Im Test: Sony Alpha 9

Auf dem Sprung
19.09.2017

Die Alpha 9 könnte die Sportfotografie revolutionieren. Sie schießt 20 Bilder pro Sekunde mit AF-Nachführung – und das ohne störendes Spiegel- oder Verschlussgeklapper. Lesen Sie hier einen ausführliche Test der Sony Alpha 9, die wir außerdem auch mit der Konkurrenz von Canon und Nikon verglichen haben

 

Das sagt der Profi: Nick Didlick

sony-alpha-9-nick-didlick.jpg

Sony Alpha 9: Nick Didlick

Nick Didlick arbeitet seit 1976 weltweit als Fotojournalist und Sportfotograf. Er lebt in Vancouver, Kanada. Weitere Infos: nickdidlick.com

© Hugh Tull

Der kanadische Sportfotograf Nick Didlick konnte bereits mehrere Sportveranstaltungen mit der Alpha 9 fotografieren. Hier seine Eindrücke:

Während Sony bereits viele Hochzeits-, Portrait- und Naturfotografen angezogen hat, konnte das Unternehmen bisher im Sportjournalismus keine großen Erfolge erzielen – bis zur Einführung der Alpha 9. Was macht die neue Kamera nun so besonders?

  • Autofokus: Die Alpha 9 kann Augen, Gesichter oder den ganzen Körper über 90 Prozent des Bildes verfolgen – dabei wird das Bild 60 Mal in der Sekunde ausgewertet und es stehen 693 AF-Messfelder zur Verfügung. Während eines Tennisspiels konnte ich die Spielerin damit frei im Bild positionieren und der Fokus der Kamera blieb auf den Augen – eine bemerkenswerte Erfahrung.
  • Hohe Bildraten: Mit hohen Bildraten zu fotografieren, würde ich nicht immer empfehlen, weil dadurch riesige Datenmengen entstehen. In manchen Situationen wie einem Pferderennen, bei dem du versuchst den Moment zu erwischen, in dem alle Hufe vom Boden abgehoben haben, sind 20 Bilder/s aber sehr hilfreich. Bei Ski-Abfahrtsrennen, die ich jedes Jahr fotografiere, gelingen häufig nur ein bis zwei gute Action-Fotos mit dem perfekten Moment – mit 20 Bildern/s könnte sich die Ausbeute verdoppeln.
  • Lautloses Arbeiten: Fotojournalisten müssen sich im Hintergrund halten und die Geräusche von Spiegelreflexkameras stören häufig. Bei Golfturnieren darf man beispielsweise erst fotografieren, nachdem der Ball abgeschlagen wurde, um den Spieler nicht zu stören. Mit der Alpha 9 ändert sich das – ich kann es kaum erwarten, bei den US Open in diesem Jahr mit der Alpha 9 geräuschlos 20 Bilder/s aufzunehmen, während der Autofokus das Auge des Golfers verfolgt, der den Ball vom Tee schlägt.
  • Akkulaufzeit: Dies war lange Zeit ein Schwachpunkt bei Sony-Kameras. Es war nicht ungewöhnlich, dass Fotografen mit einer Tasche voller Akkus auf Veranstaltungen gegangen sind. Sony ist das Problem mit der neuen Batterie für die Alpha 9 angegangen. Während des Kentucky Derbys Anfang Mai konnte ich mit einer ferngesteuerten Alpha 9 sechs bis acht Stunden mit aktivem Rückseitenmonitor fotografieren. Der neu entwickelte NP-FZ100-Akku erlaubt einen mehr als doppelt so langen Betrieb als der NP-FW50 in der Alpha 7. Es gibt außerdem den optional erhältlichen Batteriegriff VG-C3EM, der zwei NP-FZ100-Batterien aufnimmt, und das Fotografieren im Hochformat sehr komfortabel macht. Achtung: Der Batteriegriff zur Alpha 7 ist nicht kompatibel mit der Alpha 9, weil die NP-FZ100-Akkus etwas größer sind.
  • Zwei Speicherkarten-Slots: Was bei professionellen Kameras Standard ist, findet sich nun auch in der Alpha 9. Die Slots können so konfiguriert werden, dass sie simultan als Backup für Fotos und Videos dienen oder dass JPEG- und Raw-Dateien auf unterschiedlichen Karten gespeichert werden. Auch das Kopieren von einer Karte auf die andere ist möglich. Der erste Speicherkarten-Slot unterstützt UHS-II-Karten für schnellere Transferraten.
  • Elektronischer Sucher: Die Alpha 9 hat einen hochauflösenden elektronischen Sucher mit 3,686 Millionen Punkten und beeindruckender Detaildarstellung. Ich bevorzuge es, im Sucher statt auf dem Monitor in die Bilder hinein zu zoomen, um die Schärfe zu beurteilen.
  • Ethernet, FTP, Wi-Fi: Bei einigen Aufträgen mit enger Deadline ist es erforderlich, Bilder direkt aus der Kamera an eine Redaktion zu schicken. Die Alpha 9 hat hierfür eine Ethernet-Schnittstelle. Die FTP-Funktionen waren zum Testzeitpunkt noch nicht das, was ich mir wünschen würde, aber ich bin sicher, dass die Sony-Programmierer daran arbeiten. FTP kann auch über das Wi-Fi-Modul der Kamera genutzt werden.

testbild-2-sony-alpha-9.jpg

Sony Alpha 9: Testbild 2

Sieger-Portrait beim Kentucky-Derby

Kamera: Sony Alpha 9
Objektiv: FE 4,5-5,6/
100-400 mm GM OSS mit Konverter
Einstellungen: 800 mm, f/11, 1/1000 s, ISO 3200

© Nick Didlick

Zu den Funktionen, die Fotojournalisten und Sportfotografen noch vermissen könnten, gehören die Bildbewertung, Sprachnotizen, ein Bildbeschnitt in der Kamera und die Übertragung von Kamera-Einstellungen über die Speicherkarte. Und schließlich will jeder Sportfotograf lichtstarke Teleobjektive, die für das E-Bajonett noch fehlen – üblich sind hier 2,8/300 mm, 2,8/400 mm, 4/500mm, 4/600mm und manchmal 5,6/800 mm. Bedenkt man, dass Sony zuletzt alle zwei Monate neue Objektive für das E-Bajonett vorgestellt hat, so könnte die Lücke bald geschlossen werden – seit der Vorstellung der Alpha 9 im April sind schon das FE 4,5-5,6/100 400 mm GM, das 2,8/16-35 mm GM und das 4/12-24 mm G hinzugekommen. Offensichtlich will Sony die Alpha 9 sehr aggressiv zu einer der Top-Kameras in der professionellen Fotografie machen.

Sie können bis zu drei Kameras vergleichen, um eine andere auszuwählen, entfernen Sie eine aus dem Vergleich.

Kameras im Test

Wählen Sie eine Vergleichskamera
Über den Autor
Andreas Jordan

Andreas Jordan ist Journalist und Mediendesigner und arbeitet seit 1994 als Redakteur und Autor mit den Schwerpunkten Multimedia, Imaging und Fotografie für verschiedene Fach- und Special-Interest-Magazine (u. a. Screen Multimedia, Computerfoto, MACup) und Tageszeitungen (Hamburger Abendblatt, Berliner Kurier). Seit 2003 ist er Redakteur beim fotoMAGAZIN und leitet dort seit 2007 das Ressort Test & Technik.