Im Test: Insta360 One X

Mit der One X bringt Insta360 die dritte Panoramakamera für den Heimgebrauch auf den Markt. Die übertrifft ihre Vorgänger – und in mancher Hinsicht auch die Konkurrenz.

Das 360-Grad-Bild lässt sich beispielsweise in Photoshop schnell in einen „Kleinen Planeten“ wandeln.

Das 360-Grad-Bild lässt sich beispielsweise in Photoshop schnell in einen „Kleinen Planeten“ wandeln.

Bild: Rainer Claaßen

Als ich vor mehr als zwei Jahren zum ersten Mal eine Kamera von Insta360 in die Hände bekam, hat mich das Konzept nicht komplett überzeugt: Die Insta360 Nano konnte nur auf dem Lightning-Anschluss eines iPhones aufgesteckt genutzt werden. So eignete sich die Kamera vor allem als Party-Gag. Für anspruchsvollere Aufgaben war sie kaum zu gebrauchen, da sie nicht mit einem Stativ genutzt werden konnte und die Person am Auslöser auf jedem Bild zu sehen war.

Schon beim nächsten Modell, der Insta360 One zeichnete sich ab, dass der Hersteller durchaus ambitioniert ist und dass er es mit der Entwicklung seiner Produkte sehr ernst meint. Und das wird mit der nun vorgestellten Insta360 One X deutlich unterstrichen. Auch diese Kamera macht viel Spaß – und sie ist für ernsthafte Anwendungen gut gerüstet.

Dank des Displays und zweier Tasten lässt sich die Kamera auch ohne Smartphone nutzen.

Die beiden Perspektiven, die in den Bildern oben zu sehen sind, lassen sich aus dem verzerrt gespeicherten Rundum-Panorama (unten) generieren.

Bild: Rainer Claaßen

Wie arbeiten Panoramakameras?

In dem Gehäuse stecken – Rücken an Rücken – zwei Sensoren, vor denen jeweils ein Fisheye-Objektiv sitzt. So erfassen die Sensoren je einen Blickwinkel von etwas mehr als 180 Grad. Werden beide zeitgleich belichtet, entstehen zwei kreisrunde Bilder, die am Smartphone oder einem Computer zu einem Foto zusammengefügt werden. Dieses Bild im Seitenverhältnis 2:1 ist ähnlich verzerrt wie eine Weltkarte im Atlas, auf der die Oberfläche der Erde dargestellt wird. Eine passende Behandlung bei der Wiedergabe erweckt beim Betrachter den Eindruck, sich in jede Richtung der Aufnahme umschauen zu können – am Computer durch entsprechende Bewegungen mit der Maus, am Smartphone durch die Ausrichtung des Telefons. Besonders realistisch wird der Eindruck, wenn die Aufnahmen mit einer VR-Brille angeschaut werden. Dreht man dann den Kopf, wirkt das so, als würde man sich direkt am aufgenommenen Ort umblicken.

 

Anschlussfreudig

Dieses Modell kann über ein per Kabel verbundenes Smartphone bedient werden. Entsprechende Verbindungen für Apples Lightning-Anschluss, USB-Micro und USB-C gehören zum Lieferumfang der Kamera. Die passenden Apps gibt es für iOS und für Android jeweils gratis. Ist die Anwendung auf dem Smartphone installiert, öffnet sie sich automatisch, sobald die Geräte miteinander verbunden werden. Auf dem Smartphone-Display wird dann ein Vorschaubild angezeigt. Durch Wischen auf dem Display kann der angezeigte Bildbereich verändert werden. So lässt sich das Bild in jede Richtung und auch im Blick nach oben und unten kontrollieren.

Aus der Gratis-App können die Aufnahmen über diverse Plattformen mit anderen geteilt werden.

Dank des Displays und zweier Tasten lässt sich die Kamera auch ohne Smartphone nutzen.

BIld: Shenzen Arashi Vision Co.

Die Verbindung per Kabel ist zwar sehr verlässlich und einfach herzustellen, bedeutet aber auch Einschränkungen bei der Anwendung – zumal das mitgelieferte Lightning-Kabel nicht einmal 40 Zentimeter lang ist. Aber es gibt eine Alternative: Anders als bei den Vorgängermodellen ist es mit der One X auch möglich, eine WLAN-Verbindung zum Smartphone herzustellen. Das klappte im Test auffallend unkompliziert. Das Smartphone wird – gegebenenfalls nach Eingabe eines Passworts – in einem von der Kamera bereitgestellten WLAN angemeldet. Die Fernsteuerung war im Freien auf eine Distanz von bis zu 20 Metern ohne Störungen möglich, was die Kamera sehr flexibel macht. Gegenüber der zum Beispiel beim Vorgängermodell benutzten Bluetooth-Verbindung hat das den Vorteil, dass auf dem Display des Smartphones eine Vorschau angezeigt wird. Und auch die Bildeinstellungen lassen sich am Smartphone verändern. Die Menüführung leuchtet dabei nicht unbedingt auf Anhieb ein, sie ist aber doch recht schnell gelernt.

Hochauflösende Fotos und Videos

Über einen Micro-USB-Anschluss wird der Akku aufgeladen – er findet sich hinter einer Klappe auf der gegenüberliegenden Seite.

Aus der Gratis-App können die Aufnahmen über diverse Plattformen mit anderen geteilt werden.

BIld: Shenzen Arashi Vision Co.

Da die Kamera sehr viele Optionen bietet, konzentrieren wir uns in dieser Beschreibung auf die Fotofunktion – der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch Panoramavideos mit einer Auflösung von bis zu 5,8 K bei 30 Bildern pro Sekunde gedreht werden können und dass auch Livestreaming zu Facebook oder YouTube möglich ist.

Fotos schießt die Kamera mit bis zu 18 Megapixeln. Gespeichert werden die auf einer microSD-Karte, für die es auf der Kameraunterseite neben dem Stativgewinde einen Schlitz gibt. Sind Kamera und Smartphone miteinander verbunden, können Sie Bilder von der Speicherkarte direkt auf dem Display des Telefons anschauen. Die Fotos lassen sich auch in den Speicher des Smartphones übertragen.

Belichtungszeit und Weißabgleich können manuell eingestellt werden, in der Regel erzielt die Kamera aber auch in der Automatikeinstellung ansprechende Resultate. Allerdings mit gewissen Einschränkungen: Bei schwacher Motivbeleuchtung ist – bei den recht kleinen eingesetzten Sensoren kein Wunder – sehr deutliches Bildrauschen zu sehen. Und an den Kanten, an denen die beiden Fotos miteinander verbunden werden (Stitching), ist die Qualität deutlich schlechter als jeweils im mittleren von den Objektiven erfassten Bereich. Das sollte – wenn das Motiv es erlaubt – schon beim Ausrichten der Kamera berücksichtigt werden.
Problematisch sind bei Panoramafotos auch kontrastreiche Motive – erfasst die Kamera in der einen Richtung einen sonnendurchfluteten Platz und gegenüber schattige Arkaden, liegt der Kontrast-umfang außerhalb der Dynamik, die von den Sensoren erfasst werden kann. Dafür hat die Insta360 One X einen HDR-Modus. Sehr schnell nacheinander werden dabei zwei Belichtungen mit unterschiedlicher Helligkeit aufgenommen, die sich dann zu einem Foto verbinden lassen. Diese Kombination geschieht nach dem Übertragen der Bilder im Smartphone. Während das beim Test mit einem Android-Gerät gut funktionierte, stürzte die App auf dem iPhone ab. Das verwendete iPhone 6 wird aber offiziell für diese Kamera auch nicht mehr unterstützt – neuere Modelle sollten in dieser Hinsicht verlässlicher sein. Alternativ ist es auch möglich, die beiden Belichtungsvarianten mit entsprechenden HDR-Tools am PC zu kombinieren.

Bearbeitung

GoPro Fusion

Über einen Micro-USB-Anschluss wird der Akku aufgeladen – er findet sich hinter einer Klappe auf der gegenüberliegenden Seite.

BIld: Shenzen Arashi Vision Co.

Für die Bearbeitung am PC muss zunächst auch eine Software verwendet werden, die der Hersteller gratis zur Verfügung stellt. Diese trägt den Namen „Insta360 Studio for One X (Beta)“. Und wie die Ergänzung in der Klammer schon andeutet: Wirklich ausgereift ist sie noch nicht. Sie kann Fotos, die von der Kamera im proprietären Format mit der Endung „insp“ gespeichert werden, stitchen und als JPG exportieren. Dabei bietet sie allerdings kaum Einfluss auf den Vorgang – die einzige Option des Anwenders ist das Aktivieren einer „Stitching Optimization“. Wie die arbeitet ist allerdings nicht dokumentiert.
Während wir bei bisherigen Modellen von der Insta-Software recht angetan waren, ist zumindest dieser Mangel an Einstellmöglichkeiten enttäuschend. Wann die endgültige Version zu erwarten ist, konnte der Hersteller vor Redaktionsschluss nicht mitteilen.

In der Regel sind die Resultate aber in der Grundeinstellung fehlerfrei. Es empfiehlt sich, die Kamera nicht zu dicht am Motiv zu positionieren oder sie so auszurichten, dass Motivteile dicht vor der Kamera nicht an der Stitching-Kante liegen.
Wer größeren Einfluss auf die Bildgestaltung nehmen möchte, kann mit der One X auch im DNG-Format aufnehmen. Die Bilder werden mit 3040 x 6080 Bildpunkten mit einer Dateigröße von etwa 37 MB gespeichert. Sie können in einem beliebigen Programm, das die Raw-Entwicklung beherrscht, bearbeitet und anschließend mit der Insta-App gestitcht werden.
Die verblüffendsten Resultate erzielt man mit dieser Kamera mit der Videofunktion. Aber auch Panoramafotos haben einen speziellen Reiz – egal, ob man am Computer per Maus das Motiv in alle Richtungen betrachtet oder ob man sich darin am Smartphone beziehungsweise per VR-Brille umschaut. Zumindest bei gut beleuchteten Motiven schafft die Insta360 One X erstaunlich hochwertige Fotos.

FAZIT

Sowohl bei der Bildqualität als auch bei der Bedienung und der Flexibilität lässt dieses Modell die aktuelle Konkurrenz hinter sich (siehe Übersicht). Der Preis ist mit 460 Euro nicht ganz günstig, aber wer sich ernsthaft mit der 360-Grad-Fotografie beschäftigt und auch hochwertige Videos aufzeichnen möchte, wird damit wohl leben können. Die Kamera wird auch in verschiedenen Bundles mit Speicherkarten und/oder einem Selfiestick angeboten (der ist dank der Software im Bild nicht zu sehen) – diese kosten bis zu 490 Euro.

Insta360 One X  
Hersteller Shenzen Arashi Vision Co.
Preis ca. 450 Euro
Info www. insta360.com
Auflösung Foto: 6080 x 3400 Pixel;
Video: 5760 x 2880 Pixel, 30 B/s
Größe/ Gewicht 48 x 115 x 28 mm/ 115 g
Pro - gute Foto- und Videoqualität
- einfache Handhabung
- DNG-Aufnahmen
Contra - Software noch nicht ausgereift
- Material und Verarbeitung nicht hochwertig
 

Alternativen zu 360-Grad-Kameras

 

 

Sucht man im Online-Handel nach 360-Grad-Kameras, finden sich eine ganze Menge bekannter und auch unbekannter Anbieter. Hier die wichtigsten Alternativen zur Insta360 One X:

 

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