Rolling-Shutter- und Banding-Artefakten führen kann. Nachführautofokus und Speicherzeiten sind relativ langsam und auch auf eine Steuerung oder Bildübertragung per Wi-Fi muss der Käufer verzichten.

Als klassische Allround-Fotokamera ist sie damit wenig geeignet. Wer allerdings für Einsätze im Studio oder bei Landschaftsaufnahmen vom Stativ eine preiswerte, extrem hochauflösende Kamera sucht, sollte die fp L in Erwägung ziehen. Weitere sinnvolle Einsatzgebiete können das Fotografieren und Filmen mit einer Drohne sein.

Im gesamten Testfeld der hochauflösenden Kameras hat die Canon EOS R5 die Nase vorn, der es am besten gelingt, eine hohe Auflösung mit niedrigem Rauschen und hoher Geschwindigkeit zu kombinieren. Der Preistipp geht an die Nikon Z7 II.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Canon EOS R5, Leica SL2, Nikon Z 7II, Panasonic Lumix S1R, Sigma fp L, Sony Alpha 1, Sony Alpha 7R IVA).

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 9/2021 erschienen.

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