Text: Damian Zimmermann
Sylvie Blum muss etwa vier Jahre alt gewesen sein, als sie eine Abbildung des Ölgemäldes „Liebkosungen (Die Zärtlichkeit der Sphinx)“ des belgischen Symbolisten Fernand Khnopff sah. Darauf zu sehen sind ein junger Ödipus und eine Sphinx mit dem Körper einer Gepardin und dem Kopf einer Frau. Ihre Wangen berühren zärtlich einander und das Bild wirkt nicht nur erotisch und exotisch zugleich, sondern auch ein wenig bedrohlich, als würde die Sphinx gerade zum Sprung auf Ödipus ansetzen. „Das Bild hat mich endlos fasziniert und seither immer begleitet“, erinnert sich die 1967 geborene Fotografin. So sei Khnopffs Gemälde auch ihre wichtigste Inspiration für ihre eigene Serie „Big Cats“ gewesen.
Dafür fotografierte Blum gezähmte und trainierte Löwen und Tiger in der amerikanischen Wüste – zusammen mit Aktmodellen, die einerseits stark wie Amazonen wirken und die zugleich an die berühmte Fotoikone von Herb Ritts erinnern, der 1989 die fünf Supermodels Stephanie Seymour, Cindy Crawford, Christy Turlington, Tatjana Patitz und Naomi Campbell nackt und dicht zusammengedrängt fotografierte. Seitdem arbeitet Sylvie Blum immer wieder mit (scheinbar) wilden Tieren und unbekleideten, meist athletischen Frauen zusammen.
„Mit Tieren zu arbeiten ist nie einfach, doch jedes Mal
Sylvie Blum, Aktfotografin
eine wunderbare Erfahrung.“
Sylvie Blum profitiert sicherlich davon, dass ihre eigene fotografische Karriere vor der Kamera begann: Als Model posierte sie für viele berühmte Fotografen wie Helmut Newton und Jan Saudek und nicht zuletzt für Günter Blum, mit dem sie bis zu seinem Tod 1997 liiert war und von dem sie das Fotografieren und vor allem das fotografische Sehen lernte.
Eine neue Perspektive auf den weiblichen Körper
Ihre Ideen holt sie sich dabei aus vielen Bereichen der Kunst- und Fotografiegeschichte: Neben den bereits genannten Khnopff und Ritts dienen ihr auch Leni Riefenstahl und Edward Weston als Inspiration. Und in jüngster Zeit auch die Skulpturen von Niki de Saint Phalle. Dafür arbeitet Blum mit ihrer stark übergewichtigen Muse Angel zusammen. Nie zuvor habe sie einen so dicken Menschen nackt gesehen, erklärt Blum – und wollte den voluminösen Körper mit ihrer Kamera begreifen. „Ich sah auf einmal so viele Möglichkeiten, Formen und neue In-spiration.“ Diese neue Perspektive auf den weiblichen Körper fasziniere sie ungemein, während sie in den Arbeiten ihrer fotografischen Ästhetik treu bleibt.
Die österreichische Fotografin Sylvie Blum lebt seit 2005 in Los Angeles. 300 ihrer sinnlichen Werke befinden sich in der ständigen Sammlung des Museum of Contempory Art (MOCA) in Bangkok. 2011 ist im Verlag teNeues ihr Bildband "Naked Beauty" erschienen.
Sylvie Blum wird in Deutschland von der Münchener Galerie Immagis vertreten.
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