Im Test: Sony Alpha 1

Mit einer Auflösung von 50 Megapixeln und einer Geschwindigkeit von 30 Bildern/s setzt die Sony Alpha 1 auf dem Papier neue Maßstäbe. Ob sie auch im Praxis- und Labortest überzeugen kann, zeigt unser Vergleichstest mit anderen Highend-Alpha-Modellen und der Canon EOS R5.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Sony Alpha 1 mit fotoMAGAZIN-Siegel

Wir haben die Sony Alpha 1 im März 2021 in der Praxis und im Labor getestetet. Lesen Sie, wie sie sich im Vergleich mit anderen Highend-Alpha-Modellen und der Canon EOS R5 schlägt.

Produktfotos: © Sony

Auf den ersten Blick sieht man der Alpha 1 ihre bahnbrechenden Neuerungen nicht an. Das Design lehnt sich an die Sportkameras der Alpha-9-Serie an. Im Gegensatz zu den 7er-Modellen bringt sie also auf der Oberseite ein kombiniertes Drive/AF-Rad mit. Der Griff ist wie schon bei der videozentrierten Alpha 7S III etwas größer geworden. Die Anordnung der Bedienelemente auf der Rückseite unterscheidet sich nicht von anderen aktuellen Vollformatmodellen von Sony. Der Joystick ist angenehm groß, es gibt eine AF-on-Taste und einen Videoauslöser sowie mehrere individuell belegbare Funktionstasten. Leicht verbessert hat Sony die Abdichtungen gegen das Eindringen von Spritzwasser und Staub. So ist beispielsweise – wie schon bei der Alpha 7S III – die Speicherfachabdeckung durch einen doppelten Mechanismus verriegelt.

Sony Alpha 1

Die Alpha 1 liegt mit ihrem ausgepägten Griff gut in der Hand. Das Drive-Rad oben rechts gibt einen schnellen Zugriff auf die Serienbild- und AF-Modi.

Foto: © Sony
 

Nicht von der Alpha 7S III übernommen wurde der seitlich ausklappbare Monitor. In der Alpha 1 lässt er sich nur nach oben und unten kippen und damit nicht in die Selfie-Position. Mit einer Diagonale von 7,5 cm (3,0 Zoll) und einer Auflösung von 1,44 Millionen Pixeln fällt er kleiner aus als bei vielen Highend-Konkurrenzmodellen und ist das einzige größere Ausstattungsmanko der neuen Kamera. Immerhin hat Sony wie erstmals in der Alpha 7S III eine konsequente Touch-Bedienung und das deutlich übersichtlichere neue Menü implementiert, sodass es an der Ergonomie nur noch wenig auszusetzen gibt.

 

Dass die Alpha 1 neue Maßstäbe setzt, zeigt sich erstmals beim Blick durch den Sucher: Mit einer Auflösung von 9,44 Millionen Punkten und einer Vergrößerung von 0,9x ist er aktuell am größten und hat die höchste Auflösung. Wem das Sucherbild zu groß ist, der kann es für eine bessere Übersicht verkleinern. Positiv fällt auf, dass es auch im schnellsten Serienmodus mit E-Verschluss keine Dunkelphase zwischen den Bildern gibt. Die Bildwiederholfrequenz beträgt maximal 240 fps, lässt sich zur Reduzierung des Stromverbrauchs aber auf 120 oder 60 fps reduzieren. Wer Moirés im Sucher vermeiden will, sollte die Anzeigequalität unbedingt auf „Hoch“ einstellen, was ebenfalls den Stromverbrauch erhöht.

Sony Alpha 1 mit aufgeklappten Monitor

Der Monitor der Alpha 1 lässt sich nach oben und unten kippen. Die Touch-Bedienung wurde verbessert und auf das Niveau der Alpha 7S III gehoben.

Foto: © Sony

Alpha 1 mit starker Rechenleistung

Die Schlüsselkomponenten für die hohe Leistungsfähigkeit der Alpha 1 sind der Bildsensor und der Bildprozessor. Wie schon in den Alpha-9-Modellen kommt ein rückseitig belichteter CMOS-Sensor (BSI-Bauweise für eine optimierte Lichtausbeute) mit integriertem Speicher zum Einsatz (Markenbezeichnung „Exmor RS“), was der Auslesegeschwindigkeit zu Gute kommt. Der neue BIONZ-XR-Bildprozessor ist laut Sony acht Mal schneller als die bisherigen BIONZ-X-Prozessoren. So lassen sich die gigantischen Datenmengen der 8K-Videos und der schnellen Serienbildern verarbeiten. Wie schon in der Alpha 7S III hat Sony zwei Kombilaufwerke für SD-Karten und die etwas kleineren, aber schnelleren CFexpress-Typ-A-Karten implementiert. Für die meisten Einsatzbereich reicht eine schnelle SD-Karte (für 8K-Video: V60 oder V90), lediglich einige Zeitlupenmodi erfordern das teurere CFexpress-Medium.

Sony Alpha 1 mit hoher Serienbildgeschwindigkeit

Die hohe Auslesegeschwindigkeit des Sensors hat den Vorteil, dass sich der elektronische Verschluss fast bedenkenlos einsetzen lässt. So wurde nicht nur der Rolling-Shutter-Effekt minimiert, sondern erstmals kann die Alpha 1 mit elektronischem Verschluss und den üblichen Synchronzeiten blitzen. Bei den meisten Kameras gelingt das mit E-Verschluss gar nicht oder nur mit langen Synchronzeiten (Olympus: 1/50 s). Bei der Alpha 1 stehen hier als kürzeste Synchronzeiten 1/200 s bzw. 1/250 s im APS-C-Crop-Modus zur Verfügung. Voraussetzung ist allerdings ein kompatibler Blitz auf dem Multi-Interface-Hotshoe. Erstmals lässt sich beim Fotografieren mit E-Verschluss eine Anti-Flicker-Funktion zuschalten, die Streifenbildungen bei Fluoreszenzlampen vermeidet (funktioniert nicht im Videomodus). Doch auch den mechanischen Verschluss hat Sony verbessert. Neben der im Profibereich üblichen kürzesten Verschlusszeit von 1/8000 s, beherrscht er eine ungewöhnlich kurze Blitzsynchronzeit von 1/400 s (1/500 s bei APS-C).

Sony Alpha 1: Autofokus, IBIS und Pixel-Shift

Beim Autofokus ist Sony schon seit längerem Vorreiter. Die Alpha 1 bringt einen Hybrid-AF aus Phasen- und Kontrast-Detektion mit. 759 Phasen-AF-Messfelder decken 92 % des Bildes ab, der Kontrast-AF geht noch etwas weiter an den Bildrand. Die AF-Empfindlichkeit wurde im Vergleich zur Sportkamera Alpha 9 II von -3 EV auf -4 EV verbessert. Noch besser ist laut Datenblatt die Alpha 7S III, die bis -6 EV fokussiert.
Bereits aus anderen Sony-Kameras bekannt ist der Augen-Autofokus mit Motivverfolgung für Menschen und Tiere. In der Alpha 1 hat Sony beide Augen-AF-Modi optimiert. Bei Menschen funktioniert er bei Gegenlicht besser, bei Tieren auch in der seitlichen Ansicht. Neu ist der dritte Augen-AF-Modus, speziell für Vögel. In unserem Test klappte die Augenerkennung beispielsweise bei Möwen gut. Kleine Einschränkung: Im Videomodus steht nur das Augen-Tracking für Menschen zur Verfügung.

Wie alle aktuellen Vollformatkameras von Sony bringt auch die Alpha 1 einen Bildstabilisator im Gehäuse mit (IBIS). Er kompensiert gemessen nach CIPA-Standard 5,5 Blendenstufen. Ein guter, aber kein sensationeller Wert – Canon und Olympus erreichen durch die Kombination von IBIS und Objektiv-Stabilisator teilweise bessere Ergebnisse (7,5 bis 8 Blendenstufen). Wie die Alpha 7R III und IV bringt auch die Alpha 1 einen „Pixel Shift Multi Shot“-Modus mit, in dem die Bildqualität durch pixelgenaues Verschieben des Bildsensors verbessert wird. Dabei stehen zwei Varianten zur Verfügung: Bei vier Aufnahmen wird der Versatz lediglich genutzt, um pro Pixel die vollen RGB-Farbinformationen ohne Interpolation zu ermitteln, was Moirés eliminiert, die beispielsweise bei Aufnahmen von Architektur oder fein strukturierten Stoffen auftreten können; die Auflösung bleibt bei 50 Megapixeln. Im zweiten Modus werden aus 16 Aufnahmen zusätzliche Auflösungsinformationen gewonnen. Zusammengesetzt werden die Bilder in beiden Fällen nicht in der Kamera, sondern im Raw-Konverter „Imaging Edge Desktop“. Bei der 16er-Reihe beträgt die Auflösung der exportierten Datei 199 Megapixel, eine 8-Bit-TIFF-Datei wird dann knapp 600 MB groß. Voraussetzungen für den Einsatz des Pixel-Shift-Modus sind ein stabiles Stativ und ein statisches Motiv.

Weitere Funktionen der Sony Alpha 1

Zu den weiteren fotografischen Funktionen gehören die Unterstützung für das HEIF-Bildformat mit 10 Bit Farbtiefe sowie Intervallaufnahmen. Vergeblich sucht man nach wie vor Mehrfachbelichtungen oder einen integrierten Raw-Konverter. Immerhin lassen sich Bilder in der Kamera zuschneiden. Der HDR-Modus wurde wie schon bei den anderen Profi-Modellen (Alpha 7R IV und 7S III) weggelassen. Sony geht wohl davon aus, dass die Zielgruppe eine Raw-Belichtungsreihe macht und das HDR-Bild dann am Computer zusammensetzt.
Verbessert hat Sony auch die Konnektivität. So kommuniziert das WLAN mit zwei Antennen auf 2,4 oder 5 Ghz, die Übertragung auf einen FTP-Server soll drei Mal schneller sein als bei der Alpha 9 II und per Kabel gelangen die Daten über 1000BASE-T-LAN ins Netz. Strom liefert der bekannte Akku NP-FZ100, gemessen nach CIPA-Standard ermöglicht er 430 Aufnahmen mit Sucher oder 530 Aufnahmen mit Monitor. Verlängern lässt sich die Akkulaufzeit mit dem optionalen Batteriegriff VG-C4ECM.

Lange 8K-Videos mit der Alpha 1 möglich

Nach der Canon EOS R5 ist die Alpha 1 die zweite Fotokamera, die Video mit 8K-Auflösung aufnimmt, genauer gesagt mit 7680 x 4320 Pixeln. Für zusätzliche Schärfe sorgt das 8,6K-Oversampling, sprich der Sensor wird in der Breite mit der gesamten Pixelzahl ausgelesen (8640) und das Ergebnis auf 7680 Pixel runtergerechnet. Als Bildfrequenzen stehen bei PAL 25p und bei NTSC 30p oder 24p zur Verfügung. Auf Speicherkarte nimmt die Kamera mit 10 Bit Farbtiefe, 4:2:0 Farbunterabtastung und dem H.265-Codec auf, wahlweise mit 200 oder 400 MBit/s. Bemerkenswert ist, dass die Alpha 1 anders als die EOS R5 auch bei längeren Clips die Aufnahme nicht wegen Überhitzung abbricht. Uns gelangen bei Raumtemperatur 8K-Videos mit rund 90 Minuten Länge, dann war der Akku leer. Wer das vermeiden will, kann Strom per USB-C zuführen. Für die meisten Zwecke dürfte die 4K-Auflösung ausreichen, die per Oversampling aus 5,8K gewonnen wird. Hier gibt es auch ein schnittfreundliches All-I-Format, bei dem die Datenrate dann auf 600 Mbit/s ansteigt. Bei 4K sind Frequenzen bis 60p (NTSC), bzw. 50p (PAL) möglich, in Full-HD bis zu 120p bzw. 100p. Wie bei Sony üblich, existiert ein eigener Zeitlupen/Zeitraffer-Modus (S&Q). Hier bietet die Kamera sogar bei 4K Frequenzen von 120/100p und bei Full-HD sogar 240/200p. Auch die üblichen Gamma-Einstellungen sind an Bord (S-Log 2/3, HLG); für einen Kino-Look mit optimierter Hauttonwiedergabe gibt es außerdem das aus Sonys Profi-Filmkameras bekannte S-Cinetone-Farbprofil, das seit kurzem auch als Firmware-Update für die Alpha 7S III erhältlich ist.

Vollformatkamera Sony Alpha 1 hat den schnellsten Serienbildmodus

Im Labor haben wir die Auslöseverzögerung mit Einzel-AF mit dem FE 2,8/24-70 mm GM gemessen. Mit gut 0,2 s ist die Kamera ähnlich schnell wie die anderen Alpha-Modelle im Test, aber etwas langsamer als die EOS R5, bei der wir ca. 0,1s ermittelt haben. In der Praxis dürfte das aber kaum eine relevante Rolle spielen.

Mit 30 Bildern/s mit AF/AE-Nachführung ist die Alpha 1 aktuell die Vollformatkamera mit dem schnellsten Serienbildmodus – und das trotz der extrem hohen Auflösung von 50 Megapixeln. Zum Vergleich: Die Canon EOS R5 schafft 20 Bilder/s bei 45 Megapixeln, die Alpha 9 II 20 Bilder/s bei 24 Megapixeln. Ein paar Einschränkungen gibt es allerdings. So erreicht die Kamera diese Geschwindigkeit nur mit elektronischem Verschluss und mit JPEGs oder verlustbehaftet komprimierten Raws. Mit beiden Einschränkungen lässt sich aber leben. Zum einen ist der E-Verschluss so schnell, dass kaum qualitative Einschränkungen zu befürchteten sind. Zum anderen ist der Unterschied zwischen einem verlustbehaftet komprimierten Raw und einem verlustfrei komprimierten oder unkomprimierten Raw nur bei extremen Belichtungskorrekturen sichtbar. Wer trotzdem mit verlustfreien Raws fotografieren will, kann das immer noch mit 20 Bildern/s.

Der Einsatz des mechanischen Verschlusses reduziert die Serienbildgeschwindigkeit auf bodenständige 10 Bilder/s. Überzeugen kann auch die Serienbildlänge. Wir haben bei 30 Bildern/s 163 JPEGs und 143 komprimierte Raws in Folge ermittelt. Bei verlustfrei komprimierten Raws und 20 Bildern/s waren 103 Bilder in Folge möglich. Spätestens bei 10 Bildern/s haben auch die Raw-Serien praktisch keine Längenbegrenzung (wir haben den Test bei über 2000 in Folge abgebrochen).
Die Bildqualität haben wir im Labor wie üblich mit dem Zeiss Sonnar 1,8/55 mm im JPEG-Modus mit Werkseinstellungen ermittelt. Die Auflösung ist demnach bis ISO 400 extrem hoch, mit Wirkungsgraden von 96 % bis 100 %. Bei ISO 1600 fällt der Wirkungsgrad unter 90%, ab ISO 6400 unter 80 % und ab 12.800 unter 70 %. Die Canon EOS R5 hat zwar bei ISO 800 die niedrigere Auflösung, ab ISO 1600 aber die höhere. Im Vergleich zur Sony Alpha 9II hat die Alpha 1 zwar auch bei ISO 6400 noch die etwas höhere absolute Auflösung, allerdings mit deutlich niedrigerem Wirkungsgrad; sprich die Alpha 9 II verliert in den höheren ISO-Stufen Auflösung nur wenig (selbst bei ISO 6400 liegt der Wirkungsgrad noch bei knapp 95 %!).

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Rauschen. Bis ISO 1600 ist es gering und visuell nicht störend, ab ISO 3200 fällt es aber deutlich stärker aus als bei der in dieser Hinsicht herausragenden EOS R5 und der Alpha 9 II. Die noch höher auflösende Alpha 7R IV rauscht dagegen stärker. Bei der JPEG-Eingangsdynamik und den Artefakt- und Scharfzeichnungsnoten hat die EOS R5 ebenfalls leicht die Nase vorn, sodass sie unter dem Strich bei der Bildqualität besser abschneidet.

Pixel Shift Modus der Sony Alpha 1

FAZIT
Die Alpha 1 begeistert nicht nur auf dem Papier, sondern auch im Test mit hervorragenden Ergebnissen bei Geschwindigkeit und Bildqualität bis ISO 1600. Der perfekte Allrounder ist sie trotzdem nicht. Im High-ISO-Bereich erzielen Kameras mit geringerer Pixelzahl die besseren Ergebnisse beim Rauschen und teilweise auch bei der gemessenen Auflösung. Für Sport- oder Wildlife-Fotografen aus dem Sony-Lager stellt sich die Frage, was ihnen wichtiger ist: Der Vorteil des größeren Crop-Potenzials der Alpha 1 oder das niedrigere Rauschen der Alpha 9 II. Wenn Geld keine Rolle spielt, ergänzen sich die beiden Kameras. Eine bessere Balance scheint Canon mit der EOS R5 gefunden zu haben, die den Testsieg für sich verbuchen kann.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen (Canon EOS R5, Sony Alpha 1, Sony Alpha 7R IV, Sony Alpha 9 II) aus unserem Test.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 5/2021 erschienen.

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