Im Test: Canon EOS R

Spiegelloses Vollformat
24.07.2019

Mit der EOS R stieg Canon in den boomenden Markt für spiegellose Vollformatkameras ein. Vor allem beim Bedienkonzept wagten die Japaner Neues. Wir haben die Kamera in der Praxis und im Labor getestet und vergleichen sie mit der Konkurrenz von Leica, Nikon und Sony.

 

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Canon EOS R

Das Magnesiumgehäuse der Canon EOS R ist spritzwassergeschützt.

© Canon

Während Nikon bei der Z7 und Z6 versucht hat, das Bedienkonzept der Spiegelreflexkameras mit möglichst geringen Änderungen auf die neuen spiegellosen Kameras zu übertragen, geht Canon einen anderen Weg. Da das spiegellose Gehäuse weniger Platz zur Verfügung stellt als das von Vollformat-SLRs wie der EOS 5D Mark IV oder EOS 6D Mark II, wurden viele festbelegte Bedienelemente weggelassen; die verbliebenen Tasten und Räder sind dafür individuell konfigurierbar. Wir empfehlen daher bei dieser Kamera in besonderem Maße, sich vor dem ersten Shooting einige Stunden Zeit zu nehmen, um das Bedienkonzept zu studieren und an die eigenen Bedürfnisse anzupassen.

Zunächst fällt auf, dass es kein klassisches PSAM-Wahlrad gibt. Stattdessen drückt man die Mode-Taste und wechselt das Belichtungsprogramm, das auf dem Schulter-Display angezeigt wird, mit dem vorderen Einstellrad – dieses Konzept ist von Highend-SLRs wie der EOS-1D X-Serie oder der Nikon D5 bekannt. Anders als bei diesen gibt es bei der EOS R allerdings auch eine Automatik mit Motiverkennung (A+) und das völlig neue Programm Fv (Flexible value). Hier stehen Einstellungen für Blende, Zeit und ISO zur Verfügung und der Fotograf kann, ohne das Programm zu wechseln, wahlweise mit Programm-, Zeit-, Blenden-, ISO-Automatik oder komplett manuell fotografieren. Gewöhnungsbedürftig und alles andere als intuitiv ist auch das Umschalten in den Videomodus. Statt einfach einen Hebel umzulegen, muss der Anwender den Mode-Knopf und dann die Info-Taste drücken.

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Canon EOS R top

Die EOS R hat einen großen Griff. Das Belichtungsprogramm wird über die Mode-Taste gewechselt.

© Canon

Da dedizierte Tasten beispielsweise für ISO oder Serienbilder fehlen, kommt der M-Fn-Taste neben dem Auslöser eine wichtige Rolle zu. Mit ihr und dem hinteren Einstellrad kann der Fotograf zwischen ISO, Drive, AF-Modus und Blitzbelichtungskorrektur wechseln und die jeweiligen Einstellungen dann mit dem vorderen Einstellrad vornehmen. Da sich die Kamera individuell konfigurieren lässt, geht es natürlich auch anders. Dabei stechen zwei neue Bedienelemente ins Auge: Die Touchbar neben dem Sucher kann mit verschiedenen  Funktionen – zum Beispiel ISO – belegt werden. Achtung: Standardmäßig ist sie zunächst gesperrt und muss durch einsekündiges Drücken am linken Ende aktiviert werden. Im Menü kann man die Sperre aber auch deaktivieren. Neu ist auch der Kontrollring am Objektiv, der ebenfalls mit unterschiedlichen Einstellungen belegt werden kann. Eingespart hat Canon den Joystick zum Verschieben des AF-Messfeldes. Dieses ist nun – auch im Sucherbetrieb – über den Touchscreen möglich. Der aktive Touch-Bereich lässt sich dabei auf einen Teil des Monitors begrenzen. Trotzdem: Irgendwie muss man mit dem Finger zwischen Monitor und Gesicht rumfummeln und dabei versuchen, das AF-Feld präzise zu positionieren, was uns im Test selten gelungen ist. Alternativ lässt sich das Messfeld auch mit AF-Taste und Steuerkreuz verschieben, was allerdings ebenfalls recht umständlich ist. Aus unserer Sicht fehlt der EOS R eindeutig ein AF-Joystick. Eine positive Neuerung ist dagegen der Focus-Guide. Beim manuellen Scharfstellen zeigt er mit Hilfe von drei Zeigern an, wie stark der Fokus korrigiert werden muss. Kommen die Zeiger zur Deckung, stimmt die Schärfe (beim aktiven AF-Messfeld). Das klassische Autofokus-Peaking steht zusätzlich zur Verfügung, übrigens auch bei der 4K-Videoaufzeichnung.

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Belegbild Canon EOS R

Das neue 2,8/70-200 mm fokussiert an der EOS R mit Adapter schnell und problemlos. Die Bildqualität ist hervorragend.
Kamera: Canon EOS R; Objektiv: EF 2,8/70-200 mm L IS III USM mit Adapter; Einstellungen: ISO 500, f/2,8, 1/250 s.

© Andreas Jordan, mit freundlicher Unterstützung durch Tierpark Hagenbeck

Der Sucher ist mit einer Vergrößerung von 0,76x zwar etwas kleiner als bei den Konkurrenzmodellen im Test, hat aber eine sehr hohe Auflösung. Das Sucherbild wirkt damit natürlich und fast artefaktfrei. Angenehm ist auch der große und hochauflösende Monitor, der sich – als einziger im Test – komplett frei drehen und schwenken lässt, also auch für Selbstportraits geeignet ist und sich zum Transport geschützt einklappen lässt. Das Touch-Konzept hat Canon wie gewohnt konsequent umgesetzt, sodass sich – anders als bei Sony – auch die Menüs per Berührung bedienen lassen. Eine Besonderheit der EOS R fällt auf, wenn man das erste Mal das Objektiv wechselt: Anders als bei der spiegellosen Konkurrenz liegt der Sensor nicht frei, sondern wird vom Verschluss verdeckt. Diesen sollte man zwar tunlichst nicht berühren, aber er verringert die Gefahr, dass sich Staub auf den Sensor setzt.

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Über den Autor
Andreas Jordan

Andreas Jordan ist Journalist und Mediendesigner und arbeitet seit 1994 als Redakteur und Autor mit den Schwerpunkten Multimedia, Imaging und Fotografie für verschiedene Fach- und Special-Interest-Magazine (u. a. Screen Multimedia, Computerfoto, MACup) und Tageszeitungen (Hamburger Abendblatt, Berliner Kurier). Seit 2003 ist er Redakteur beim fotoMAGAZIN und leitet dort seit 2007 das Ressort Test & Technik.