Im Test: Canon EOS R6 Mark II

Mit der auf Geschwindigkeit statt auf Auflösung optimierten EOS R6 Mark II modernisiert Canon die obere Mittelklasse seines spiegellosen Systems. Wir vergleichen sie im Test mit ihrer Vorgängerin und den Spitzenmodellen EOS R5 und EOS R3.

Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann

freier Journalist und Technikexperte

Canon EOS R6 Mark II
super

Fazit
Die Canon EOS R6 Mark II legt gegenüber ihrer Vorgängerin deutlich zu. Die Auflösungssteigerung der EOS R6 Mark II gegenüber dem erst gut zwei Jahre alten Vorgänger EOS R6 bleibt moderat; mit 24,2 statt 20,1 Megapixeln liegt auch das neue Modell am unteren Rand des Auflösungsspektrums im Vollformatsegment, das aktuell zwischen 24 und 61 Megapixeln liegt – typisch für eine Kamera, bei das Hauptaugenmerk auf Geschwindigkeit liegt.
Preis: ca. 2900 Euro

Testergebnisse

  • Bildqualität 87.6%
  • Geschwindigkeit 100.0%
  • Ausstattung u. Bedienung 96.4%
  • GESAMT 91.8%

Die Canon EOS R6 Mark II steht auch in Konkurrenz zu schnellen APS-C-Modellen vergleichbarer Auflösung wie der Fujifilm X-H2S, gegenüber der die EOS R6 Mark II mit rund 2900 Euro nur 150 Euro mehr kostet.

Canon EOS R6 Mark II mit ausgeklappten Monitor

Wie von Canon gewohnt ist der Monitor seitlich ausklappbar und somit für Selbstaufnahmen geeignet.

© Canon

Was kann die EOS R6 Mark II?

Aber 24,2 Megapixel sind im Wortsinne nur die halbe Wahrheit, denn wie es für Canon charakteristisch ist, besitzt die EOS R6 Mark II einen Dual-Pixel-AF-II-Sensor, der tatsächlich über die doppelte Zahl lichtempfindlicher Pixel verfügt; den Platz unter jeder Mikrolinse teilen sich zwei nebeneinander liegende Fotodioden und Ladungsspeicher. Auf die Auflösung hat das keinen Einfluss, denn diese wird von der Zahl der Mikrolinsen bestimmt, aber dank des leicht unterschiedlichen Blickwinkels der Sensorpixelpaare ist eine Phasendetektion im gesamten Bildfeld möglich.

Außerdem muss – im Gegensatz zu anderen Kameras mit Hybrid-AF – nicht die Hälfte der Pixel für die Phasendetektion maskiert werden; somit sind die Pixel lichtempfindlicher. Wenn man die von allen 48,4 Millionen Pixeln gemessenen Helligkeiten optional in einem Dual-Pixel-Raw speichert, lässt sich die Schärfenebene im Nachhinein innerhalb enger Grenzen verschieben oder ein störendes Vordergrundmotiv verlagern.

„Das Bedienkozept folgt den bewährten Standards von Canon.“

Michael J. Hußmann, Autor und Technikexperte

Der Sensor entspricht in seinen Kenndaten weitgehend dem des Spitzenmodells EOS R3; wie bei dieser reicht auch der Empfindlichkeitsbereich der EOS R6 Mark II von ISO 100 bis 102.400 (erweiterbar auf ISO 50 bis 204.800). Der Arbeitsbereich des Autofokus beginnt allerdings erst bei -6,5 statt -7,5 EV.

Autofokus mit verbesserter Motivverfolgung

Den Autofokus mit 4897 wählbaren Messfeldern hat Canon insbesondere im Bereich der Motivverfolgung verbessert. Streng genommen dient das dahinter stehende neuronale Netz nicht der Fokussierung, sondern es informiert den Autofokus, wie sich ein einmal angemessenes Motiv durch das Bildfeld bewegt; der AF folgt diesem Motiv dann bei Bewegungen in der Tiefe, also auf die Kamera zu oder von ihr weg. Menschen, Tiere und Fahrzeuge konnten schon frühere Canon-Modelle erkennen und verfolgen, aber das neuronale Netz der EOS R6 Mark II wurde zusätzlich auf Pferde, Flugzeuge und Züge trainiert.

Bei Tieren wie Menschen stellt der Autofokus vorzugsweise auf die Augen scharf; wenn diese – bei einem grasenden Pferd beispielsweise – nicht gut sichtbar sind, wird das Motiv manchmal nicht mehr erkannt und der Autofokus schaltet auf den normalen Verfolgungsmodus ohne künstliche Intelligenz zurück, was einer erfolgreichen Fokussierung jedoch nicht im Wege stehen muss.

Canon EOS R6 Mark II kann 4K-Video jetzt ohne Crop

Beim Videomodus hat sich Canon auf eine 4K-Auflösung mit Oversampling aus 6K (bis zu 59,94p und 230 Mbit/s) oder Full-HD (bis zu 179,82p und 180 Mbit/s) beschränkt. Jedenfalls gilt das für die interne Aufzeichnung auf Speicherkarten. Über die HDMI-Schnittstelle (Typ D) ist auch eine Ausgabe unkomprimierter 6K-Videodaten mit einer Farbunterabtastung von 4:2:2 und bis zu 10 Bit im ProRes-Raw-Format möglich, die mit einem externen Rekorder gespeichert werden können.

SD-Kartenlaufwerke

Canon setzt bei der EOS R6 Mark II auf zwei SD-Kartenlaufwerke.

© Canon

In allen Videomodi ist eine logarithmische Gammakurve (Canon Log 3) verfügbar, die eine optimale Tonwertverteilung für die Postproduktion erzeugt. Videoaufnahmen lassen sich in jedem Modus über einen zusätzlichen Videoauslöser starten.
Die JPEG-, HEIF- oder Raw-Dateien und – außer bei der Ausgabe über HDMI – auch die Videos im MP4-Format werden auf SDHC- oder SDXC-Karten gespeichert, für die es zwei Steckplätze gibt. Ein Slot für CFexpress-Karten des Typs B, wie ihn die EOS R3 und R5 haben, fehlt zwar, doch erwiesen sich schnelle UHS-II-Karten im Test als hinreichend leistungsfähig, die anfallenden Datenmengen ohne große Verzögerung aufzuzeichnen.

Canon EOS R6 Mark II top

Die Anordnung der Bedienelemente auf der Oberseite hat Canon leicht verändert. So findet sich der Ein- und Ausschalter nun rechts; auf der linken Seite wird zwischen Foto und Video umgeschaltet.

© Canon

Auch der Sucher mit einem 3,69 Millionen Bildpunkte auflösenden OLED-Panel und das dreh- und schwenkbare Touchdisplay mit 1,62 Millionen Bildpunkten bleiben hinter Canons Spitzenmodellen zurück, was aber kaum Nachteile in der fotografischen Praxis bringt. Allerdings hat die Fujifilm X-H2S einen höher auflösenden Sucher (5,76 Millionen Bildpunkte) mit etwas längerem Augenabstand (24 statt 23 mm) und höherer Vergrößerung (0,8- statt 0,76-fach), dazu ein Statusdisplay, das der EOS R6 Mark II fehlt.

Canon EOS R6 Mark II mit integriertem Bildstabilisator

Der integrierte Bildstabilisator, der Bewegungen um fünf Achsen kompensiert, ist auf dem Niveau der EOS R5 und soll einen Gewinn um acht Blendenstufen bringen, also 256 mal längere Belichtungszeiten aus der Hand erlauben. In der Praxis werden solche extremen Werte kaum erreicht. Im Übrigen erzeugen bei solchen Belichtungszeiten oft die nicht kompensierbaren Bewegungen der Motive Unschärfen.

Das Bedienkonzept folgt dem von Canon gesetzten Standard. Das vordere Rändelrad liegt hinter statt vor dem Auslöser, wie man es von Kameras anderer Hersteller gewohnt ist, und den Platz eines Vier-Wege-Controllers auf der Rückseite nimmt ein weiteres Rändelrad ein, mit dem man beispielsweise Menübefehle auswählt. Ein Mini-Joystick dient der Messfeldwahl und der Menü-Navigation, wenngleich man für beide Aufgaben oft das Touchdisplay nutzen wird, um durch Antippen direkt zum Ziel zu kommen. Die Q-Taste führt zu einem Menü für die wichtigsten Einstellungen und erspart so weite Wege durch das Hauptmenü.

Rückseite Canon EOS R6 Mark II

Die Rückseite ist gegenüber der EOS R6 unverändert; der komfortable Joystick hilft unter anderem bei der AF-Steuerung.

© Canon

Wer bereits das Vorgängermodell EOS R6 besitzt, kann dessen Batteriehandgriff BG-R10 auch an der R6 Mark II nutzen und mit zwei Akkus die Nutzungsdauer verlängern. Das neue Modell geht allerdings von vornherein ökonomischer mit der Energie um; eine Akkuladung reicht für 760 Aufnahmen mit dem Display und 450 Bilder mit dem Sucher, der aufgrund seiner höheren Auflösung mehr Strom als das Display verbraucht. Wer keinen Wert auf die verdoppelten Bedienelemente für Hochformataufnahmen legt, wird daher oft auf den Batteriehandgriff verzichten können. Ein Ladegerät für den mitgelieferten Akku liegt der Kamera bei, was ja mittlerweile nicht mehr selbstverständlich ist.

Einkaufsstraße mit Bus

Auch Fahrzeuge – wie hier den Bus – erkennt und verfolgt der Autofokus der EOS R6 Mark II zuverlässig.
Kamera: Canon EOS R6 Mark II.
Objektiv: RF 1,2/50 mm L USM. Aufnahmedaten: f/2,0, 1/320 s, ISO 400

Foto: © Michael J. Hußmann

„Die Canon EOS R6 Mark II legt gegenüber ihrer Vorgängerin deutlich zu.“

Michael J. Hußmann, Autor und Technikexperte

Canon EOS R6 Mark II im Testlabor

Mit dem mechanischen Schlitzverschluss erreicht die EOS R6 Mark II in der höchsten Geschwindigkeitseinstellung Hi+ eine Bildfrequenz von 11,7 Bildern pro Sekunde – auch im AF-Servo-Modus. Wenn nur JPEGs gespeichert werden, kann diese Frequenz dank des großzügig bemessenen Pufferspeichers für über 3000 Aufnahmen in Folge aufrechterhalten werden. Bei Raw-Aufnahmen fiel die Geschwindigkeit im Test nach 2626 Bildern ab – in der Praxis wird man diese Grenze kaum je erreichen.

Für die Auswertung haben wir die Messwerte mit dem elektronischen Verschluss herangezogen, mit dem die Kamera sogar 40,1 Bilder pro Sekunde erreicht. Diese Geschwindigkeit bricht dann nach 193 JPEGs beziehungsweise 80 Raw-Aufnahmen ein, da sich der Puffer entsprechend schneller füllt. Im Raw-Burst-Modus mit 30 Bildern pro Sekunde gibt es eine Pre-Recording-Option, bei der auch während rund 0,5 Sekunden vor dem Durchdrücken des Auslösers aufgezeichnete Aufnahmen gespeichert werden.

Im Test mit dem Referenzobjektiv Canon RF 1,2/50 mm L USM haben wir einen Wirkungsgrad über 100 Prozent gemessen, und zwar von der Grundempfindlichkeit bis ISO 6400; erst darüber fällt er ab. Angesichts einer noch moderaten Artefaktnote von 4,0 ist das ein überraschendes Ergebnis, denn die Bilddetails werden nicht künstlich aufbereitet. Die Rauschwerte sind – wohl aufgrund der relativ großen Sensorpixel im 6-µm-Raster – sehr niedrig und nehmen von 1,3 bei der Grundempfindlichkeit (ISO 100) bis ISO 6400 nur auf 2,5 zu. Auch die gemessene Eingangsdynamik zwischen 9,7 (ISO 100) und 9,1 (ISO 6400) erreicht sehr gute Werte.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 2/2023 erschienen.

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