Tierisch verkehrt: Warum KI-Bilder so gefährlich sind
KI-Bilder erobern die Medienwelt – auch wenn es um Tiere geht. Doch was täuschend echt aussieht, ist oft biologisch falsch und kann das Verständnis von Natur massiv verzerren.
Beispiel für fehlerhafte KI-Bilder von Tieren: Die charakteristische Federhaube des Wiedehopfs (l.) ist in Realität ausgeprägter und sein Schnabel deutlich länger, als es die KI darstellt (r.). Dafür sind ihr die Schwanzfedern deutlich zu lang geraten. Ebenfalls übertrieben hat sie bei der Farbe des Gefieders, das in der Realität gedeckter ausfällt, um den Vogel am Boden zu tarnen. Außerdem verniedlicht die KI das Original: Augen und Kopf sind im Verhältnis zum Körper zu groß geraten. Immerhin richtig zeigt sie, dass Wiedehopfe Insekten fressen – allerdings gelingen diese ihr auch nur leidlich.
Immer öfter greifen Redaktionen oder Privatnutzer zu KI-Bildern, wenn passende Tierfotos fehlen. Doch die künstlich erzeugten Motive täuschen: Sie enthalten gravierende Fehler, verfälschen die Wahrnehmung von Natur und gefährden so das Verständnis für Artenvielfalt. Die Heinz Sielmann Stiftung warnt eindringlich vor dieser Entwicklung und zeigt eindrucksvolle Beispiele.
KI-Bilder: täuschend echt, aber fehlerhaft
Tools wie Midjourney, Stable Diffusion oder DALL·E können auf Knopfdruck ästhetisch überzeugende KI-Bilder erzeugen. „Viele KI-Bilder wirken täuschend echt, haben aber mit der Realität oft wenig gemein“, erklärt Dr. Hannes Petrischak von der Heinz Sielmann Stiftung. Typische Merkmale – etwa Körperproportionen, Färbungsmuster oder die Anzahl der Beine – werden häufig verfälscht. Für Fachleute leicht zu erkennen, bleiben solche Fehler Laien meist verborgen.
KI-Bilder verzerren das Aussehen von Arten
Um die Problematik sichtbar zu machen, ließ die Stiftung Tierfotos von heimischen Arten per KI nachbilden und stellte sie echten Aufnahmen gegenüber. Das Ergebnis: In fast allen Fällen zeigten die KI-Bilder anatomische Fehler. Besonders bei seltenen Arten oder Jungtieren, von denen wenig Bildmaterial existiert, waren die Abweichungen eklatant.
Warum KI-Bilder Tiere oft verniedlichen
Die Fehler haben System. KI lernt aus großen Bildbeständen, in denen Metadaten fehlen oder falsche Informationen enthalten sind. So entstehen „halluzinierte“ Körperteile oder verfälschte Details. Auffällig ist zudem eine Tendenz zur Verniedlichung: Köpfe und Augen erscheinen übergroß, die Tiere wirken sauberer und niedlicher als in der Natur. Solche künstlich generierten Bilder folgen eher dem Kindchenschema als biologischer Realität.
KI-Bilder als Quelle von Desinformation
Ein virales Bild eines angeblichen Pfauenkükens zeigte einen bunt schillernden Jungvogel – eine biologische Unmöglichkeit. Tatsächliche Küken sind schlicht braun gefärbt. Dennoch hielten viele Internetnutzer das KI-Bild für echt. Solche Fälle verdeutlichen, wie leicht von der Künstlichen Intelligenz generierte Bilder zur Verbreitung von Falschinformationen beitragen.
Gefährdung von Wissen und Artenschutz
Angesichts des Rückgangs naturkundlichen Wissens und des dramatischen Artensterbens sind diese Fehlbilder besonders problematisch. „Reale Fotos sind wichtiger denn je, weil sie Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zeigen und ökologischen Wert besitzen“, so Petrischak. KI-Bilder dagegen liefern nur Annäherungen.
Klare Regeln für den Umgang mit KI-Bildern
Die Stiftung rät dringend zu einer transparenten Kennzeichnung von KI-Bildern und warnt vor deren Einsatz in Medien, die Wissen über Natur vermitteln. Für authentische Aufklärung und Naturschutz bleibt die Arbeit professioneller Naturfotografen unverzichtbar.
Original vs. KI: Weitere Beispiele für missratene KI-Bilder
Die Männchen der Östlichen Smaragdeidechse sind zur Paarungszeit im Frühjahr zwar prächtig gefärbt, jedoch wird dies im KI-Bild (r.) stark überzeichnet, ebenso die deutliche Abgrenzung der einzelnen Schuppen. Auch die einheitliche Blaufärbung am Kopf, der zu lange Hals und die zu weit hinten positionierte Ohröffnung lassen erkennen, dass es sich nicht um ein echtes Foto der Art (l.) handelt.
KI-Bilder verniedlichen: Die KI-Darstellung (r.) des Feldhamsters ähnelt eher einem Goldhamster. Das echte Tier (l.) ist deutlich größer und massiger, der Kopf ist länger und läuft zur Nase hin spitzer zu. Auch die arttypische braun-weiße Fellmusterung ist deutlich dunkler und kontrastreicher, als es die KI entwirft. Die Unterseite ist bei Feldhamstern schwarz gefärbt, beim KI-generierten Tier ist dort weißes Fell sichtbar. Auch in diesem Beispiel wird die Neigung der KI zur Verniedlichung deutlich. Augen und Kopf sind im KI-Bild deutlich überproportioniert.
KI-Bilder von Insekten sind meist fehlerbehaftet und bilden die Realität allenfalls in Ansätzen ab. Besser Nochmal nachzählen: Insekten haben sechs Beine. Eine KI (r.) kommt da oft ins Schleudern, wie bei dieser Blauflügel-Prachtlibelle (l.). Auch Insektenflügel werden selten korrekt wiedergegeben: Hier stimmt weder Anzahl, Stellung noch Aderung. Wie alle Libellen hat auch die Blauflügel-Prachtlibelle in der Realität sehr kurze Fühler. Im KI-Bild ist dagegen mindestens ein langer Fühler zu erkennen, der eher an die Antennen von Schmetterlingen erinnert.
Warzenbeißer: Auch bei dieser Heuschreckenart gerät der KI einiges durcheinander. Auf dem KI-Bild (r.) wirkt es so, als hätte das Insekt vier Beinpaare, also acht statt sechs Beine, wie es eigentlich korrekt wäre. Der Warzenbeißer ist eine Langfühlerschrecke. Die KI-Darstellung entspricht viel eher einem Grashüpfer, also einer Kurzfühlerschrecke. Das Original (l.) hat unter anderem deutlich längere Hinterbeine, die Augen sind kleiner.
KI-Bilder frisch gestriegelt: Gut erkennen kann man Przewalski-Pferde an ihrer kurzen, bürstenartigen Stehmähne (l.). Im KI-Bild (r.) hat das Tier stattdessen eine Fallmähne. Der Schopf endet bei Przewalskis zwischen den Ohren, beim KI-Bild ragt er deutlich darüber hinaus. Da die Wildpferde ganzjährig im Freien leben, sehen sie entsprechend wild aus: Ihr Fell ist meist struppig und durch Bisswunden oder Narben von Rangkämpfen gezeichnet. Das KI-generierte Tier sieht dagegen aus, als käme es frisch gestriegelt aus dem Stall.
KI-Bilder geben Farben und Größenverhältnisse oft fehlerhaft wieder, so wie hier bei der Roten Röhrenspinne. Das Originalbild (l.) zeigt ein Männchen der Roten Röhrenspinne: Es hat einen schwarzen Kopf und einen scharlachroten Hinterleib mit vier schwarzen Punkten, die wie auf einem Würfel angeordnet sind. Die Beine sind schwarz-weiß geringelt und weisen eine ebenfalls rötliche Behaarung auf. Das KI-Bild (r.) ist dagegen von der Realität weit entfernt. Neben der offensichtlich falschen Färbung sind auch die Augen der KI-Spinne viel zu groß geraten und erinnern in ihrer Anordnung eher an eine Springspinne.
KI-Bilder von Tieren sind häufig „sauberer“ als das echte Naturfoto. Beispiel dieses Bild (r.), das eine Gelbbauchunke darstellen soll. Besonders charakteristisch für Unken sind ihre herzförmigen Pupillen (l.). Im KI-Bild (r.) sind daraus ovale Frosch-Pupillen geworden. Ihre namensgebende Färbung hat die Gelbbauchunke ausschließlich auf der Unterseite am Bauch und Hals, von oben ist das Tier unscheinbar bräunlich und somit am Boden gut getarnt. Im KI-Bild sind auch die Beine und Finger gelb gefärbt. Der gesamte Körperbau entspricht im KI-Bild mehr einem Frosch als einer Unke. Das Maul der KI-Kröte ist deutlich breiter, die Augen stehen seitlicher ab. Zudem wirkt das Tier ungewöhnlich sauber.