Meyer-Optik Görlitz: Wieder Hoffnungsschimmer für die Traditionsmarke

Die Firma OPC Optics hat die Markenrechte an Meyer-Optik Görlitz aus der Insolvenz der net SE erworben. Ein Interview mit OPC-Geschäftsführer Timo Heinze über die Produktion, Crowdfunding und neue Modelle der Objektivmarke.

Porträt Lars Theiß

Lars Theiß

Praxis-Redakteur, seit 1995 im fotoMAGAZIN-Team.

Meyer-Optik Görlitz Objektive
© Meyer-Optik Görlitz
 

Die OPC Optical Precision Components Europe GmbH mit Sitz in Bad Kreuznach hat die Markenrechte an Meyer-Optik Görlitz (MOG) von der insolventen net SE bzw. dem Insolvenzverwalter, der SEMI Verwaltung GmbH gekauft. Die von der net SE 2014 wiederbelebte Traditionsmarke, deren Wurzeln bis in das Jahr 1869 zurückreichen, machte zuletzt durch diverse Crowdfunding-Aktionen und eine hohe Preisgestaltung auf sich aufmerksam. MOG-Objektive sind in Metall gefasste Festbrennweiten für Vollformat mit manuellem Fokus, Made in Germany und meistens mit charakteristischem, auffälligen Bokeh – bestes Beispiel das legendäre Trioplan 100 mm.
OPC-Geschäftsführer Timo Heinze (48 Jahre) beantwortete fotoMAGAZIN einige Fragen zur Gegenwart und Zukunft von Meyer-Optik Görlitz.

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OPC-Geschäftsführer Timo Heinze stand Rede und Antwort zur Zukunft von Meyer-Optik Görlitz.

© OPC Optics

fotoMAGAZIN: Verschaffen Sie doch bitte unseren Lesern einen kurzen Eindruck von der OPC.
Timo Heinze: Gemeinsam mit drei Gesellschaftern habe ich OPC Optics 2016 gegründet. Wir sind ein eigenständiges Unternehmen mit Sitz in Bad Kreuznach mit derzeit 13 Mitarbeitern. Neben technischer Beratung bei optischen Komponenten ist OPC ein Hersteller von asphärischen und sphärischen Linsen. Jetzt wandeln wir uns von einem Komponentenhersteller und -lieferanten zum Kompletthersteller mit kleiner Montage.

fM: Wie kam es zum Kontakt mit MOG und was hat Sie bewogen, die MOG-Rechte rückwirkend zum 1. November 2018 zu erwerben?
Heinze: Wir haben 2017 einen Glasprototypen für die net ES hergestellt und gehörten bei deren Insolvenz 2018 zu den Gläubigern. Im Sommer haben wir uns die net SE angeschaut und zwei Vertriebsmitarbeiter übernommen. Irgendwann tauchte der Gedanke auf, daraus mehr zu machen und nicht nur Komponenten zu fertigen, sondern Objektive selbst und komplett herzustellen. Es wäre unglaublich schade gewesen, wenn der Objektivname und die Markenrechte verschwinden würden.

Produktion

fM: Wie wird die Produktion aussehen, werden Sie weiterhin mit beispielsweise Foto Maerz in Hamburg als Montage-Betrieb weiterar­beiten?
Heinze: Wir haben demnächst Gespräche mit Foto Maerz und sind nicht abgeneigt, an der Zusammenarbeit festzuhalten. Ziel ist, dass wir möglichst nahtlos die Zusammenarbeit mit den vorhandenen Lieferanten fortsetzen können. Bislang waren Linsen und Linsensysteme unser Kerngeschäft, nun kommt die Montage mit eingekaufter Mechanik dazu.

fM: Wie wird sich das Objektiv-Portfolio weiterentwickeln?
Heinze: Wir werden das Portfolio bereinigen, das heißt die wirklich sinnvollen Objektive wie das Trioplan 100 mm werden wir weiterhin vermarkten, aber eventuell etwas überarbeiten. Bis Ende Januar wollen wir uns darüber Klarheit verschaffen. Dann werden auch die Website und der Online-Shop stehen. Es gab noch ein, zwei Prototypen von MOG, über die wir auch noch entscheiden müssen. Außerdem werden wir die Preisgestaltung überarbeiten.

Neue Objektivtypen

fM: Und wird es neue Objek­tivtypen geben, moderne mit beispielsweise Autofokus, Zoom oder ähnlichem?
Heinze: Wir möchten sowohl die historische Linie im neuen Design weiterlaufen lassen, als auch in Zukunft neue, zeitgemäße Objektive nachlegen. Für diese innovative Linie braucht es aber noch ein halbes bis gutes Jahr, um alles durchzuschauen und zu überdenken.

Die Firma Optical Precision Components Europe GmbH ist in Bad Kreuznach ansässig.

© OPC Optics

fM: Wo werden die Objektive erhältlich sein?
Heinze: Dazu werden wir einen definitiv anderen, eher konservativen Ansatz verfolgen und keinerlei Crowdfunding betreiben oder Vorverkäufe von Produkten anbieten. Unsere Objektive werden im eigenen Online-Shop und im Fachhandel vertrieben werden. Letzteres liegt eher an den Händlern, ob sie Spaß daran haben, MOG-Objektive zu verkaufen. Wir freuen uns, wenn es so weitergeht.

fM: Sie haben erklärt, die „optische Performance der Objektive verbessern“ zu wollen – werden sich der Bild-Look, die Weichheit und das Bokeh, ändern?
Heinze: Nein, bei den historischen Objektiven natürlich nicht. Diese Charakteristik hat Meyer-Optik geprägt und steht dafür. Aber bei den neuen, innovativen Objektiven soll das der Fall sein.

Enttäuschte Crowdfunder

fM: Die net SE hat mit ihren nicht erfolgreich beendeten Crowdfunding-Aktionen einige enttäuschte Kunden hinterlassen. Können diese jetzt doch noch mit ihrem Objektiv rechnen?
Heinze: Wir sehen natürlich die Altlasten von Meyer Optik Görlitz, welche wir leider nicht übernehmen können, sehen aber vor allem den Kunden dahinter, der Geld investiert und nichts dafür bekommen hat. Ich hoffe, dass wir für solche Fälle künftig eine gemeinsame Lösung finden können.

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