Die Geschichte von Agfa – Optik, Chemie und Kameras

Agfa zählt zu den bedeutendsten Namen der deutschen Fotogeschichte. Die Marke prägte Generationen von Fotograf:innen – mit legendären Kameras, bahnbrechenden Filmen und technischen Innovationen.

Einhundert Jahre trennen die Agfa Standard von 1926 und die AgfaPhoto C130, die auf der Internationalen Funkausstellung 2025 in Berlin vorgestellt wurde.

Einhundert Jahre trennen die Agfa Standard von 1926 und die AgfaPhoto C130, die auf der Internationalen Funkausstellung 2025 in Berlin vorgestellt wurde.

© John Nuttall from Hampshire, United Kingdom, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons (Agfa Standard) / AgfaPhoto (AgfaPhoto C130)

Wann wurde Agfa gegründet und wofür steht der Name?

AGFA wurde 1867 in Rummelsburg bei Berlin gegründet. Der Name ist die Abkürzung für „Aktien-Gesellschaft für Anilin-Fabrikation“. Ursprünglich auf chemische Produkte spezialisiert, entwickelte sich Agfa rasch zu einem Vorreiter in der Fotochemie.

Welche Rolle spielte Agfa in der Frühzeit der Fotografie?

Bereits 1889 brachte Agfa mit Rodinal einen der ersten kommerziell erhältlichen Schwarzweißentwickler auf den Markt – ein Produkt, das bis heute in der analogen Fotografie genutzt wird. 1899 begann das Unternehmen mit der Herstellung von fotografischen Zelluloidfilmen, ein entscheidender Schritt hin zur modernen Fotografie.

Was waren die wichtigsten fotografischen Innovationen von Agfa?

  • 1908: Einführung des Sicherheitsfilms (Celluloseacetat statt Nitrozellulose)
  • 1936: Agfacolor – erster Mehrschicht-Farbfilm mit integrierten Farbkupplern
  • 1941: Erster Spielfilm im Positiv-Negativ-Farbverfahren auf Agfacolor
  • 1956: Automatic 66 – erste vollautomatische Mittelformatkamera von Agfa

Wie kamen die Kameras in den Chemiekonzern?

Agfa begann als reines Chemieunternehmen: 1867 in Rummelsburg bei Berlin gegründet, spezialisierte sich die „Gesellschaft für Anilinfabrikation“ zunächst auf Farbstoffe und chemische Präparate – darunter früh auch Produkte für fotografische Anwendungen. Nach einer Fusion mit der Chemischen Fabrik von Max Jordan firmierte das Unternehmen ab 1873 als „Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrikation“, kurz Agfa. Der markante Markenname wurde 1897 eingetragen.

1925 wurde AGFA Teil der neugegründeten IG Farbenindustrie AG, einem der damals größten Chemiekonzerne der Welt. Im Zuge dieser Konzernbildung übernahm Agfa auch die fotografischen Aktivitäten der IG Farben – darunter das Kamerawerk München, vormals „Optische Anstalt A. Hch. Rietzschel GmbH“. Damit bündelte man film- und fotochemische Kompetenz mit optischem Gerätebau unter einem Dach – und legte den Grundstein für Agfas Aufstieg zu einem der führenden europäischen Anbieter im Bereich Fotografie.

Wie beeinflusste Agfa die Entwicklung der Farbfotografie?

Agfa war Pionier der modernen Farbfotografie. Der 1936 eingeführte Agfacolor-Neu-Film setzte auf eingekapselte Farbkuppler in drei Emulsionsschichten, was ein vereinfachtes und reproduzierbares Farbentwicklungsverfahren ermöglichte. Damit unterschied man sich grundlegend vom komplexeren Kodachrome-Prozess und ermöglichte erstmals die breite Nutzung von Farbfotografie.

1936 brachte Agfa mit Agfacolor Neu den ersten modernen Farbfilm mit drei Farbschichten auf den Markt – ein Meilenstein der Farbfotografie.

1936 brachte Agfa mit Agfacolor Neu den ersten modernen Farbfilm mit drei Farbschichten auf den Markt – ein Meilenstein der Farbfotografie.

© National Archives of Norway, CC BY 4.0 via Wikimedia Commons

Wie unterschied sich Agfacolor-Neu technisch vom Kodachrome-Film?

Agfacolor-Neu war der erste Farbfilm mit in der Emulsion eingelagerten Farbkupplern. Das ermöglichte eine vergleichsweise einfache Entwicklung in wenigen Schritten – ähnlich wie bei Schwarzweißfilmen. Kodachrome hingegen benötigte eine komplexe Entwicklung mit externen Farbkupplern in über 20 Einzelschritten. Dadurch war Kodachrome farbstabiler, aber deutlich aufwendiger in der Verarbeitung.

Welche Kameramodelle machten Agfa in Deutschland populär?

Klappbare Mittelformatkamera Agfa Isolette 1 (Baujahr ab 1952) für 6×6 cm Rollfilm – klassisches Design mit manuellem Fokus, Agnar 1:4,5/85 mm Objektiv und Vario-Zentralverschluss.

Klappbare Mittelformatkamera Agfa Isolette 1 (Baujahr ab 1952) für 6×6 cm Rollfilm – klassisches Design mit manuellem Fokus, Agnar 1:4,5/85 mm Objektiv und Vario-Zentralverschluss.

© Alfred from Germany, CC BY-SA 2.0 via Wikimedia Commons
  • Isolette (1950er): Beliebte Mittelformatkamera mit Balg
  • Automatic 66 (1956): Mit Zeitautomatik – ein Meilenstein der Technik
  • Agfamatic-Serie (1970er): Kassettensysteme für den Massenmarkt, ikonisch durch das Aluminium-Designband
  • Clack und Click: Übergangsmodelle von der Boxkamera zur Kompaktkamera.
Agfa Clack (1954–1965) – einfache, robuste Mittelformat-Boxkamera für 120er Rollfilm (6×9 cm) mit festem 95 mm Meniskusobjektiv. Agfa Click (ab 1958) – kompakte Bakelit-Sucherkamera mit 72,5 mm/f11 Festbrennweite für 6×6 cm Filmformat, einfacher mechanischer Verschluss 1/30.

Agfa Clack (1954–1965) – einfache, robuste Mittelformat-Boxkamera für 120er Rollfilm (6×9 cm) mit festem 95 mm Meniskusobjektiv. Agfa Click (ab 1958) – kompakte Bakelit-Sucherkamera mit 72,5 mm/f11 Festbrennweite für 6×6 cm Filmformat, einfacher mechanischer Verschluss 1/30.

© Alfred from Germany, CC BY-SA 2.0 via Wikimedia Commons

Was war Agfas Rolle im Zweiten Weltkrieg?

Während des Krieges produzierte AGFA vor allem für die Rüstungsindustrie, darunter auch Spezialfilme für militärische Zwecke. In den Werken wurden Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge eingesetzt. Die Produktionsstätten erlitten teilweise erhebliche Kriegsschäden, die Nachkriegsproduktion war erschwert.

Welche Verbindung bestand zu ORWO und der Filmfabrik Wolfen?

Die 1909 von Agfa gegründete Filmfabrik Wolfen geriet nach 1945 in sowjetische Hand. Daraus entstand später die ostdeutsche Marke Orwo („Original Wolfen“). Die politische Trennung Deutschlands führte zu Markenrechtskonflikten, die erst 1964 durch eine klare Namensabgrenzung beendet wurden.

Welche Konflikte gab es mit dem US-amerikanischen Hersteller Kodak?

Agfa und Kodak lieferten sich einen jahrzehntelangen Technologiewettstreit, der mehrfach in juristischen Auseinandersetzungen mündete – etwa um Rollfilmpatente, das Farbfilmverfahren oder Kassettenstandards. Kodak konnte sich wirtschaftlich meist durchsetzen, während Agfa in den 1970er Jahren Marktanteile verlor.

Welche wirtschaftlichen Folgen hatte der Konkurrenzkampf mit Kodak für AGFA?

Kodak setzte sich dank technischer Überlegenheit und aggressiver Lizenzpolitik über Jahrzehnte als Marktführer durch. Die Deutschen verloren Marktanteile, mussten Investitionen zurückfahren und gerieten zunehmend unter Druck. Dies führte zu einem Rückzug aus der Kameraproduktion und letztlich zum Verkauf und zur Abwicklung der Fotosparte. Funfact: Beide Marken erscheinen heute bei analogen Filmen und Kameras vor allem als Lizenzprodukte, die von unterschiedlichen Herstellern und Vertriebsunternehmen betrieben werden. Auf der Internationalen Funkausstellung 2025 in Berlin teilten sich Agfaphoto und Kodak sogar einen Stand, um dort ihre Produktneuheiten vorzustellen.

Wann begann der Niedergang von Agfa?

Mit dem Aufkommen der Digitalfotografie in den 1990er Jahren verlor das klassische Filmgeschäft rapide an Bedeutung. Der Konzern reagierte zunächst mit internen Restrukturierungen und dem Rückzug aus unrentablen Produktbereichen – darunter der analogen Kameraproduktion (bereits 1982 eingestellt) und später auch zunehmend aus dem Fotochemiegeschäft für Endverbraucher.

Die Agfa Compact war die letzte Eigenentwicklung des Kamerawerkes München und wurde 1981 auf den Markt gebracht. 1982 wurde das Werk in München geschlossen.

Die Agfa Compact war die letzte Eigenentwicklung des Kamerawerkes München und wurde 1981 auf den Markt gebracht. 1982 wurde das Werk in München geschlossen.

© Dirk Meyer, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Was wurde aus Agfa nach dem Aufkommen der Digitalfotografie?

Im Jahr 1999 wurde Agfa-Gevaert an die Börsen von Brüssel und Frankfurt gebracht, um sich für den Wandel in der Imaging-Industrie besser aufzustellen. Der Konzern begann, sich strategisch auf digitale und industrielle Bildverarbeitungslösungen zu konzentrieren – etwa in der Medizintechnik und grafischen Industrie. Der Umstieg auf digitale Technologien fiel schwer. Die ursprüngliche Agfa-Gruppe existiert heute als Agfa-Gevaert und konzentriert sich auf Bildverarbeitung in der Medizin und Grafikindustrie.

Warum ging die AgfaPhoto GmbH insolvent?

AgfaPhoto entstand 2004 durch die Ausgliederung der Fotosparte aus dem Gesamtkonzern. Bereits ein Jahr später musste das Unternehmen Insolvenz anmelden – ausgelöst durch den rasanten Markteinbruch für analoge Fotoprodukte, finanzielle Streitigkeiten mit dem Mutterkonzern und eine zu geringe Kapitalausstattung, um sich am digitalen Markt neu zu positionieren.

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Wer nutzt heute noch die Marke Agfa?

Die Marke AgfaPhoto wird heute von Lizenznehmern weitergeführt. Sie vertreiben unter dem Namen Digitalkameras, Einwegkameras, analoge Filme, Speicherlösungen und Zubehör. Die medizinische Bildgebung (Agfa HealthCare) wird von Agfa-Gevaert selbst betrieben.

Welche Lizenznehmer produzieren heute für AgfaPhoto?

  • plawa-feinwerktechnik GmbH & Co. KG (Deutschland):
    Verantwortlich für die Entwicklung und den Vertrieb von Digitalkameras unter dem Namen AgfaPhoto – darunter kompakte Digitalkameras, Outdoor-Modelle und Sofortbildlösungen. Die Fertigung erfolgt überwiegend in Asien, u. a. durch Partner wie Flextronics.
  • GBT – German Battery Technology GmbH (Düren):
    Exklusiver Lizenznehmer für mobile Energieprodukte wie Akkus, Batterien, Ladegeräte und Solarpanels unter der Marke AgfaPhoto. GBT steht für hohe Fertigungsstandards und ist auf Energieversorgung für mobile Geräte spezialisiert.
  • Weitere Lizenznehmer (divers):
    Produzieren und vertreiben analoge Filme, Einwegkameras, Fotopapier, Druckerzubehör sowie digitale Bilderrahmen. Diese Produkte erscheinen ebenfalls unter dem Namen AgfaPhoto, stammen jedoch von spezialisierten OEM-Herstellern und Distributoren im Rahmen von Markenlizenzvereinbarungen.
Der Name AGFA lebt weiter. Heute erstellen und vertreiben Lizenznehmer Produkte unter der Marke AgfaPhoto. Das Bild zeigt eine Auswahl aktueller Kameramodelle.

Der Name AGFA lebt weiter. Heute erstellen und vertreiben Lizenznehmer Produkte unter der Marke AgfaPhoto. Das Bild zeigt eine Auswahl aktueller Kameramodelle.

© AgfaPhoto

Welche AgfaPhoto-Filmtypen sind aktuell erhältlich?

Aktuell sind von AgfaPhoto folgende Filmtypen erhältlich:

  • AgfaPhoto Color 400: Ein moderner Farbnegativ-Kleinbildfilm (135/24) für den C41-Entwicklungsprozess mit ISO 400, geeignet für vielfältige Fotografie mit lebendigen und zarten Pastelltönen.
  • AgfaPhoto APX 100 und APX 400: Professionelle Schwarzweißfilme, erhältlich als Kleinbildfilm und Rollenware, bekannt für hohe Auflösung und feinkörnige Bilder.
  • Einwegkameras mit eingebauten Farb- oder Schwarzweißfilmen werden ebenfalls angeboten.

Diese Filme sind überwiegend über Händler erhältlich und werden von AgfaPhoto über verschiedene Vertriebspartner vertrieben.

Lesetipp: Wer noch tiefer in die Geschichte von Agfa eintauchen will und mehr über die Kameras und Filme erfahren möchte, hat dazu im Agfa-Museum von Lutz Scholz unter www.kamera-museum-scholz.de Gelegenheit.

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