Nicht wenige Fotografen warten mit dem Wechsel auf ein neues Aufnahmesystem, bis es „echte“ Teleobjektive dafür gibt: also viel Brennweite ohne Adapterlösung. Deshalb wird das RF 4,5-7,1/100-500 mm L IS USM auf ganz besonderes Interesse stoßen, da es zum Testzeitpunkt das erste richtig lange Telezoom für Canon RF darstellte.
Solche Fragen hat Olympus für das Micro-Four-Thirds-System (MFT) schon lange beantwortet, dennoch kommt das M.Zuiko Digital ED 4,5/150-400 mm TC1.25x IS Pro, ein Zoom mit eingebautem Telekonverter.
Damit war Olympus – nach Canon mit dem EF 4/200-400 mm L IS USM Ext. 1,4x und dem Nikon AF-S Nikkor 4/180-400 mm E TC1,4 FL ED VR (Test in fM 6/2018) – zum Testzeitpunkt der dritte Hersteller, der einen Telekonverter in ein Objektiv integriert.
Die Vorteile: Der Konverter ist sofort einsetzbar ohne Zeitverlust durch An- oder Absetzen und gleichzeitig kann keine Nässe oder Staub eindringen. Insbesondere Tier-, Natur- und Sportfotografen profitieren von dieser Technik. Im BAS-Digital-Test haben wir das Tele-Duo ausführlich geprüft.
Telezoom mit Bremse
Das Canon RF 100-500 mm ist als L-Objektiv wettergeschützt und mit Ventilen und Filtern gegen Staub abgedichtet. Der Zoommechanismus sorgt für ein Ausfahren des Objektivs und besitzt den aus dem EF 100-400 mm bekannten Bremsring, der die Verstellung leicht- oder schwergängig macht.
Mangels einer Skala fällt es schwer, eine passende mittlere Einstellung zu finden. Sein Image Stabilizer schafft laut Canon bis zu 5 EV auf fünf Achsen, mit Kamera sind es 6 EV. Beim Handling erinnert das RF an die SLR-Objektive, wobei der zusätzliche Multifunktionsring diverse Einstellungen vornehmen lässt.
Optisch zeigt das Canon-Zoom eine sehr hohe Auflösung bei 100 und 200 mm ab der Anfangsöffnung. Nur bei 500 mm lohnt es sich, tele-typisch um eine Stufe abzublenden, um einen sehr guten Wert zu erreichen; viel weiter sollte nicht abgeblendet werden. Überraschend hochklassige Ergebnisse liefert das 100-500 mm bei der Randabdunklung sowie der Verzeichnung in der kurzen Brennweite. Mit steigender Brennweite wird sie dann kissenförmig sichtbar.
Erstklassige Mechanik
Olympus hat in das 150-400 mm mit Konverter nahezu alles hineingepackt, was der Technikschrank so hergibt. Im Gegensatz zum noch jungen und schwarz lackierten ED 5-6,3/100-400 mm IS (Test in fM 9/2020) hat der Neuling ein weißliches Finish erhalten.
Es soll das Sonnenlicht reflektieren, um einen Temperaturanstieg im Inneren zu verringern und wirkt natürlich hochprofessionell. Der integrierte Konverter wird mit einem Finger der rechten Hand per (arretierbarem) Hebel in den Strahlengang ein- oder ausgeschwenkt. Dadurch deckt das Zoom den Brennweitenbereich von 300-1000 mm entsprechend Kleinbild ab.
In Kombination mit dem optionalen 2-fach-Telekonverter MC-20 sind sogar bis zu 2000 mm Brennweite inklusive AF möglich.
Sehr eindrucksvoll ist die äußerst kurze Nahgrenze von 1,3 m über den gesamten Zoombereich, die Aufnahmen mit einer maximalen Bildvergrößerung von 0,57x (entsprechend KB) erlaubt, die vom Konverter auf 0,71x erhöht wird. Da ist es gut, dass der Fokussierbereichsbegrenzer nicht nur einen Fernbereich, sondern auch den Nahbereich bis sechs Meter beschränken kann.
Unverzichtbar ist der Bildstabilisator, der den 5-Achsen-Sync-IS unterstützt und unter optimalen Bedingungen bis zu acht Lichtwert-Stufen ausgleicht. So sind – auch dank des vergleichsweise geringen Gewichts – Freihandaufnahmen mit dem Supertele möglich.
Da auch die weitere Ausstattung wie die gummierten Fronten an Objektiv und Carbon-Streulichtblende, der erstklassig ausgeführte Stativring oder die Schalter absolut professionellen Ansprüchen genügen, sammelt das Zoom die volle Mechanik-Punktzahl ein.
Telezoom mit sehr hoher Auflösung
Im Labor macht das Olympus-Zoom ebenfalls eine starke Figur. Wir haben es mit und ohne Konvertereinsatz durchgemessen. Ohne Konverter ist die Auflösung bei allen drei gemessenen Brennweiten sehr gut bis ausgezeichnet und benötigt kein Abblenden zur Leistungssteigerung, Blende f/4,5 steht also ohne Einbußen zur Verfügung.
Mit Konverter sieht es auf leicht geringerem Niveau ähnlich aus, lediglich bei Anfangsbrennweite 188 mm geht die Auflösung bei f/8 noch nach oben, dann lässt sie ebenfalls kontinuierlich nach.
Bei der Randabdunklung fällt nur die längste Brennweite jeweils sichtbar auf, Abblenden lässt den Effekt nahezu verschwinden. Noch besser korrigiert ist die Verzeichnung, die zu vernachlässigen ist.
„Beide Telezooms sind für den engagierten Fotografen eine hervorragende Wahl.“
FAZIT
Zugegeben, der Canon-Fotograf hat im RF-System bislang eh keine andere Telezoomauswahl. Dennoch wird er das RF 100-500 mm gerne einsetzen. MFT-Fotografen haben eine Auswahl und nun mit dem 150-400 mm TC1.25x eine Topadresse, sowohl in optischer als auch in technischer Hinsicht.
Doch auch hier gilt wie bei den Konverterzooms von Canon und Nikon: Die beste Leistung liefert das Grundobjektiv; erst wenn die Brennweite nicht mehr ausreicht, sollte der Konverter zugeschaltet werden. Beide Objektive erhalten das Prädikat "Super".
> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test.
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 3/2021 erschienen.
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