Bernd Aufderheide: Geschäftsführer der Hamburg Messe über die Photopia 2023

Vom 21. bis 24. September feierte Hamburg mit der Photopia zum dritten Mal ein Festival of Imaging und machte die Hansestadt erneut zur zentralen Plattform der Foto- und Videografie in Deutschland. Wir sprachen mit Bernd Aufderheide, dem Geschäftsführer der Hamburg Messe, über das Erfolgsrezept und die Ambitionen des Groß-Events.

Manfred Zollner

Manfred Zollner

Chefredakteur fotoMAGAZIN

Manfred Zollner interviewt Bernd Aufderheide vor Containern auf der Photopia 2023

Bernd Aufderheide (re.) auf der Photopia 2023 im Gespräch mit Manfred Zollner.

Foto: © Ricarda Szola

Interview: Manfred Zollner

fotoMAGAZIN: Wie hat sich die Photopia über die drei bisherigen Ausgaben aus Ihrer Perspektive entwickelt?

Bernd Aufderheide: Total positiv! Wir haben jetzt knapp 130 Aussteller auf dem Festival. Das erscheint zunächst mal nicht wie eine beeindruckende Zahl. Doch alle, die gerade im Bereich Kamera/Video unterwegs sind, sind da. Wir haben auch die ganzen Objektivhersteller. Und nun kommt immer mehr im Bereich der zusätzlichen Technik, wie z. B. Adobe, dazu.

Es war auch unser Ziel, dass wir die Gesamtbandbreite des Imaging hier abbilden. Das gelingt von Jahr zu Jahr besser. 2021 hatten wir noch eine Zuschauer-Kontingentierung und Maskenpflicht, wir mussten „Einbahnstraßen“ bauen, damit sich die Leute nicht begegneten. Selbst 2022 war das noch ein wenig so. Diesmal konnten wir seit Mai wieder Messen in Hamburg machen und haben einen besseren Vorlauf.

Wir haben von vornherein unser Konzept durchgezogen. Uns geht es darum, zu zeigen, das ein Thema wie „Imaging“ einfach andere Rahmenbedingungen braucht. Wir haben lange darüber nachgedacht, wie wir das hinkriegen. Wie können wir ausreichend die Business-to-Business-Komponente bespielen?

Wir freuen uns sehr, dass z. B. Canon seine Händler aus der gesamten DACH-Region hier hat. Das machen viele andere auch. Ganz bewusst haben wir den Eröffnungstag als B2B-Tag ausgerufen. Es geht uns darum, dass die Profifotografen, Fotografen und eben auch der Handel hier noch stärker präsent sein werden. Weil ihnen hier das geboten wird, was sie brauchen. Wir sind sicherlich auch noch in einer Findungsphase.

fotoMAGAZIN: Es sind diesmal auch Firmenvertreter aus Japan hier, die genau beäugen, was hier passiert. Die Messe zeigt wiederum durchaus Ambitionen, die Photopia als Europa-Event zu installieren. Was ich mir eher schwierig vorstelle in der Zeit, in der sich vieles immer mehr dezentralisiert. Was macht Sie hoffnungsvoll, dass das machbar ist?

Bernd Aufderheide: Wir sind ja gerne mal ein bisschen in die Fußstapfen der alten photokina gepresst worden, was ich persönlich nie angenommen habe. Die photokina war eine super Messe, die ihre Zeit hatte. Wir brauchen jetzt andere Präsentationsformen.

Ich sehe die Region – deswegen würde ich nie sagen, in einem realistischen Zeitrahmen könne man der Photopia einen internationalen, wirklich globalen Status geben. Das wäre völlig vermessen. Aber ich schau mir auch die Bandbreite von Veranstaltungen an, die es in Europa gibt. Dann ist es nach wie vor so: Wir haben hier in Deutschland den stärksten Binnenmarkt Europas. Das ist für die Aussteller wichtig.

Wir haben zudem jetzt Schritt für Schritt unsere Repräsentanten-Netzwerke in Europa eingesetzt, ebenso unsere Ansprache an europäische Verbände. Den Photoindustrie-Verband haben wir vom ersten Moment an als Partner zur Seite und nun wollen wir Schritt für Schritt dieses Netzwerk ausbauen.

„Wir haben uns gesagt, in ca. fünf bis sechs Jahren nach dem Start müsste man eigentlich auch dieses europäische Klima spüren.“

Sie sprachen eben bereits die japanischen Gäste an: Ich war zusammen mit Rainer Führes von Canon im Frühjahr bei der CP Plus-Messe in Japan. Dort wurden wir von Canon, Sony, Panasonic usw. empfangen. Wir haben das Konzept Photopia und die Idee dahinter vorgestellt und ich bin total beeindruckt, dass schon zu einem so frühen Zeitpunkt die dortigen Headquarters sagen: „Schaut euch das bitte mal an!“

Wir haben nun extra für diese Zielgruppe am zweiten Messetag einen Empfang durch unser japanisches Generalkonsulat. Das ist auch eine Wertschätzung. Und so „basteln“ wir an diesem Konzept einer europäischen Plattform immer weiter.

fotoMAGAZIN: Sie waren früher bereits Mitgestalter des alten Messe-Modells der photokina in Köln. Was hat sich seitdem verändert? Und helfen Ihnen Ihre alten Connections heute noch?

Bernd Aufderheide: Ich bin jetzt seit 20 Jahren hier in Hamburg, davor war ich vier Jahre in Köln für die photokina zuständig. Interessanterweise gibt es nach wie vor noch einige aus der Zeit, die immer noch in der Branche sind, heute in anderen Funktionen. Rainer Führes war damals fürs Marketing bei Canon zuständig. Heute ist er Deutschland-CEO der Firma. Da bekommt man relativ schnell wieder einen Draht.

Der Vorstand des Photoindustrie-Verbands, Christian Müller-Rieker, hat früher auch die photokina unterstützt. Das trifft sich schon wieder alles gut. Und das hängt aber auch damit zusammen, dass ich einfach persönlich auch die Fotografie liebe. Es macht wahnsinnigen Spaß! Persönlich bin ich da etwas „stehengeblieben“ und fotografiere nach wie vor analog.

„Ich persönlich fotografiere nach wie vor analog.“

fotoMAGAZIN:  Die Analogfotografie ist doch wieder total im Trend ...

Bernd Aufderheide: Ja, hier auf der Messe gibt es dafür das Khromeland. Und weil es auch eine sehr offene Branche ist, hast du ganz viele Leute auch ganz schnell wieder eingefangen in der Community.

fotoMAGAZIN: Was kann jetzt die Stadt Hamburg dazu beitragen, dass diese Messe wächst und hier stark präsent ist?

Bernd Aufderheide: Also ich ich will da gar nicht übertreiben, aber ich darf sagen, dass Hamburg schon auch einen guten Ruf als Stadt der Fotografie hat.

Wir haben hier mit den Deichtorhallen ein Haus der Fotografie. Wir haben gute Gespräche geführt mit unserem Kultursenator. Daraus ist wieder etwas gewachsen. Sie können jetzt während der Photopia-Tage mit unserer Eintrittskarte das Bucerius Kunstforum besuchen, das sich auch auf das Thema Fotografie konzentriert, und auch noch weitere Museen.

fotoMAGAZIN: Kann die Kooperation noch mehr vernetzt werden? Ich sehe großes Potenzial, dass zeitgleich zur Messe auch Fotoausstellungen in der ganzen Stadt starten.

Bernd Aufderheide: Das habe ich mir ehrlich gesagt auch ein bisschen leichter vorgestellt, wenn man jetzt weiß, dass wir vor drei Jahren begonnen haben. Museen und Galerien haben natürlich auch ihre Zyklen und planen Jahre vorher. Die können nicht einfach eine Ausstellung unterbrechen.

Insofern geht es uns darum, hier langfristig den Fuß in die Tür zu bekommen. Wir haben ihn jetzt auch drin. Es geht jetzt Stück für Stück weiter. Die Bereitschaft aus der Politik ist sehr, sehr hoch. Unser Kultursenator ist gleichzeitig auch Senator für Digitales. Insofern passt das auch in das Thema „Künstliche Intelligenz“ und das Thema Start-ups, auch in diesem Bereich der Kunst. Man hat hier wirklich gute Ansprechpartner.

fotoMAGAZIN: Sie hören Ende des Jahres auf. Was hinterlassen Sie als Vermächtnis mit der Photopia?

Bernd Aufderheide: Vermächtnis finde ich ein bisschen zu hochgegriffen. Es würde mich freuen, wenn anerkannt und gesehen wird, dass wir ja als Hamburg Messe ein Projekt in einer schwierigen Zeit angestoßen haben. Ich meine nicht nur Corona. Bisweilen wird ja die klassische Imaging Branche fast schon totgeredet.

Ich glaube, wir zeigen hier alle zusammen, dass das Imaging und auch die klassische Fotografie quicklebendig sind. Und wenn das erkannt, weiter unterstützt und ausgebaut wird, dann sitze ich in Ruhe in meinem Ruhestandstuhl.

„Wir zeigen hier alle zusammen, dass das Imaging und auch die klassische Fotografie quicklebendig sind.“

fotoMAGAZIN: Glauben Sie, dass in Berlin noch einmal Konkurrenz zur Photopia erwächst?

Bernd Aufderheide: Ganz ehrlich, ich kann mir das nicht vorstellen. Ich glaube, Berlin ist zu vielschichtig. Dort sind so viele Themen, selbst, wenn man jetzt sagt, wir machen auch noch ein bisschen Imaging. Bei meinem ersten Gespräch 2020 bei Canon in Krefeld hieß es: Differenziert euch von anderen!

Und wir haben gesagt: Ihr seid bei uns nicht eine von 30 Messen, sondern wir konzentrieren uns. Und diese Konzentration und Aufmerksamkeit garantieren wir euch. Und das ist etwas, das andere Städte in dem Maße nicht machen, weil sie ein viel zu breit gefächertes Interessen-Spektrum haben.

fotoMAGAZIN: Wenn Sie jetzt die Hauptzielgruppe der Photopia benennen müssten, wie würden Sie diese beschreiben?

Bernd Aufderheide: Also eine richtige Hauptzielgruppe gibt es nicht. Wenn ich mir die Besucher-Analyse der ersten beiden Jahre anschaue, dann ist sicherlich der Hobbyfotograf und interessierte Enthusiast der größte Teil der Besucher.

Aber es geht uns ja auch darum, dass wir im Bereich der Fotografie die Profis haben. Und es geht uns darum, dass wir den Handel heranholen – das ist so dramatisch wichtig. Wir führen Gespräche mit den unterschiedlichen Händler-Kooperationen, um auch Synergien für alle Beteiligten zu schaffen.

Der Business-to-Consumer-Bereich ist uns sehr wichtig. Einfach alle Menschen, die Freude am Bild, am Bildermachen haben. Und, wie Rainer Führes, der Canon-CEO, sagt: Das Handy ist kein Wettbewerber dazu. Wir freuen uns, wenn Leute das Bild als Kommunikationsmedium nutzen.

fotoMAGAZIN: Eine Frage wäre allerdings, ob künftig große Smartphone-Hersteller auf der Messe vertreten sein werden ...

Bernd Aufderheide: Die müssen wir noch ein bisschen überzeugen. Das sind alles große Konzerne und die haben eine etwas andere Auffassung, wo sie ihre Marketing-Gelder einsetzen. Ich glaube aber, auch das wird uns gelingen.

Gerade bei dem Thema Kommunikation setzen wir zu über 80 Prozent auf digitale Kommunikation. Daher muss das für diese Gruppen auch interessant sein. Da muss man weiter dran arbeiten.

Die Smartphone-Hersteller müssen wir noch ein bisschen überzeugen.“

fotoMAGAZIN: Noch eine Frage zur Künstlichen Intelligenz, die ein großes Thema der Photopia ist. Wird das Thema auf der Messe in den nächsten Jahren zunehmend größer?

Bernd Aufderheide: Also ganz grundsätzlich: Wir haben hier in Hamburg den AI.FUND. Das ist die Privatinitiative von zwei Menschen, die jetzt hier für Hamburg dieses Thema ausprobieren. Mit ihnen haben wir uns verständigt. Anfang des Jahres war die Internorga, eine Fachmesse für Gastronomie und Hotellerie. Da haben wir mit ihnen das erste Mal hier ein KI-Center integriert, um diejenigen abzuholen, die vielleicht noch zweifeln, was jetzt KI mit Gastronomie zu tun hat. KI ist überall!

Mit dem AI.FUND haben wir eine Kooperation für zwei oder drei Jahre abgeschlossen: Jede unserer Messen bekommt ein KI-Center. Das wird für die jeweilige Branche aufbereitet, mit den passenden Start-Ups und passenden Vorträgen dazu. Ich hoffe, das wird weiterwachsen. Man wird sich noch wundern, welche Entwicklungen da noch kommen.

fotoMAGAZIN: In diesem Sinne: vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview wurde am 21. September während der Photopia 2023 aufgezeichnet.

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