Im Test: Drei Zooms für das Canon-R-System

Zoom-Trio: Unter den Zooms mit Weitwinkelbrennweiten hat der Canon-Fotograf im RF-Sortiment eine vergleichsweise große Auswahl. Bei uns auf dem Prüfstand: Die drei Zooms Canon RF 2,8/15-35 mm L IS USM, 2,8/24-70 mm L IS USM und das 4-6,3/24-240 mm IS USM. Ein Testkandidat wartet mit Überraschungen auf.

Porträt Lars Theiß

Lars Theiß

Praxis-Redakteur, seit 1995 im fotoMAGAZIN-Team.

Canon RF-Objektive Diese drei RF-Objektive haben wir für das fotoMAGAZIN 2/2020 in der Praxis und im Labor getestet.

Diese drei RF-Objektive haben wir für das fotoMAGAZIN 2/2020 in der Praxis und im Labor getestet.

Fotos: © Canon

Canon baut sein Objektivsortiment zu den beiden spiegellosen Systemkameras mit Vollformat­sensoren weiter aus. Nach den Tests der RF-Pärchen 35 mm und 24-105 mm (fM 12/18) sowie 1,2/50 mm und 28-70 mm (fM 2/19) sind nun drei weitere Modelle an der Reihe: Im Labor trafen sich das Canon RF 2,8/15-35 mm L IS USM, das RF 2,8/24-70 mm L IS USM und das RF 4-6,3/24-240 mm IS USM zum Kräftemessen. Können sie an die hohen Leistungen des Quartetts anknüpfen?

Canon RF 2,8/15-35 mm L IS USM

Interessant an dem Testtrio ist der Fakt, dass jedes Objektiv den Brennweitenbereich von 24 bis 35 mm abdeckt, wobei insbesondere die 24 mm später noch diskutiert werden.

Das lichtstarke Superweitwinkel RF 2,8/15-35 mm L IS USM ist bislang das einzige Canon-Objektiv, das ohne Adapter mehr Bildwinkel als ein 24-mm-Objektiv an einer R-Kamera bietet. Es entstammt der professionellen L-Klasse und besitzt neben einem Ultraschall-AF auch einen optischen Bildstabilisator, was bei diesem Objektivtyp eher ungewöhnlich ist; aber auch hilfreich nicht zuletzt deshalb, weil die bis heute verfügbaren zwei R-Kameras keinen sensorbasierten Bildstabilisator aufweisen.

Canon RF 2,8/15-35 mm L IS USM

Canon RF 2,8/15-35 mm L IS USM.
Preis: ca. 2500 Euro

Foto: © Canon

Die Mechanik des abgedichteten 15-35 mm ist sehr gut, die beiden Einstellringe laufen geschmeidig und ganz vorne dreht der programmierbare Steuerring sanft klickend. Vielleicht liegen die drei Ringe dem einen oder anderen Fotografen zu dicht beieinander. Beim Zoomen verlängert das Objektiv übrigens seine Baulänge.

Die bajonettseitigen Objektivdeckel können auch nur exakt an der Markierung (wie das Objektiv an der Kamera) aufgesetzt werden. Ein Umstand, der einen schnellen Objektivwechsel einbremsen kann. Hier könnten Nutzer eine auffälligere Markierung am Deckel-Index anbringen.

Aufnahme mit Canon RF 2,8/15-35 mm L IS USM Trotz leichten Abblendens zeigt sich immer noch eine auffällige Randabdunklung bei der stärksten Weitwinkelstellung des 15-35-mm-Zooms. Objektiv: Canon RF 2,8/15-35 mm L IS USM. Aufnahmedaten: 15 mm, Blende f/3,5, 1/5000 s, ISO 400. Kamera: Canon EOS R.

Trotz leichten Abblendens zeigt sich immer noch eine auffällige Randabdunklung bei der stärksten Weitwinkelstellung des 15-35-mm-Zooms.
Objektiv: Canon RF 2,8/15-35 mm L IS USM. Aufnahmedaten: 15 mm, Blende f/3,5, 1/5000 s, ISO 400. Kamera: Canon EOS R.

Foto: © Lars Theiß

Optisch wartet das RF 15-35 mm mit ausgewogenen Auflösungsleistungen über die drei gemessenen Brennweiten auf. Es beginnt jeweils mit guten Werten bei offener Blende f/2,8 und steigert sich – um zwei Stufen abgeblendet – auf ausgezeichnete Werte.

Seine Randabdunklung ist typischerweise bei 15 mm am stärksten ausgeprägt, doch immer natürlich. Ebenfalls üblichen Tendenzen der Superweitwinkelzooms folgt die Verzeichnung. Sie ist sehr deutlich tonnenförmig bei 15 mm und zeigt, dass Canon nicht zwingend digital korrigiert. Insgesamt erreicht das Canon RF 2,8/15-35 mm L IS USM ein knappes „Super“.

Canon RF 2,8/24-70 mm L IS USM

Das RF 2,8/24-70 mm L IS USM ist – trotz des Listenpreises von 2500 Euro – sozusagen die günstige Alternative zum RF 2/28-70 mm L USM, obwohl es mehr Brennweite im Weitwinkel und einen Image Stabilizer (IS) besitzt. Dafür ist das ältere 3250-Euro-Zoom eine satte Blendenstufe lichtstärker als das 2,8/24-70 mm und liefert in der fM-Ausgabe 2/19 brillante Testergebnisse ab (Optik 99 %, Mechanik 89 %). Kommt das neue Profi-Zoom leistungsmäßig in ähnliche Sphären?

Canon RF 2,8/24-70 mm L IS USM

Canon RF 2,8/24-70 mm L IS USM.
Preis: ca. 2500 Euro

Foto: © Canon

Ja, aber nicht völlig. Mechanisch wurden oben schon Unterschiede erwähnt. Die Verarbeitung ist sehr gut bis ausgezeichnet in Kunststoff, der Fokussierring lässt sich sehr gut und der Zoomring ausgezeichnet bedienen.

Auch das voluminöse 2,8/24-70 mm fährt beim Verstellen der Brennweite ein bzw. aus. Unfreiwilliges Herausfahren verhindert ein Zoom-Lock-Schalter. Seine Nahgrenze ist gleitend und reicht von 21 cm im Weitwinkel bis 38 cm bei Teleeinstellung. Interessante Merkmale sind weiterhin der Steuerring an der Front und die Dichtungslippe bajonettseitig.

Die optischen Messungen ergaben bei der Auflösung ähnliche Werte wie beim 2/28-70 mm: Anfangs- und Endbrennweite beginnen auf gutem bis sehr gutem Niveau und erreichen ab f/5,6 ausgezeichnete Werte. Die erreicht die mittlere Brennweite 40 mm bereits ab Blende f/4.

Bei der Randabdunklung verbessert sich das Zoom mit zunehmender Brennweite von sichtbar bis sehr gut bei Offenblende – bei 40 mm ist sie leicht spontan. Etwas besser als beim 2/28-70 mm ist die Verzeichnung bei der Anfangsbrennweite, allerdings dennoch sichtbar bis deutlich tonnenförmig. Bei den anderen Brennweiten ist der Lichtriese leicht im Vorteil. Trotzdem langt es auch für das neue 2,8/24-70 mm zu einem locker eingefahrenen „Super“.

Aufnahme mit Canon RF 2,8/24-70 mm L IS USM

Offenblenden-Portrait mit 70 mm. Abblenden hätte mehr Auflösung herausgekitzelt.
Objektiv: Canon RF 2,8/24-70 mm L IS USM. Aufnahmedaten: 70 mm, Blende f/2,8, 1/640 s, ISO 100. Kamera: Canon EOS R.

Foto: © Lars Theiß

Das RF 4-6,3/24-240 mm IS USM ist mit einem Listenpreis von 1000 Euro das zweitgünstigste Canon-RF-Objektiv. Da es nicht in der L-Liga spielt, sind die Mechanik und Ausstattung vergleichsweise einfach, so fehlen eine Bajonettabdichtung, die Streulichtblende oder ein dedizierter Steuerring – diese Aufgabe übernimmt bei Bedarf der programmierbare Fokussierring.

Sowohl die Verarbeitung als auch die Bedienung der Ringe ist sehr gut. Die gleitende Nahgrenze ist besonders in Telestellung des Zehnfachzooms sehr gut und erzielt dort den größten Abbildungsmaßstab von etwa 0,26. Sein Bildstabilisator schafft fünf Blendenstufen.

Canon RF 4-6,3/24-240 mm IS USM

Canon RF 4-6,3/24-240 mm IS USM.
Preis: ca. 1000 Euro

Foto: © Canon

Optische Leistungen beim 10x-Zoom
Für den weiten Zoombereich zeigt das Objektiv eine übliche und gute Abstimmung der Auflösung. Bei 24 mm ist es offenblendtauglich mit guter Auflösung, bei 70 mm zeigt es um eine Stufe abgeblendet sehr gute Werte. Der Einbruch folgt bei 240 mm, wo nur noch mittlere bis gute Werte erzielt werden. Die Randabdunklung ist bei 24 mm deutlich und wird abgeblendet gut – bei den JPEGs, die wir im BAS-Digital-Test als Grundlage verwenden.

In den Raw-Aufnahmen sehen wir schwarze Ecken, die mit zunehmender Brennweite zurückweichen und ab 30 mm verschwinden. Canon nutzt die integrierten DLO-Profile (Digital Lens Optimizer) und eine elektronische Verzeichnungskorrektur, um entsprechende Objektivfehler zu beheben. Die Verzeichnung bekommt Canon dadurch jedenfalls ganz gut in den Griff, sie ist bei allen Brennweiten gering. Unter dem Strich steht ein „Sehr gut“.

Canon RF 4-6,3/24-240 mm IS USM

FAZIT

Für Fotografen, denen es nur um die gemeinsame Schnittmenge von 24-35 mm unserer drei Testkandidaten geht, dürfte die Entscheidung leicht fallen: Das RF 2,8/24-70 mm hat in dem Bereich die Nase klar vorne. Wer jedoch ein „richtiges“ Weitwinkelzoom sucht, ist mit dem RF 2,8/15-35 mm ebenfalls sehr gut bedient.

An die weniger anspruchsvolle (und zahlbereite) Klientel wendet sich hingegen das Zehnfachzoom RF 24-240 mm. Es ist nicht schlecht, doch eher ein Superzoom „alter Schule“ – wenn man von den neuen Software-Tricks absieht, mit denen Canon die Leistung pusht.

Weitwinkelwunder beim Canon RF 4-6,3 24-240 mm IS USM

Text: Anders Uschold

Digitale Korrekturen bieten neue Wege, um optische Fehler zu reduzieren. Dabei können sie mit zwei Intentionen umgesetzt werden. Zur zusätzlichen Leistungsverbesserung verwendet man sie, um ein optisch bereits gutes Objektiv noch weiter zu steigern.

Zur Ökonomisierung der Produktion kann man dagegen ein – rein optisch noch wenig geeignetes – Objektiv auf ein nutzbares Leistungsniveau anheben. Auf diese Weise können Objektive bezüglich ihrer „Hardware“ deutlich preiswerter konstruiert und die Aufnahmen dann günstig digital korrigiert werden.

Beim Objektiv Canon RF 4-6,3/24-240 mm IS USM ist uns eine sehr ausgeprägte digitale Optimierung aufgefallen. Die von der Kamera gelieferten Bilder zeigen in der kurzen Brennweitenposition eine für diesen extremen Zoombereich niedrige Verzeichnung, die eigentlich zu schön ist, um wahr zu sein. Wer in das Kameramenü einsteigt, wird feststellen, dass die Verzeichnungskorrektur nicht deaktiviert werden kann.

Über die Bridge von Adobe, die beim Importieren der Dateien nicht gleich automatisch Objektivoptimierungen (ungefragt) anwendet, gelangten wir jedoch an unkorrigierte Raw-Aufnahmen, so wie sie das Objektiv auf dem Sensor erzeugt. Dabei stellten wir Folgendes fest: Die Verzeichnung ist massiv tonnenförmig und zwar auf einem für die Fotografie nicht mehr geeignetem Niveau. Außerdem ist der Bildkreis deutlich zu klein, in den Ecken zeigt sich eine schwarze Vignettierung, die mit der optischen Randabdunklung nichts mehr zu tun hat.

Umwandlung von Raw in JPEG

Aufnahme mit Canon RF 4-6,3/24-240 mm IS USM Aufnahme mit Canon RF 4-6,3/24-240 mm IS USM

Hier ein eindrucksvolles Beispielbild dafür, wie Canon eine Raw-Datei (links) zu einem JPEG (rechts) innerhalb der Kamera (hier eine EOS R) umwandelt – bei 24-mm-Einstellung am RF 4-6,3/24-240 mm IS USM. Die Verzeichnung wird sehr gut korrigiert, doch an jeder Bildseite wird ein starker Bildbeschnitt nötig.

Foto: © Lars Theiß

Im Vergleich mit dem von der Kamera ausgegebenen, korrigierten JPEG-Bild fällt auf, dass dieses JPEG eine sehr gut korrigierte Verzeichnung besitzt, sondern dass auch eine zusätzliche Ausschnittsvergrößerung stattfindet.

Schlussfolgerung: Die Verzeichnungskorrektur alleine reicht offensichtlich für die notwendige Bildkreisweitung nicht aus. Praktisch bedeutet die damit verbundene Interpolation, dass von der ursprünglich mit 30,3 Megapixeln aufgenommenen Aufnahme nur ein innerer Teil für das Bild verwendet wird und dass die Interpolation zusätzlich Auflösung und feine Details schluckt.

Im Vergleich mit den beiden anderen RF-Objektiven aus diesem Test zeigt sich in der 24-mm-Einstellung auch ein sichtbar kleinerer Bildwinkel. Die beim RF 24-240 verwendete Objektivkorrektur erlaubt zwar ein günstiges Objektiv mit sehr weitem Zoombereich, den Preis zahlt der Kunde mit einer generellen Einschränkung dessen, was der Sensor selbst bieten könnte.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Canon RF 2,8/15-35 mm L IS USM, Canon RF 2,8/24-70 mm L IS USM, Canon RF 4-6,3/24-240 mm IS USM).

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 2/2020 erschienen.

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