Im Test: Sony Alpha 6400

Autofokus-Vorreiter: Die Alpha 6400 war die erste Sony-Kamera mit "Real Time Tracking"-Autofokus, der für eine bessere Verfolgung von Motiven sorgen soll. Wir haben die Kamera mit der APS-C-Konkurrenz bereits Anfang 2019 verglichen. Lesen Sie unseren ausführlichen Test nun online.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Sony Alpha 6400

Das Magnesiumgehäuse der Alpha 6400 ist sehr kompakt.

Foto: © Sony

Sony ist immer für eine Überraschung gut – so hatten die meisten Beobachter für Anfang 2019 mit einem neuen Top-Modell oberhalb der Alpha 6500 gerechnet. Stattdessen gibt es nun erst einmal eine Alpha 6400, die mit gut 1000 Euro nach Straßenpreisen zwischen der 6300 und der 6500 angesiedelt ist. Dabei überbietet sie mit ihren neuen Autofokus-Technologien sogar das Spitzenmodell, allerdings fehlt ihr deren Gehäuse-Bildstabilisator.

In der zum Download angefügten Tabelle haben wir die Alpha 6400 mit der APS-C-Konkurrenz bis 1500 Euro verglichen.

Sony Alpha 6400 schräg

Mit dem Zoom 3,5-5,6/18-135 mm OSS ist sie für ca. 1450 Euro erhältlich.

Foto: © Sony

Äußerlich unterscheiden sich die drei Sony-Modelle nur geringfügig. Die 6500 hat den etwas größeren Griff und eine zusätzliche Benutzer-Taste (C für Custom) auf der Oberseite. Ansonsten sind Design und Bedienelemente identisch. Sony ist also – anders als bei der Alpha-7-Serie – bei der sehr flachen Bauweise geblieben, die ein paar ergonomische Einschränkungen mit sich bringt.

So sind die zwei Einstellräder nicht optimal positioniert. Beide werden mit dem Daumen bedient und erfordern, wenn im manuellen Modus Blende und Zeit eingestellt werden sollen, ein Umgreifen – ein zusätzliches Einstellrad am Griff wäre ergonomischer. Nicht optimal ist aus fotografischer Sicht auch der 3,0-Zoll-Monitor: Aufgrund seiner breiten 16:9-Bauweise geraten Bilder im nativen Sensorformat 3:2 recht klein – Videografen dürfen sich dagegen über das passende Seitenverhältnis für 4K- und HD-Filme freuen.

Ansonsten ist der Monitor eine der Neuheiten gegenüber den anderen Alpha-Modellen. Erstmals lässt er sich nicht nur nach unten (74 Grad), sondern auch 180 Grad nach oben in die Selfie-Position klappen, was Video-Blogger zu schätzen wissen dürften. Wer allerdings ein Mikrofon auf dem Zubehörschuh platziert, sieht kaum noch etwas vom Display. Abhilfe kann die seitliche Montage des Mikros auf einer Schiene schaffen.

Sony Alpha 6400 back

Der Monitor lässt sich nach unten und oben klappen – jetzt auch um 180 Grad für Selfies.

Foto: © Sony

Anders als bei der Alpha 6300 und wie bei der Alpha 6500 erlaubt der Monitor die Touch-Bedienung. Wie von Sony gewohnt mit Einschränkungen: So lässt sich das AF-Messfeld versetzen und das Bild im Wiedergabemodus mit doppeltem Tippen vergrößern, die Menübedienung oder ein Weiterblättern sind aber nicht möglich.

Das Verschieben des AF-Messfeldes funktioniert auch, wenn der Fotograf durch den Sucher schaut; der Touchpad-Bereich lässt sich dabei auf bestimmte Bereiche des Monitors begrenzen – beispielsweise links oben. Ein AF-Joystick ist dagegen nicht vorhanden. Alternativ lässt sich das Messfeld über das Steuerkreuz verschieben, wobei die Funktion erst etwas umständlich aktiviert werden muss, da zunächst andere Einstellungen auf dem Kreuz liegen (Serienbilder, ISO, Belichtungskorrektur, Display).

Beim OLED-Sucher liefert Sony wie bei den anderen Kameras der 6000er-Serie ordentliche Hausmannskost, aber nichts Herausragendes: Die Vergrößerung liegt bei 0,7fach, die Auflösung bei 2,4 Millionen Punkten. Für diese Preisklasse angemessene Werte – von einer Nachfolgerin der deutlich teureren Alpha 6500 darf man wohl eine höhere Auflösung erwarten.

Wichtigste Neuerung: der Autofokus

Sony hat viel Entwicklungsarbeit in die AF-Algorithmen gesteckt und der Kamera auch die notwendige Rechenleistung spendiert: Der Bildprozessor stammt aus dem Vollformat-Flaggschiff Alpha 9. Besitzer der Alpha 9, 7 III und 7R III bekommen die neuen AF-Algorithmen im März und April 2019 per Firmware-Update nachgeliefert. Im Wesentlichen hat Sony den bisherigen „Lock-on“-AF weiterentwickelt und in „Real-Time-Tracking“ umbenannt. Wurden bisher nur Farbe, Entfernung und die Gesichtserkennung für das Verfolgen eines Motivs herangezogen, so sind nun eine Muster- und eine Augenerkennung hinzugekommen.

Sony Alpha 6400 mit Mikro

Als Zubehör bietet Sony einen XLR-Adapter an, mit dem sich Mikrofone mit entsprechendem Stecker anschließen lassen.

Foto: © Sony

Der „Real-Time-Augen-AF“ soll Augen noch zuverlässiger erkennen und verfolgen – im Gegensatz zu den anderen 6000er-Modellen funktioniert er auch mit adaptierten Objektiven für das A-Bajonett. Außerdem kann der Fotograf nun zwischen rechtem und linkem Auge wählen – auch im laufenden Betrieb, wenn die entsprechende Funktion einer Benutzer-Taste zugewiesen wurde. Auswählen lässt sich das zu verfolgende Objekt entweder durch das halbe Durchdrücken des Auslösers oder über den Touchscreen (hierfür muss Touch-Tracking im Menü aktiviert sein). Im Praxistest funktionierte das Tracking beeindruckend gut – ob Menschen Tiere oder Schiffe: Das AF-Messfeld „klebt“ zuverlässig am Objekt.

Zum Augen-AF hat Sony außerdem ein Firmware-Update für den Sommer angekündigt: Dann sollen auch Tieraugen erkannt werden – zunächst wohl solche von (Wild)Katzen. Unverändert ist die Zahl der Hybrid-AF-Messfelder (425) und die Abdeckung des Bildes (84 Prozent). Unter dem Strich bringt die Alpha 6400 zurzeit nach dem Flaggschiff Alpha 9 die besten Autofokus-Funktionen mit.

Aufnahme mit Kreativmodus

Unter den Kreativmodi finden sich verschiedene Bildstile: links „Sonnenuntergang“, rechts „Standard“.
Kamera: Sony Alpha 6400, Objektiv: E 1,8/35 mm OSS, EInstellungen: f/4, 1/250 s, ISO 100.

Foto: © Andreas Jordan

Auf den ersten Blick scheint sich gegenüber der Alpha 6300 bei der Videoaufnahme nicht viel verändert zu haben. Auch die 6400 nimmt 4K-Clips (3840 x 2160) mit 25 Bildern/s und 100 MBit/s ohne Crop auf. Im NTSC-Modus sind 30p möglich, dann aber mit leichtem Bildfeldbeschnitt. Für eine optimale Schärfe werden sogar – wie bei der 6300 und 6500 – 6K-Informationen erfasst und auf 4K heruntergerechnet. Tatsächlich ist das 4K-Videomaterial extrem detailreich und brillant. Ein paar Neuerungen gegenüber der Alpha 6300 gibt es aber doch. So steht nun neben S-Log2/3 auch Hybrid Log Gamma (HLG) zur Verfügung, das optimales Material für die Wiedergabe auf kompatiblen HDR-Fernsehern liefert.

Außerdem hat Sony das aus der Alpha 6500 und Alpha 9 bekannte S&Q-Programm (Slow & Quick) integriert, mit dem sich für Zeitraffer und Zeitlupenaufnahmen Frequenzen von 1 bis 100 fps (NTSC: 120 fps) einstellen lassen – bei 100 fps beschneidet die Kamera das Bildfeld wiederum. Zu den Videofunktionen gehören außerdem Proxy-Recording, Zebra (Belichtungswarnung), ein Mikrofoneingang und ein HDMI-Ausgang für die Aufzeichnung auf einem externen Rekorder mit einer Farbunterabtastung von 4:2:2 und 8 Bit.

Erfreulich ist auch die mögliche Aufzeichnungslänge: In unserem Test schaffte die Kamera 50 Minuten 4K am Stück, bevor sie sich wegen Überhitzung abschaltete. Die Videoaufnahme hat dabei gut 50 Prozent der Akkuladung gefressen. Wenn sich der Akku bei der Videoaufnahme leert, hilft die Stromversorgung per USB weiter, die auch im laufenden Betrieb funktioniert.

Nachholbedarf hatte Sony bei Intervallaufnahmen. Bei der Alpha 6300 ließ sich diese Funktion noch über eine PlayMemories-App nachrüsten, bei den neueren Kameras – inklusive der Alpha 6500 – hat Sony PlayMemories nicht mehr integriert, sodass auch keine Intervallaufnahmen mehr zur Verfügung stehen.

Die Alpha 6400 ist nun also die erste Sony-Kamera, welche die Funktion fest integriert hat. Sie nimmt Fotos mit lautlosem elektronischen Verschluss in Intervallen zwischen einer und 60 Sekunden auf – und das für bis zu 9999 Aufnahmen in Folge. Bei der Alpha 9, 7 III und 7R III soll die Intervallaufnahme per Firmware-Update nachgeliefert werden.

Zu den weiteren Funktionen der Alpha 6400 gehören eine elektronische 3D-Wasserwaage, lautloses Auslösen, ein mechanischer Verschluss, der für 200.000 Auslösungen ausgelegt ist, und die drahtlose Kommunikation per Wi-Fi und Bluetooth. Fehlen könnte dem einen oder anderen Fotografen – neben dem Bildstabilisator – eine Funktion für Mehrfachbelichtungen und eine Bildbearbeitung bzw. Raw-Konvertierung in der Kamera.

Die Auslöseverzögerung mit Einzel-AF haben wir im Labor mit dem Zeiss 4/16-70 mm gemessen. Sie lag sowohl im Weitwinkel als auch im Tele bei gut 0,3s. Das ist keine relevante Veränderung gegenüber der Alpha 6300 und 6500. Schneller sind im Test vor allem die Fuji-Modelle. In der Praxis ist der Unterschied aber weitgehend irrelevant – alle Kameras im Test lösen ohne spürbare Verzögerung aus.

Wichtiger ist, dass die Alpha 6400 auch im schnellsten Serienbildmodus den Autofokus nachführt. Wir haben 11,2 Bilder pro Sekunde gemessen, wobei der Pufferspeicher größer ausfällt als bei der Alpha 6300 (aber kleiner als bei der 6500): Wir konnten 116 JPEGs bzw. 48 Raws in Folge aufnehmen – ein sehr gutes Ergebnis. Im Lautlos-Modus mit elektronischem Verschluss sinkt die Seriengeschwindigkeit auf rund 7,5 Bilder/s.

Die Alpha 6400 erreicht im Labortest mit dem Referenzobjektiv Zeiss 1,8/55 mm herausragende Auflösungswerte: Bis ISO 400 liegt der Wirkungsgrad sogar bei über 100 Prozent, was auf eine sehr aggressive Bildaufbereitung hindeutet. Das bestätigt auch die Artefaktnote von 5 – hier sind vor allem die Fuji-Kameras mit Noten von 2,5 bis 3,5 besser.

Selbst bei ISO 6400 hat die Kamera noch fast 90 Prozent Wirkungsgrad, ab 12.800 fällt die Auflösung dann aber deutlich ab. Das Bildrauschen nimmt kontinuierlich zu und liegt ab ISO 400 etwas über den Werten der hauseigenen Konkurrenz. Der Dynamikumfang ist mit knapp neun Blendenstufen bei ISO 100 sehr gut – in diesem Punkt überbietet Sony die Konkurrenz von Fujifilm und Canon.

Aufnahme im Serienbildmodus

FAZIT

Die Alpha 6400 begeistert mit ihrem hervorragenden Tracking-Autofokus, der das Fotografieren von bewegten Motiven deutlich vereinfacht. Die Bildqualität ist ebenfalls sehr gut. In Bezug auf die Ausstattung ist der fehlende Bildstabilisator der einzige größere Mangel. Bei zukünftigen APS-C-Kameras sollte Sony außerdem noch ein wenig an der Ergonomie feilen.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test: Canon EOS M5, Canon EOS M50, Fujifilm X-E3, Fujifilm X-T20, Fujifilm X-T2, Fujifilm X-T3, Sony Alpha 6300, Sony Alpha 6400, Sony Alpha 6500.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test wurde in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 4/2019 veröffentlicht.

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