Canon EOS R5 und R6: Vollformatkameras mit IBIS

Vor allem die 8K-fähige EOS R5 markiert einen Technologiesprung bei Canons spiegellosen Vollformatkameras. Für viele Fotografen könnte die preiswertere EOS R6 eine attraktive Alternative sein. Beide bringen erstmals im R-System einen Bildstabilisator in der Kamera (IBIS) mit. Wir konnten bereits Vorserienmodelle ausprobieren.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Canon EOS R5 und EOS R6 im Vergleich.
Bilder: Canon

Im Rahmen einer Pressekonferenz hatten wir Mitte Juni beide Kameras für einen kurzen Praxis-Check in der Hand. Die Gehäuse der EOS R5 (45 MP, ca. 4385 Euro ab Ende Juli) und R6 (20 MP, ca. 2631 Euro ab Ende August) ähneln sich.

Mitte Juni konnten wir die EOS R5 und EOS R6 bereits einem kurzen Handling-Test unterziehen.

Mitte Juni 2020 konnten wir die EOS R5 und EOS R6 bereits einem kurzen Handling-Test unterziehen.

Bild: Guido Krebs

Leichte Unterschiede bei der Bedienung zwischen der EOS R5 und EOS R6

Beide liegen sehr gut in der Hand und sind mit einem komfortablen Joystick ausgestattet, beispielsweise zum Verschieben des AF-Messfeldes. Bei der Robustheit gibt es aber Unterschiede. Die EOS R5 besteht aus Magnesium und Polycarbonat und ist so gut abgedichtet wie die EOS 5D Mark IV; der Verschluss ist für 500.000 Auslösungen getestet. Bei der EOS R6 hat Canon dagegen auf das Magnesiumgerüst verzichtet, die Abdichtungen entsprechen der EOS 6D Mark II und der Verschluss ist für 300.000 Auslösungen spezifiziert.

Von oben zeigen sich Unterschiede im Design. Die EOS R6 hat ein herkömmliches Programmwahlrad, die EOS R5 eine Mode-Taste über die sich in Kombination mit einem Rad das Belichtungsprogramm einstellen lässt. Die erste Variante ist intuitiver zu bedienen, dafür kann sich das Rad eher versehentlich verstellen, da es nicht gesperrt ist. Die Mode-Variante hat außerdem den Vorteil, dass sich das Belichtungsprogramm auch rein elektronisch bei einer Fernsteuerung per App ändern lässt. Nur die EOS R5 bringt auf der Oberseite ein Info-Display mit. Für Belichtungseinstellungen stehen jeweils drei Wahlräder zur Verfügung, sodass bspw. Zeit, Blende und ISO jeweils einem Rad zugeordnet werden können. Weitere Funktionen lassen sich mit dem Kontrollring an den RF-Objektiven steuern.

Canon EOS R5 und EOS R6 von oben: Die R5 hat ein Info-Display und eine Mode-Taste, die R6 ein herkömmliches Programmwahlrad.

Canon EOS R5 und EOS R6 von oben: Die R5 hat ein Info-Display und eine Mode-Taste, die R6 ein herkömmliches Programmwahlrad.

Bild: Canon

Unterschiede zwischen den beiden Neuen zeigen sich auch bei der Speicherkartenunterstützung: Während die R5 einen Slot für die extrem schnellen CFexpress-Karten und einen für SD/ UHS-II-Karten mitbringt, sind es bei der R6 zwei SD/UHS-II-Laufwerke. Beide Kameras bieten Micro-HDMI und USB-C-Schnittstellen sowie Mikrofon- und Kopfhörer-Anschlüsse, nur die R5 hat zusätzlich eine Blitzsynchronbuchse. Über USB-C lassen sich die Kameras nicht nur laden, sondern auch mit Dauerstrom versorgen.

Auch beim Blick durch den Sucher offenbaren sich Unterschiede: Die R5 hat einen extrem hochauflösenden OLED-Sucher mit 5,79 Millionen Bildpunkten, bei der EOS R6 sind es immer noch sehr gute 3,69 Mio. Punkte; die Vergrößerung liegt bei jeweils 0,76x. Die Touch-Monitore unterscheiden sich ebenfalls: Die R5 hat ein 3,15-Zoll-Display mit 2,1 Mio. Punkten, die R6 einen etwas kleineren 3,0-Zöller mit 1,6 Mio. Punkten.

Von hinten unterscheiden sich die beiden Kameras kaum (hier die EOS R5). Das AF-Messfeld lässt sich komfortabel mit dem Joystick verschieben.

Von hinten unterscheiden sich die beiden Kameras kaum (hier die EOS R5). Das AF-Messfeld lässt sich komfortabel mit dem Joystick verschieben.

Bild: Canon

Endlich IBIS bei Canon

Die wichtigste Neuerung bei beiden Kameras ist der Bildstabilisator in der Kamera (IBIS, In Body Image Stabilisation), der – falls vorhanden – mit dem IS im Objektiv zusammenarbeitet. Die Kombination nennt sich bei Canon „Koordinierter IS“ und arbeitet auf fünf Achsen (horizontale bzw. vertikale Verschiebung, Rollen, Gieren und Kippen). Welcher Bildstabilisator welche Funktion übernimmt, hängt vom Objektiv ab. So ist bei Makro-Objektiven mit Hybrid IS (z. B. RF 1,8/35 mm) das Objektiv für die Korrektur von Verschiebungen entlang der XY-Achse zuständig, bei anderen Objektiven erledigt dies der IBIS. Laut Canon haben die beiden neuen Kameras die zurzeit beste Bildstabilisation. Sie soll, gemessen nach CIPA-Standard, eine Effektivität von bis zu acht Blendenstufen erreichen. Die hohe Effizienz hat sie nicht zuletzt dem großen Bajonett zu verdanken, das vergleichsweise starke Verschiebungen des Sensors ermöglicht, ohne dass es zu Randabschattungen kommt. Canon weist darauf hin, dass im Telebereich nach wie vor die Bildstabilisatoren im Objektiv effektiver sind. Der IBIS arbeitet sowohl mit RF- und EF-Objektiven als auch mit anderen adaptierten Optiken zusammen.

Die Liste zeigt die Effektivität der Bildstabilisierung mit verschiedenen Objektiven.

Die Liste zeigt die Effektivität der Bildstabilisierung mit verschiedenen Objektiven.

Bild: Canon

Dual Pixel CMOS AF der 2. Generation

In beiden Kameras hat Canon den Dual Pixel CMOS AF (DPAF) weiterentwickelt. Die zweite Generation deckt bei automatischer Messfeldwahl das komplette Bildfeld ab, bei manueller Wahl immerhin 100 % vertikal und 90 % horizontal. Es stehen 5940 (R5) beziehungsweise 6072 Positionen zur Verfügung.

Den Batteriegriff BG-R10 gibt es für beide Kameras (hier die EOS R6). Er kostet ca. 379 Euro.

Den Batteriegriff BG-R10 gibt es für beide Kameras (hier die EOS R6). Er kostet ca. 379 Euro.

Bild: Canon

Der Autofokus ist bis -6 EV (R5) bzw. -6,5 EV (R6) empfindlich und funktioniert bis zu einer Lichtstärke von 1:22. Ähnlich wie in der Profi-SLR EOS-1D X Mark III greift er auf Deep-Learning-Algorithmen zurück und kann Objekte damit besser erkennen und verfolgen. So lassen sich neben Menschen auch Tiere identifizieren – primär Hunde, Katzen und Vögel – und Köpfe können auch von hinten erkannt werden. Selbst auf Tieraugen fokussieren die neuen EOS-Modelle – dazu waren bisher nur Sony-Kameras in der Lage. Die notwendige Rechenleistung liefert der aus der EOS-1D X Mark III bekannte DIGIC-X-Bildprozessor.

Schnelle Serien bei der EOS R5 und EOS R6

Herausragend sind die Geschwindigkeitswerte der beiden neuen EOS-Modelle. Mit elektronischem Verschluss sind 20 Bilder/s möglich, mit mechanischem Verschluss oder erstem elektronischen Verschlussvorhang 12 B/s – alles mit voller Auflösung, Servo-AF und Objektverfolgung. Beeindruckend ist auch die Serienbildlänge. Bei der EOS R5 sind es laut Canon bei 20 B/s 180 Raws oder 350 JPEGs, bei der R6 240 Raws und über 1000 JPEGs. Der mechanische Verschluss schafft übrigens eine kürzeste Belichtungszeit von 1/8000 s.

Weitere Neuerungen in beiden Kameras sind Fokus-Bracketing (mit allen RF- und ausgewählten EF-Objektiven) und neue Einstellungen für den Sucher. So lässt sich festlegen, wann die Kamera zwischen Sucher und Monitor umschaltet und die Bildwiedergabe im Sucher kann deaktiviert werden. Aus der EOS-1D X Mark III bekannt ist das neue Bildformat HEIF, das trotz geringer Dateigröße eine höhere Farbtiefe hat als JPEG (10 statt 8 Bit). Beide Kameras haben WLAN und Bluetooth integriert, wobei nur die R5 neben dem 2,4-Ghz- auch das 5-Ghz-Band unterstützt.

Die Monitore sind voll beweglich. Bei der EOS R6 (hier im Bild) fällt das Display etwas kleiner aus.

Die Monitore sind voll beweglich. Bei der EOS R6 (hier im Bild) fällt das Display etwas kleiner aus.

Bild: Canon

Batteriegriff und Akkulaufzeit

R5 vorbehalten bleibt der WLAN-Erweiterungsgriff WFT-R10 (ca. 1097 Euro), mit einer Reichweite von bis zu 150 m, der gleichzeitig als Batteriegriff mit Hochformatauslöser dient. Er unterstützt neben WLAN auch Gigabit Ethernet (1000Base-T) und Sicherheitsstandards wie FTPS/SFTP und WPA2-Enterprise. Einen reinen Batteriegriff (BG-R10, ca. 379 Euro) gibt es für beide Kameras. Auch der Akku ist neu: Der LP-E6NH hat 14 % mehr Kapazität als der bekannte LP-E6N und soll rückwärtskompatibel zu Kameras sein, die den alten Akku genutzt haben. Umgekehrt lässt sich der alte Akku auch in den neuen Kameras nutzen, wobei sich die Serienbildfrequenz verschlechtert. Die Akkulaufzeit liegt gemessen nach CIPA-Standard bei der EOS R5 im Sucherbetrieb bei maximal 320 Aufnahmen, mit Monitor bei 490. Bei der R6 hält der Akku etwas länger durch: 380 Aufnahmen mit Sucher, 510 mit Monitor; im Eco-Modus schaffen beide 700 Aufnahmen.

EOS R5 mit 8K-Video

Das neue Topmodell der EOS-R-Serie ist mit einem CMOS-Sensor mit Tiefpassfilter und einer Auflösung von 45 Megapixeln ausgestattet. Der größte Unterschied zu der EOS R6 ist der Videomodus. Als erste Fotokamera überhaupt nimmt die R5 8K-Video mit 30p (alternativ 25 und 24p) auf – und das sogar intern mit 12 Bit Raw und 10 Bit C-Log (bis zu 20 Minuten am Stück). 8K steht im DCI-Format mit einem Seitenverhältnis von 17:9 (8192 x 4320 Pixel) oder 16:9 (7680 x 4320 Pixel) zur Verfügung. Bei DCI kommt die Kamera ohne horizontalen Beschnitt aus, da die volle Pixelauflösung des Sensors genutzt wird. Im 16:9-Format gibt es einen minimalen Crop (1,06x). Auch der DPAF funktioniert in diesem extrem hochauflösenden Modus. 8K-Videos können übrigens auch für Fotografen interessant sein, da sich aus dem Film Einzelbilder mit ca. 35 Megapixeln extrahieren lassen.

Beide Kameras haben zwei Speicherkarten-Slots. Die EOS R5 (hier im Bild) nutzt SD- und CFexpress-Medien, die EOS R6 ausschließlich SD-Karten

Beide Kameras haben zwei Speicherkarten-Slots. Die EOS R5 (hier im Bild) nutzt SD- und CFexpress-Medien, die EOS R6 ausschließlich SD-Karten

Bild: Canon

4K-Video wird durch Oversampling aus 8K erzeugt und zeigt daher besonders viele Details. Hier stehen bis zu 120p für Zeitlupen zur Verfügung. Neben 10 Bit C-Log beherrscht die Kamera auch HDR-PQ-Videos (High Dynamic Range Perceptual Quantisation) für die Wiedergabe auf einem HDR-Fernseher. Bei der internen Aufzeichnung ist die Länge des 8K-Clips auf maximal 20 Minuten begrenzt, bei 4K auf knapp 30 Minuten (detaillierte Infos zur den Aufnahmezeiten und dem    Videomodus gibt es bei Canon Europe). Über HDMI ist die 4K-Aufzeichnung ohne Zeitlimit möglich, eine externe 8K-Aufzeichnung wird allerdings nicht unterstützt. Die interne Aufnahme benötigt für die extrem datenintensiven Modi eine CFexpress-Karte, da SD-Karten nicht schnell genug sind. Das betrifft folgende Einstellungen:

  • 8K Raw
  • 8K All-I
  • 4K 100/120p
  • 4K All-I (HEVC, H.265, YUV 422, 10 Bit)
  • 4K 50p/60p All-I (H.264, YUV420, 8 Bit)

Da die Verarbeitung von 8K Raw-Video extrem hohe Anforderungen an den Computer stellt, ist es möglich, parallel ein 4K-Proxy-Video auf SD-Karte aufzuzeichnen, das dann als Schnittmaterial dient. Die Schnitte können später auf das 8K-Video übertragen werden. Weitere Funktionen: Hochformat-Videos lassen sich so markieren, dass sie vertikal wiedergegeben werden, bspw. für Social Media. Als Belichtungshilfe steht ein Zebra zur Verfügung. Fokus-Assistent und Peaking helfen bei der manuellen Fokussierung.

Die maximale Länge der Clips ist von der Auflösung und Qualität abhängig. Beachten sollte man auch die Wartezeit bis rur nächsten Aufnahme, die die Kameras benötigen, um wieder abzukühlen.

Die maximale Länge der Clips ist von der Auflösung und Qualität abhängig. Beachten sollte man auch die Wartezeit bis rur nächsten Aufnahme, die die Kameras benötigen, um wieder abzukühlen.

Bild: Canon

Besser für Lowlight: die EOS R6

Zwischen der EOS R und der R5 positioniert Canon die EOS R6. Sie ist mit einem 20-Megapixel-Sensor mit Tiefpassfilter ausgestattet und beherrscht eine Stufe höhere ISO-Werte als die R5 (ISO 100 bis 102.400, erweitert 50 und 204.800). Zusammen mit der etwas höheren Empfindlichkeit des Autofokussystems (-6,5 statt 6) ist sie also besser für die Lowlight-Fotografie geeignet als die R5 – laut Canon vergleichbar mit der EOS-1D X Mark III.

Im Videobereich hat Canon folgende Funktionen gegenüber der R5 eingespart:

  • 8K
  • Raw
  • DCI 4K
  • 4K/120p
  • All-I-Komprimierung
  • C-Log steht nur im manuellen Modus zur Verfügung

Die höchste Video-Auflösung beträgt bei der EOS R6 also 3840 x 2160 Pixel, wobei ein Oversampling aus 5,1K für besonders feine Details sorgt. Die Bildwiederholrate liegt maximal bei 60p und der horizontale Crop bei 1,06x. Vorteil: Das integrierte Mikrofon nimmt stereo auf, das der R5 nur mono. Anschlüsse für ein externes Mikro und einen Kopfhörer sind aber vorhanden. Im Fotobereich muss die EOS R6 auf „Dual Pixel Raw“ verzichten, also die Möglichkeit, beispielsweise nach der Aufnahme leichte Fokuskorrekturen vorzunehmen. Außerdem fehlt ihr die Voice-Memo-Funktion der EOS R5.

Die EOS R6 bietet Canon auch im Kit mit dem RF 4-7,1/24-105 mm IS STM für ca. 2920 Euro statt 2631 Euro für den Body an. Alle Preise beziehen sich übrigens auf den aktuell niedrigeren Mehrwertsteuersatz von 16 % statt 19 %.

> Technische Daten zur Canon EOS R5

> Technische Daten zur Canon EOS R6

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