Im Test: Canon EOS 90D

Nach der EOS 250D brachte Canon 2019 mit der EOS 90D bereits die zweite Spiegelreflexkamera auf den Markt. Die spannendste Entwicklung dürfte die neue Sensorgeneration sein, die mit 32,5 Megapixeln eine Rekordauflösung im APS-C-Segment erreicht. Ob sich das wirklich positiv auf die Bildqualität auswirkt, zeigt unser Vergleichstest.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Canon EOS 90D

Mit Akku bringt die EOS 90D 701 Gramm auf die Waage.

Foto: © Canon

Die Kameras der zweistelligen EOS-Serie gehören bei Amateurfotografen zu den populärsten Canon-SLRs. Sie bringen bereits viele Funktionen mit, die aus teureren Kameras bekannt sind – beispielsweise den großen Glasprisma-Sucher, den schnellen Verschluss (1/8000 s) und das Schulterdisplay – sind aber trotzdem mit Preisen zwischen 1000 und 1300 Euro auch für Amateure mit mittlerem Geldbeutel erschwinglich.

Die Bedienfreundlichkeit der EOS 90D

Das Bedienkonzept ändert sich von Generation zu Generation nur leicht und so dürften sich Canon-Fotografen auch bei der EOS 90D sofort zurechtfinden. Neu gegenüber der Vorgängerin EOS 80D ist der Joystick (alias Multicontroller 1) in Daumennähe. Er bietet vor allem beim Verschieben des AF-Messfeldes Vorteile, kann aber auch zur Menü-Navigation genutzt werden kann.

Unnötig umständlich ist, dass man das Verschieben des Messfeldes erst über die AF-Messfeldwahl-Taste aktivieren muss. Das Schnellwahlrad auf der Rückseite wurde etwas modifiziert, was unseres Erachtens aber nicht optimal gelungen ist, da die in das Wahlrad integrierte Wippe (alias Multicontroller 2) höher steht und so die Bedienung des Rads erschwert. Bei der professionellen EOS 7D Mark II ist das besser gelöst.

Canon EOS 90D

EOS 90D mit Kitobjektiv 3,5-5,6/18-135 mm IS Nano USM: Das robuste Kameragehäuse aus Aluminium und glasfaserverstärktem Polykarbonat ist gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser geschützt.

Foto: © Canon

Ansonsten ist das Bedienkonzept der neuen Canon-Kamera sehr gelungen. Der dreh- und schwenkbare Monitor ist gegenüber der EOS 80D unverändert und ermöglicht eine perfekt umgesetzte Touchscreen-Bedienung. Auch beim Sucher ist nichts neu: Er liefert ein großes 100-%-Bild – wenn auch nicht ganz so groß wie bei der EOS 7D Mark II. Im Sucher und auf dem Monitor lässt sich eine 2D-Wasserwaage einblenden.

Das ist neu bei der Canon EOS 90D

Neben dem 32,5-Megapixel-Bildsensor bringt die EOS 90D zahlreiche weitere Verbesserungen gegenüber der EOS 80D mit. Beim Autofokus scheint sich auf den ersten Blick nicht viel getan zu haben: Der Sucher-AF nutzt nach wie vor 45 Messfelder, die bei Objektiven ab einer Lichtstärke von 1:5,6 als Kreuzsensoren funktionieren. Bei Lichtstärke 1:8 (also bspw. dem Einsatz von Konvertern) stehen immerhin noch 27 Messfelder (davon 9 Kreuzsensoren) zur Verfügung.

Die Empfindlichkeit reicht bis -3 EV und es werden horizontal 62 % und vertikal 48 % des Bildfeldes abgedeckt. Neu ist der Spot-AF, der eine noch präzisere Fokussierung auf einen sehr kleinen Bereich ermöglicht. Außerdem hat Canon den Belichtungssensor verbessert, der nun 220.000 statt 7560 Pixel mitbringt und damit in der Lage ist, den Autofokus im Sucherbetrieb mit einer Gesichtserkennung zu unterstützen.

Canon EOS 90D

Der Monitor lässt sich in die Selbstportrait-Position ausklappen.

Foto: © Canon, Monitorbild: © A.J.

Die 90D im Live-View

Im Live-View kommt Canons „Dual Pixel CMOS AF“ (DPAF) zum Einsatz, der mit Hilfe von splitbaren Doppelpixeln eine Phasen-Detektion durchführen kann. Er deckt einen deutlich größeren Bereich ab, als der Sucher-AF, nämlich 88 % horizontal und 100 % vertikal. Es lassen sich bis zu 5481 Messfelder anwählen und die Empfindlichkeit reicht sogar bis -5 EV.

Der Live-View-AF beherrscht nicht nur eine Gesichts-, sondern auch eine Augenerkennung, die Canon gegenüber der EOS 80D verbessert hat – in unserem Test reagierte sie schnell und zuverlässig. Im Live-View kann die EOS 90D neben dem mechanischen einen elektronischen Verschluss nutzen, der die kürzeste Verschlusszeit von 1/8000 s auf eine 1/16.000 s verbessert und das lautlose Auslösen ermöglicht. Nachteile: Blitz und Serienbildmodus sind mit E-Verschluss deaktiviert.

Die 90D kann Fokus-Bracketing

Zu den Neuheiten gehört auch das erstmals in der EOS RP eingeführte Fokus-Bracketing, das im Live-View-Modus zur Verfügung steht: Bis zu 999 Bilder mit feinen Schärfe-Abstufungen lassen sich mit elektronischem Verschluss aufnehmen und hinterher beispielsweise mit Canons Raw-Konverter Digital Photo Professional zu einem Bild mit maximaler Schärfentiefe zusammensetzen. Weitere Funktionen der EOS 90D sind der integrierte Raw-Konverter, eine Option für AF-Feintuning, ein HDR-Modus, Mehrfachbelichtungen und Wi-Fi mit Bluetooth.

Aufnahme mit Canon EOS 90D

Bei ISO 6400 (rechte Bildhälfte) stört das Bildrauschen etwas, die Aufnahmen sind aber noch gut brauchbar – vor allem im Zeitschriftendruck, da das Druckraster das Rauschen schluckt. Im Fotodruck oder auf einem großen Monitor ist das Rauschen deutlicher sichtbar.
Kamera: Canon EOS 90D, Objektiv: EF-S 4,5-5,6/10-22 mm IS STM, Einstellungen: 10 mm, f/4,5, 1/20 s.

Foto: © Andreas Jordan

4K-Video ohne Crop

Kritik hatte Canon immer wieder dafür eingesteckt, dass die Consumer-Kameras 4K-Videos nur mit Crop aufnehmen. Die EOS 90D beherrscht nun erstmals 3840 x 2160 Pixel mit voller Sensorbreite und zwar mit 30p (NTSC) oder 25p (Pal) – 24p bietet die Kamera nicht. Die maximale Datenrate liegt bei 120 Mbit/s, das Dateiformat ist MP4 – das zuvor noch angebotene QuickTime-Mov wurde gestrichen.

Wer gerne mit Crop aufnimmt, um die Telewirkung zu verstärken, kann manuell einen 1,2x-Beschnitt zuschalten (über den etwas kryptisch übersetzten Menü-Eintrag „4K-Movie schneiden“, im Englischen besser „4K movie cropping“). Einen Crop gibt es außerdem, wenn der digitale Bildstabilisator zugeschaltet wird oder Zeitlupen aufgenommen werden. Der DPAF funktioniert bei der Videoaufzeichnung tadellos und sorgt für eine weiche Schärfeverlagerung.

Über die Option „Hohe Bildrate“ lassen sich Full-HD-Zeitlupen mit 100 oder 120 Bildern/s aufnehmen, dann allerdings ohne AF-Nachführung. Weiterhin beherrscht die EOS 90D Zeitraffer-Videos mit 4K-Auflösung. Wer will, kann aber auch normale Intervallaufnahmen mit voller Auflösung aufnehmen.

Die Videoqualität bei der internen Aufzeichnung ist bereits sehr gut. Für eine optimale Qualität lässt sich das Video-signal auch mit 4:2:2-Farbunterabtastung und 8 oder 10 Bit per HDMI mit einem externen Rekorder aufzeichnen. Wie andere Canon-Modelle auch, kann die EOS 90D HDR-Videos aufnehmen, allerdings nur in Full-HD-Auflösung. Für die Tonaufzeichnung gibt es Mikrofon- und Kopfhörerbuchsen (3,5 mm Klinke).

Aus dem Labor

Im Sucherbetrieb nimmt die EOS 90D rund 10 Bilder/s mit Servo-AF auf. Wir haben 58 JPEGs, 29 unkomprimierte und 46 komprimierte Raws in Folge ermittelt. Hier macht sich die hohe Auflösung doch etwas negativ bemerkbar: Alle anderen Kameras im Test können längere JPEG-Folgen schießen, die Nikon D500 schafft sogar 200 Raws in Folge.

Im-Live-View erreicht die 90D rund 11 Bilder/s, allerdings sinkt die Geschwindigkeit mit Servo-AF dann auf 7 Bilder/s – das zeigt, dass der DPAF bei der Nachführung noch nicht so leistungsfähig ist wie der Sucher-AF. Verwehrt bleibt der EOS 90D übrigens der Raw-Burst-Modus, der sich in einigen neuen Canon-Kameras findet, und der 30 Bilder/s aufnimmt und in einer Raw-Datei speichert.

Canon EOS 90D

Neu ist der Joystick neben dem Monitor. Das Daumenrad ist nicht ganz so ergonomisch wie bei der EOS 7D Mark II.

Foto: © Canon

Im Labor haben wir wie immer die Geschwindigkeit des Einzel-AF gemessen und zwar mit dem Kitobjektiv EF-S 3,5-5,6/18-135 mm IS Nano USM. Mit knapp 0,4 s im Weitwinkel und knapp 0,3 s im Tele erreicht die EOS 90D ähnlich mittelmäßige Werte wie die EOS 80D.
Besonders gespannt waren wir auf die Laborergebnisse zur JPEG-Bildqualität. Tatsächlich erreicht die EOS 90D mit Referenzobjektiv die mit Abstand höchsten Auflösungswerte im Testfeld: Der maximale Wirkungsgrad liegt bei gut 88 % (ISO 100) und sinkt dann langsam ab. Ein größerer Einbruch zeigt sich bei ISO 3200 (nur noch 59 %).

Erfreulich ist, dass das Rauschverhalten trotz der höheren Pixeldichte gegenüber der EOS 80D nicht schlechter geworden ist – erst ab ISO 6400 fängt es leicht an zu stören. Deutlich weniger rauscht allerdings die Nikon D7500. Der Dynamikumfang liegt mit knapp 9 Blendenstufen auf Sensor-typischem Niveau.

Positiv überrascht waren wir vom Raw-Potenzial: Auch beim extremen Aufhellen von Schattenbereichen blieb die Qualität gut. Überdurchschnittlich gut sind auch die Artefakt- (2,5) und Scharfzeichnungsnoten (1,7). Die geringe Anfälligkeit für Artefakte bestätigte sich auch im Praxistest – Moirés traten bei unseren Architekturaufnahmen nicht auf, was sicher auch daran liegt, dass Canon anders als viele Konkurrenten noch ein optisches Tiefpassfilter vor dem Bildsensor verbaut.

Die EOS 90D im Einsatz

FAZIT

Canon schafft es tatsächlich, mit dem neuen Sensor die Bildqualität zu verbessern: Die Auflösung ist deutlich höher als bei der EOS 80D und das Bildrauschen hat sich nicht verschlechtert. Auch das Dynamik-Potenzial der Raw-Daten hat uns überzeugt. Damit landet die EOS 90D souverän an der Spitze der Spiegelreflexkameras mit APS-C-Sensor. Trotzdem bleibt in mancher Hinsicht noch eine Lücke zur professionellen EOS 7D Mark II, die etwas robuster und ergonomischer ist und längere JPEG-Serien erlaubt. Es gäbe also durchaus noch Potenzial für eine EOS 7D Mark III.

Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test: Canon EOS 7D Mark II, Canon EOS 80D, Canon EOS 90D, Nikon D500, Nikon D7500.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 11/2019 erschienen.

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