Nikon D850 im Praxis- und Labortest

Vollformat-SLRs Nikon D850 & Co.
04.01.2018

Die Nikon D850 verspricht, die perfekte Allround-Kamera zu sein: Hochauflösend, schnell und sehr gut ausgestattet. Wir wollten im Vergleichstest wissen, ob sie das Versprechen halten kann

 

Die D850 ist für Nikon eine enorm wichtige Kamera. Erstmals seit der D5 und D500 vor rund anderthalb Jahren hat der japanische Traditionshersteller, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Jubiläum feiert, wieder eine wirklich innovative Systemkamera im Angebot. Schon ein Blick auf die technischen Daten zeigt, dass es gelungen ist, eine sehr hohe Auflösung (knapp 46 Megapixel) mit einer rasanten Geschwindigkeit (bis zu 9 Bilder/s mit Batteriegriff) zu kombinieren; flotter ist zurzeit nur Sonys SLT Alpha 99 Mark II (42,4 Megapixel, 12 Bilder/s), die aber einen elektronischen Sucher hat. Entsprechend gespannt waren wir, ob die D850 im Praxis- und im Labortest die hohen Erwartungen erfüllen kann.
In der Tabelle (zum Download auf Seite 3) finden Sie im Vergleich drei andere Vollformatkameras mit einer Auflösung ab 30 Megapixeln, die mindestens 6 Bilder/s schießen – neben der Sony Alpha 99 II sind dies die Canon EOS 5D Mark IV (30,4 Megapixel, 6,6 B/s) und die D850-Vorgängerin D810, welche die 6 Bilder/s allerdings nur im DX-Crop-Modus erreicht.

Modifiziertes Gehäuse

Von vorne betrachtet sind nur geringe Unterschiede zwischen der D850 und ihrer Vorgängerin D810 festzustellen. Lediglich das Design des Sucherhügels hat sich leicht verändert. Der Grund dafür ist, dass Nikon den Gehäuseblitz weggelassen hat; im Gegenzug ist der Sucher größer geworden. Mit einer Vergrößerung von 0,74x (D810: 0,7x) ist er der größte in einer Nikon-SLR – selbst die Highend-SLR D5 vergrößert nur 0,72fach. Mehr Designänderungen zeigen sich von oben: Der Handgriff ist etwas tiefer (aber nicht so tief wie beispielsweise bei der DX-Kamera D500), sodass die Kamera besser in der Hand liegt. Die meisten Neuerungen offenbart der Blick auf die Rückseite. Die Bedienelemente sind nun genauso angeordnet wie bei der D500. Neu ist vor allem der 3,2-Zoll-Monitor, der sich nach oben und unten kippen lässt und eine höhere Auflösung hat (rund 2,4 Millionen RGB-Bildpunkte). Er erlaubt außerdem die Touch-Bedienung – vom Setzen des AF-Messfeldes im Live-View, über die Menünavigation bis hin zu den üblichen Blätter- und Spreizgesten in der Wiedergabe. Wie bei der D5 und D500 gibt es nun einen Joystick, der unter anderem zum schnellen Verschieben des AF-Messfeldes genutzt werden kann. Auf der linken Seite ist unter der OK-Taste die Fn2-Taste hinzugekommen. Sie ist standardmäßig mit der Bildbewertung bei der Wiedergabe belegt und lässt sich auf den Aufruf des individuell konfigurierbaren „Mein-Menü“ umstellen – so frei belegbar wie die Fn-Taste auf der Vorderseite ist sie nicht. Weitere gelungene Neuerung bei der Bedienung: Die Tasten auf der Rückseite der Kamera sind nun beleuchtbar. Auf dem Monitor und im Sucher lässt sich übrigens eine 3D-Wasserwaage einblenden.
Der Blick durch den Sucher zeigt – neben der beeindruckenden Größe – eine weitere Neuerung: Das AF-Modul wurde aus der D5 übernommen und bringt nun 153 Messfelder mit, von denen 99 Kreuzsensoren sind; bei f/8 (also dem Einsatz von Telekonvertern) stehen noch 15 Messfelder zur Verfügung. Die Empfindlichkeit reicht beim mittleren Messfeld bis -4 EV, bei den anderen bis -3 EV. Unterstützt wird der AF von dem Belichtungssensor mit 180.000 RGB-Pixeln, der das Tracking verbessert und beispielsweise eine Gesichtserkennung ermöglicht.

Hervorragende Ausstattung

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Nikon D850 back

Der Monitor lässt sich nun kippen und ermöglicht eine Touch-Bedienung

© Nikon

Die D850 bringt alle Funktionen mit, die Nikon in den letzten Jahren eingeführt hat – und mindestens eine ganz neue. Zu den Neuerungen gehört der elektronische Verschluss, den es bei Nikon bisher nur in der D5 gab, der in der D850 aber erstmals konsequent genutzt wird. Er ermöglicht – wie bei den meisten spiegellosen Systemkameras – ein lautloses Auslösen im Live-View (das nennt Nikon „Stilles Auslösen“). Der rein elektronische Verschluss hat gegenüber dem mechanischen allerdings immer noch Nachteile, beispielsweise können bei schnellen Bewegungen Verzerrungen durch den Rolling-Shutter-Effekt entstehen, da der Sensor zeilenweise ausgelesen wird. Das Blitzen ist mit E-Verschluss gar nicht möglich.

Die Serienbildgeschwindigkeit hat Nikon im Modus „Stilles Auslösen 1“ auf sechs Bilder/s beschränkt, im Modus 2 schaltet die Kamera in den DX-Crop-Modus mit 3600 x 2400 Pixeln und kann dann drei Sekunden lang mit 15 Bildern/s aufnehmen – leider nur mit der Qualität JPEG-normal. Es gibt allerdings noch einen entscheidenderen Haken: Die D850 kann bei Serienbildern im Live-View den Fokus nicht nachführen, die Schärfe bleibt also auf dem ersten Bild und Serienbilder machen deshalb nur dann Sinn, wenn sich die Entfernung des Motivs zur Kamera nicht ändert. Im Videomodus führt die D850 die Schärfe dagegen prinzipiell nach, allerdings mit dem meisten Objektiven so langsam und mit Pumpen, dass man den Autofokus besser abschaltet.
Das „Stille Auslösen“ mit elektronischem Verschluss lässt sich übrigens auch für das Erstellen von Intervallaufnahmen und Zeitraffer-Filmen in 4K-Auflösung nutzen – das schont den mechanischen Verschluss, der für 200.000 Auslösungen ausgelegt ist (bei Nikon ist nur die D5 mit 400.000 Auslösungen langlebiger). Es ist übrigens möglich, beim Fotografieren mit Sucher den ersten Verschlussvorhang elektronisch ablaufen zu lassen, um zu vermeiden, dass Vibrationen Unschärfen in den Aufnahmen erzeugen – hierzu muss allerdings der Modus Q(uiet) oder die Spiegelvorauslösung (Mup) aktiviert werden.

Premiere bei Nikon hat das Fokus-Bracketing: Bis zu 300 Aufnahmen lassen sich automatisch mit leicht verschobenem Fokus machen, übrigens auch mit „Stillem Auslösen“. Wer die Bilder für Makroaufnahmen mit vergrößerter Schärfentiefe zusammenrechnen will, benötigt eine entsprechende Software wie Helicon Focus Pro – Focus-Stacking in der Kamera bieten zurzeit nur Olympus und Panasonic. Sinn macht das Focus-Bracketing aber auch, wenn nur ein Bild ausgewählt und beispielsweise die Schärfe bei Portraits perfekt auf das Auge gelegt werden soll.

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Über den Autor
Andreas Jordan

Andreas Jordan ist Journalist und Mediendesigner und arbeitet seit 1994 als Redakteur und Autor mit den Schwerpunkten Multimedia, Imaging und Fotografie für verschiedene Fach- und Special-Interest-Magazine (u. a. Screen Multimedia, Computerfoto, MACup) und Tageszeitungen (Hamburger Abendblatt, Berliner Kurier). Seit 2003 ist er Redakteur beim fotoMAGAZIN und leitet dort seit 2007 das Ressort Test & Technik.