Im Test: Canon EOS 5D Mark IV

Die viereinhalb Jahre seit der Einführung der EOS 5D Mark III hat Canon genutzt, um den Nachfolger kräftig zu verbessern. Die EOS 5D Mark IV spielt jetzt klar in der Profiklasse, ist aber auch entsprechend teurer geworden. Ob sich die gut 4000 Euro lohnen, zeigt unser Test.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Canon EOS 5D Mark IV
Foto: © Canon

Schon im letzten Heft hinterließ die EOS 5D Mark IV beim Praxistest eines Vorserienmodelles einen sehr guten Eindruck. Ihre Profiambitionen unterstreicht die Vollformat-Kamera mit dem verbesserten Spritzwasserschutz, der auf dem Niveau der EOS 7D Mark II liegt, aber nicht ganz auf dem des Profi-Flaggschiffs EOS-1D X Mark II.

Ähnliches gilt auch für den Verschluss, der nun für 200.000 (statt 150.000 Auslösungen bei der 5D III) getestet ist – die EOS-1D X II soll es auf mindestens 400.000 Auslösungen bringen, was schon wegen der höheren Serienbildrate (12 statt 7 B/s) sinnvoll ist.

Canon EOS 5D Mark IV top

Die Bedienelemente auf der Oberseite unterscheiden sich nicht von der EOS 5D Mark III

Foto: © Canon

Wie in der EOS 5DS/5DS R, EOS-1D X II und EOS 80D hat Canon den Spiegelmechanismus überarbeitet, der nun weniger Vibrationen erzeugt. Deutlich leiser wird die Kamera im Silent-Modus, in dem der Spiegelschlag abgebremst wird. Ein komplett geräuschloses Auslösen, das viele spiegellose Kameras mit elektronischem Verschluss beherrschen, bietet die neue 5D nicht.

Die Kamera lässt sich prinzipiell wie ihre Vorgängerin bedienen, bietet aber zusätzliche Möglichkeiten: So ist erstmals bei einer Vollformat-SLR von Canon eine komplette Touchscreen-Bedienung möglich – bei der EOS-1D X II lässt sich nur das AF-Messfeld im Live-View/Video-Modus ändern. Bei den konventionellen Bedienelementen ist lediglich die Taste auf der Rückseite über dem Schnellwahlrad neu, die standardmäßig für AF-Bereichsauswahl zuständig ist, sich aber auch mit anderen Funktionen belegen lässt.

Dual Pixel CMOS AF

Eine der wesentlichen Innovationen der letzten Jahre war bei Canon der „Dual Pixel CMOS AF“, der erstmals in der EOS 70D und aktuell in der EOS 7D Mark II, EOS 80D, EOS-1D X Mark II und demnächst der spiegellosen EOS M5 genutzt wird. Dabei setzt sich jeder Pixel aus zwei Fotodioden zusammen, die für die Fokussierung getrennt ausgelesen werden können und so auch im Live-View/Video-Modus eine Phasen-Detektion ermöglichen.

Bei der EOS 5D Mark IV funktioniert das Ganze hervorragend: Der Live-View-AF ist nur geringfügig langsamer als der Sucher-AF und beim Video lässt sich die Schärfe sanft und ohne Pumpen verlagern. Sogar eine Schärfenachführung bei Serienbildern ist im Live-View möglich, wenn auch nur mit 4 Bildern/s.

Erstmals nutzt Canon die doppelten Fotodioden nicht nur zur Fokussierung, sondern auch für nachträgliche Korrekturen der Aufnahmen. Im „Dual-Pixel-Raw“-Modus (DPR) zeichnet die Kameras doppelt so große Raw-Dateien auf (ca. 60 MB), die pro Pixel leicht unterschiedliche Informationen enthalten.

Durch den minimalen Versatz lässt sich prinzipiell der Schärfepunkte nachträglich leicht verlagern – aktuell nur in Canons Raw-Konverter Digital Photo Professional (DPP). Adobe scheint aber ebenfalls an der Unterstützung für DPR zu arbeiten.

Beste Ergebnisse sollen sich laut Canon mit lichtstarken Objektiven zwischen 50 und 200 mm Brennweite und bei Motivdistanzen zwischen dem 20- bis 200fachen der Brennweite erreichen lassen. Wir haben es mit dem 2,8/70-200 mm L IS USM II ausprobiert.

Die Ergebnisse waren eher ernüchternd. Eine wirkliche Schärfeverlagerung bei Portraits von der Nase auf die Augen ist uns nicht gelungen. Der Korrekturbereich scheint eher wenige Millimeter zu betragen. Teilweise wirkten die korrigierten Bilder insgesamt unschärfer.

Neben der Schärfeverlagerung (in DPP „Geringfügige Bildanpassung“ genannt) bietet Canon zwei weitere DPR-Funktionen im Raw-Konverter. Mit der „Bokeh-Verschiebung“ lassen sich Vorder- und Hintergrund minimal gegeneinander versetzen.

Wenn man beispielsweise durch ein Gebüsch fotografiert hat und ein unscharfer Zweig im Vordergrund unglücklich vor den Augen eines Tieres liegt, so lässt sich dieser nachträglich geringfügig verschieben. Die dritte Funktion ist eine „Ghosting-Reduzierung“, also eine Verringerung von Überstrahlungen und Geisterbildern, beispielsweise bei Nachtaufnahmen.

Großes Kino: Die EOS 5D Mark IV zeichnet im 17:9-Format mit 4096 x 2160 Pixeln auf

Im Gegensatz zu vielen anderen Kameras, die 4K-Video aufzeichnen, unterstützt Canon den DCI-Standard (Digital Cinema Initiative), zeichnet also im 17:9-Format mit 4096 x 2160 statt 3840 x 2160 Pixeln auf. Die Bildrate liegt bei maximal 30 B/s (EOS-1D X Mark II: 60 B/s), zur Komprimierung nutzt Canon statt des modernen H.264- den weniger effizienten Motion-JPEG-Codec.

Entsprechend hoch ist die Datenrate: Sie beträgt rund 500 MBit/s, eine 32-Gigabyte-Karte ist nach rund 8 Minuten gefüllt – nach 4 GB wird automatisch eine neue Datei angelegt. Bei Full-HD kommt dagegen H.264 zum Einsatz, wahlweise mit einer Einzelbildkomprimierung (All-I, gut 90 MBit/s) oder einer Bildgruppenkomprimierung (IPB, gut 30 MBit/s).

Zeitlupen lassen sich mit 120 B/s aufnehmen, allerdings nur in kleiner HD-Auflösung (1280 x 720 Pixel) – einige Sony-Kameras schaffen das auch mit 1080p. Zeitrafferaufnahmen beherrscht die neue EOS mit Full-HD-Auflösung.

Im 4K-Modus wird das Bildfeld für die beste mögliche Qualität beschnitten: Der 1,74x-Crop sorgt dafür, dass die Pixel des Sensors 1:1 auf das Video übertragen werden können, schränkt den Weitwinkelbereich aber stark ein. Aus dem 4K-Video kann die Kamera übrigens Einzelbilder mit 8,8 Megapixeln mit hervorragender Qualität speichern.

In Full-HD steht außerdem ein HDR-Videomodus zur Verfügung, der Aufnahmen mit vergrößertem Belichtungsumfang aufnimmt – der Effekt ist eher gering, wirkt aber angenehm natürlich. Neben der internen Aufzeichnung auf Speicherkarte ist auch die saubere HDMI-Ausgabe auf externe Rekorder möglich – allerdings nur in Full-HD und nicht in 4K.

Was im Vergleich zu vielen Sony-Kameras oder der Panasonic GH4 und Fuji X-T2 fehlt, ist logarithmisches Gamma, das optimales Material für die Nachbearbeitung liefert – bei Canon bleibt dies den Cinema-Kameras vorbehalten. Allerdings lassen sich logarithmische Gamma-Profile nachrüsten, beispielsweise von EOSHD für 10 Dollar (www.eoshd.com).

Canon EOS 5D Mark IV back

Der große 3,2-Zoll-Monitor erlaubt nun die Touch-Bedienung.

Foto: © Canon

Beim Sucher-AF scheint sich auf den ersten Blick nicht viel getan zu haben. Wie bei der EOS 5D Mark III stehen 61 Messfelder mit 41 Kreuzsensoren zur Verfügung. Die Verbesserungen betreffen vor allem den Einsatz von Telekonvertern: Ab einer Lichtstärke von f/8 (beispielsweise f/4-Zoom mit 2x-Telekonverter) sind noch alle 61 Messfelder nutzbar, davon 21 als Kreuzsensoren.

Außerdem wurde die Empfindlichkeit von -2 EV auf -3 EV (entspricht etwa Mondlicht) verbessert und der erfassbare Bereich etwas vergrößert. Auch der verbesserte Belichtungsmesssensor (150.000 Pixel mit Infrarot-Empfindlichkeit) trägt im Rahmen von Canons iTR-System mit Motiverkennung zur besseren AF-Leistung bei.

Weitere wichtige Neuerungen sind die integrierten Wi-Fi- und GPS-Module. Zum Repertoire gehören außerdem ein Intervall-Timer, Mehrfachbelichtungen, HDR, eine USB 3.0-Schnittstelle sowie zwei Speicherkartenslots: CF und SD(HC/XC) – letztere aber nur nach dem langsameren UHS-I-Standard.

Die Canon EOS 5D Mark IV im Testlabor

Bei der JPEG-Bildqualität hat die EOS 5D Mark IV deutlich zugelegt. Die zusätzlichen 8 Megapixel machen sich in allen ISO-Stufen in einer höheren gemessenen Auflösung bemerkbar – bis ISO 1600 bleibt sie fast konstant, danach fällt sie langsam ab, bleibt aber bis ISO 12.800 hoch.

Trotz der kleineren Pixel fällt das Rauschen etwas niedriger aus – auch hier sind die Werte bis ISO 1600 hervorragend niedrig und bis 12.800 gut. Der JPEG-Dynamikumfang bleibt etwa auf dem sehr hohen Niveau der EOS 5D Mark III. Leicht verbessert hat sich auch die Artefakt- und Scharfzeichnungsnote. Visuell bestätigt sich der Labor-Eindruck.

Bis ISO 800 sind praktisch keine Unterschiede zwischen den Aufnahmen zu erkennen, bei ISO 1600 setzt eine minimale Verschlechterung ein, die aber nur bei einer 100-Prozent-Betrachtung am Monitor sichtbar wird. Wer keine sehr hohen Ansprüche stellt, kann auch ISO 6400 und vielleicht 12.800 nutzen. Von höheren Werten raten wir allerdings ab.

Wie ist die Auslöseverzögerung?

Etwas überrascht hat uns die relativ lange Auslöseverzögerung mit Autofokus in Kombination mit dem EF 2,8/24-70 mm L USM II. Sie liegt durchschnittlich bei gut 0,6 s – bei der 5D III hatten wir mit dem alten 2,8/24-70 mm nur 0,3 bis 0,45 s gemessen. Im Praxistest hat uns die Auslöseverzögerung allerdings nicht gestört – die Kamera machte durchweg einen flotten Eindruck.

Im Serienmodus haben wir 6,6 Bilder/s gemessen – nicht ganz die von Canon angegebenen 7 Bilder/s. Bei JPEGs hält die Kamera diese Geschwindigkeit durch, bis die Speicherkarte voll ist, bei Raws wird sie nach rund 30 Bildern langsamer.

Testaufnahmen mit der Canon EOS 5D Mark IV

FAZIT

Canon hat seine beliebte 5D-Serie sinnvoll weiterentwickelt und bei Preis und Leistung auf ein professionelles Niveau gehoben. Vor allem Bildqualität und fotografische Ausstattung der EOS 5D Mark IV lassen kaum Wünsche übrig. Beim Video hinkt Canon allerdings inzwischen etwas hinter Sony her.

Speziell für Amateurfotografen stellt sich letztlich nur die Frage, ob sie bereit bzw. in der Lage sind, 4000 Euro zu investieren – als Alternative ist noch die EOS 5D Mark III für gut 2600 Euro erhältlich. Die günstigste Vollformat-SLR von Canon, die EOS 6D für rund 1400 Euro, dürfte wiederum vielen ambitionierten Amateurfotografen nicht ausreichen – vielleicht schließt Canon im nächsten Jahr die vorhandene Lücke.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test der 5D IV.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 11/2016 erschienen.

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