Es muss nicht immer eine extravagante Location sein für ein Outdoor-Shooting. Oft reichen auch eine Blumenwiese, ein blauer Himmel und eine gute Perspektive für ein gutes Foto.
© Sebastian SonntagDie Temperaturen steigen, die Natur erwacht zum Leben, Wälder und Wiesen werden langsam wieder grün. Wenn der Frühling vor der Tür steht, ist es für Mode- und Porträtfotografen an der Zeit, die ersten Outdoor-Shootings zu planen. Für uns ist deshalb jetzt der ideale Zeitpunkt, Ihnen ein paar nützliche Tipps an die Hand zu geben, damit es weder am Tag des Shootings noch danach böse Überraschungen gibt. Dabei steht nicht das Fotografieren an sich im Vordergrund, sondern die Organisation. Gerade an unbekannten Orten mit schwierigen Rahmenbedingungen ist eine durchdachte Planung der wichtigste Garant für ein erfolgreiches Outdoor-Shooting.
Das richtige Konzept
An erster Stelle der Planung steht das Konzept. Dieses wiederum ist eng verwoben mit der Location – schließlich geht es beim Outdoor-Shooting ja genau darum, Konzept und Kulisse zu einem stimmigen Bündel zu verschnüren. Besonders wichtig sind bei Aufnahmen on Location die pragmatischen Aspekte des Konzepts: Achten Sie darauf, nicht zu viele Motive in den Tag zu packen, und bleiben Sie ein Stück weit flexibel. Nicht nur kann das Wetter oder die unvorteilhafte Mittagssonne Ihre Ambitionen ausbremsen, oft wirkt eine Location als Beiwerk auf einem Modelbild auch deutlich weniger spektakulär als erwartet.
Generell ist die Suche nach einem passenden Fotospot einer der größten Zeitfresser beim Outdoor-Shooting. Tipp: Nutzen Sie die Zeit, in der Ihr Model vor den Aufnahmen vorbereitet wird, um gemeinsam mit einem Assistenten einen Rundgang zu machen und passende Spots zu suchen. An undurchsichtigen oder weitläufigen Plätzen oder engen Gassen in einer Altstadt kann es sich lohnen, bei aktivierter Geotagging-Funktion ein Foto mit dem Smartphone zu machen. So wird der genaue Standpunkt mit abgespeichert und lässt sich später leichter wiederfinden.
Die Bäume und die Wiese werden hier zu Farbflächen und Strukturen für das Outdoor-Shooting.
© Sebastian SonntagEbenfalls wichtig für das Konzept des Outdoor-Shootings ist die Lichtsetzung – und damit auch die Infrastruktur, auf die wir gleich noch näher eingehen werden. Wenn es Gebäude mit Strom in unmittelbarer Nähe gibt, können Sie vielleicht mit Blitz- oder starkem Dauerlicht arbeiten. Gibt es keinen Strom, müssen Sie auf Akku-Lösungen ausweichen oder mit dem vorhandenen (Tages-)Licht vorliebnehmen.
Nachdem Sie diese Punkte geklärt haben, sollten Sie im nächsten Schritt Ihr Konzept als stimmige Gesamtgeschichte an Ihre Location anpassen. Ein roter Faden, der sich durch Ihre Bilder zieht, führt den Betrachter inhaltlich und wertet Ihre Bilderserie deutlich auf. Sie fotografieren auf einem Pferdegestüt? Dann bietet sich eine Reiter- und Stallhelfer-Story an, bei unerschrockenen Models können Sie auch direkt am Pferd fotografieren. Sie wollen am Hafen fotografieren? Denken Sie an eine Touristen- oder Fischerinszenierung nach. Doch auch bewusste Brüche können ein tolles Konzept abgeben, beispielsweise High-Fashion im Wald oder ein Hochzeitskleid am Strand.
Die Infrastruktur beim Online-Shooting
Dreh- und Angelpunkt des gesamten Shootings ist immer Ihre Location, und damit auch die dort vorhandene Infrastruktur. Ihre Location wirkt sich dabei primär auf das Bildergebnis und die erzählte Geschichte aus, die Infrastruktur dagegen vorwiegend auf die Planung. Sie benötigen einen Platz für Make-up (am besten mit Strom), eine Möglichkeit, um die Kleidung aufzuhängen und zu sortieren inklusive Umkleidemöglichkeit, sowie Toiletten und eine Bewirtungsmöglichkeit.
Auch die Temperaturen sollte man gerade im Frühjahr nicht unterschätzen. Je nach Outfit kann es dem Model schnell sehr kalt werden, ein Platz zum Aufwärmen ist deshalb ebenfalls gerne gesehen. Viele dieser Punkte lassen sich mit einem belastbaren, robusten Team, einer Anpassung des Konzepts oder einem Verzicht auf Perfektionismus notdürftig umgehen.
So kann die Make-up-Artistin das Model schon vor der Fahrt zur Location vorbereiten und das Finish auf der Kofferraumklappe oder der Motorhaube vornehmen, eine Decke oder ein Bademantel kann einen warmen Raum zumindest teilweise ersetzen, Snacks und Getränke können auch im Auto verzehrt werden. Selbst die Kleidung kann im Fahrzeug gelagert und im Freien gewechselt werden. All das schlägt sich aber nicht nur auf das Durchhaltevermögen und die Konzentration des Teams nieder, sondern wahrscheinlich auch auf die Bildqualität. Messen Sie deshalb diesen organisatorischen Dingen genügend Gewicht bei!
Bei Aufnahmen im Wald oder am Strand können Sie sich nach einer nahegelegenen Bar oder Gaststätte umsehen und dort freundlich nach Unterstützung fragen, im Gegenzug für etwas Umsatz durch Essen und Trinken, eine Erwähnung auf Social Media oder ein paar Bilder.
Das Outdoor-Shooting und die richtige Location
In jedem Fall sollten Sie sich vorab über die Location ausreichend informieren – nicht nur wegen der Infrastruktur. Finden Sie heraus, wem Ihre Location gehört. Befindet sie sich in Privatbesitz oder auf öffentlichem Grund? Gibt es Beschränkungen bezüglich Fotoaufnahmen? Im Englischen Garten in München, in der Flora in Köln oder im Hafen von Saint-Tropez ist beispielsweise bei aufwendigeren und kommerziellen Aufnahmen eine Genehmigung erforderlich – andernfalls können Sie des Grundstücks verwiesen werden. Das ist besonders ärgerlich, wenn Sie mit einem ganzen Team anrücken. Auch Strafzahlungen und urheberrechtliche Probleme nach der Veröffentlichung der Bilder können eine unangenehme Folge sein. Deshalb sollten Sie unbedingt vorab in Erfahrung bringen, welche Konditionen für Ihre Location gelten.
Die Symmetrie der Architektur hat auf Fotos ihren ganz eigenen Reiz. Allerdings sollten Sie bei größeren Outdoor-Shootings abklären, ob Sie an der Location auch fotografieren dürfen.
© Sebastian SonntagEin weiterer Vorteil dieser Vorab-Recherche und -Kommunikation besteht darin, dass Ihnen bisweilen unverhofft zusätzliche Infrastruktur zugänglich gemacht werden kann: Ein Förster stellt Ihnen im Wald eine Jagdhütte zur Verfügung, der Pferdehofbetreiber legt Ihnen eine lange Kabeltrommel oder organisiert eine Kammer für Make-up und Umkleide.
Auf der anderen Seite, so realistisch muss man bleiben, wird es auch mal ein Outdoor-Shooting geben, bei denen Sie diesen Aufwand nicht betreiben. In diesen Fällen sollten Sie auf unproblematischem öffentlichem Grund bleiben, ohne bekannte oder architektonisch auffällige Gebäude im Hintergrund, Ihr Team möglichst klein halten und auf Veröffentlichungen im großen Maßstab verzichten.
Die Location selbst kann praktisch alles sein. Explizit gelten alle genannten Tipps auch für Indoor-Locations wie Lost Places, die Ihnen zwar ein Dach über dem Kopf, aber kaum weitere Infrastruktur bieten. Machen Sie sich bei der Recherche bewusst, dass gerade außergewöhnliche Locations oft auf Personenbildern nicht ausreichend zur Geltung kommen. Um diese angemessen eindrucksvoll abzubilden, müssen Sie häufig Kompromisse bei Perspektive und Bildgestaltung eingehen – zulasten Ihres Models.
Ein bekanntes Beispiel für dieses Phänomen sind gehypte Instagram-Locations. Sie finden im Internet Tausende Fotos von Hotspots, bei denen Perspektive und Bildausschnitt absolut identisch sind, und sich nur die Personen unterscheiden – weil die Location nur genau diesen Bildausschnitt und diese Perspektive erlaubt. Dazu kommt: Ein atemberaubender Ort lenkt von Ihrem Model ab, sodass am Ende keiner richtig glücklich wird. Entweder wird die Location durch die Person im Bild verdeckt, oder Ihr Model kommt nicht wirklich zur Geltung. Tipp: Konzentrieren Sie sich bei den Bildern mit Personen auf Ihr Model und einen kleinen Ausschnitt des Hintergrunds und fotografieren Sie die tolle Kulisse separat! So wird die Geschichte schöner und für den Betrachter stimmiger, ohne dass Sie unausgegorene Kompromisse eingehen müssen. Ideen für interessante Locations in Deutschland finden Sie auf den gängigen Social-Media-Kanälen sowie beispielsweise auch auf der Website www.22places.de.
Das Licht
Bei aller Begeisterung für die tolle Location sollten Sie das Thema Lichtsetzung auf keinen Fall vergessen. Prinzipiell gibt es hier für das Outdoor-Shooting drei Optionen: Kunstlicht in Form eines LEDs oder Blitzes, Tageslicht mit Reflektor oder reines Tageslicht. Die letzten beiden Optionen mögen auf den ersten Blick keinen großen Unterschied machen, wer jedoch ein Model im Gegenlicht schon einmal mit einem hochwertigen Silberreflektor wie einem Sun-Bouncer Mini ausgeleuchtet hat, weiß, wie stark sich das Bild dadurch verändert.
Jede dieser drei Varianten hat ihre Vor- und Nachteile. Reines Tageslicht ermöglicht die natürlichsten und auch zeitgemäßesten Ergebnisse, allerdings ist hier angesichts der wandernden Sonne die Planung besonders wichtig. Die Bildergebnisse verändern sich stark im Laufe des Tages, durch Sonnenaufgang und -untergang ist Ihnen ein fester zeitlicher und optischer Rahmen gesetzt.
Reflektor und Kunstlicht beim Outdoor-Shooting
Bei Aufnahmen mit Reflektor empfiehlt es sich, diesen eher unterstützend einzusetzen, um Schattenbereiche leicht aufzuhellen, oder ihn bei Close-ups auch bewusst als Schattenspender zu verwenden und so die unschöne Mittagssonne vom Gesicht des Models fernzuhalten. Vermeiden Sie es, Ihr Model mit voller Reflektorkraft auszuleuchten. Das sieht nicht nur unnatürlich aus, sondern lässt Ihr Model auch die Augen zusammenkneifen.
Vernachlässigen Sie bei der Planung Ihres Outdoor-Shootings auf keinen Fall das Thema Lichtsetzung – egal, wie märchenhaft die Location auch sein mag.
© Adobe Stock / MeatbullKunstlicht wiederum ist beim Outdoor-Shooting indes eine gute Wahl für bewusste Inszenierungen, ähnlich einer Theaterbühne. Sie fotografieren eine aufwendig geplante Modeaufnahme an einer tollen Location, und das soll auch jeder sehen! Achten Sie besonders bei Wind darauf, dass Ihre Lichter auf dem Stativ stabil stehen, und organisieren Sie für Projekte mit Kunstlicht unbedingt einen Assistenten!
Das Wetter und Hilfsmittel beim Outdoor-Shooting
Zu guter Letzt spielt natürlich auch das Wetter eine entscheidende Rolle, ob und wie Ihr Shooting stattfindet. Als recht zuverlässige Vorhersage hat sich wetteronline.de etabliert, zusätzliche Apps wie Photo Pills bieten die Möglichkeit, den Sonnenstand zu verfolgen und vorherzusagen und so die Fotospots noch präziser planen zu können.
Oft sind es jedoch Kleinigkeiten, die beim Outdoor-Shooting das Leben schwer machen. Achten Sie auf angemessene Kleidung, die es Ihnen auch ermöglicht, sich in die feuchte Wiese zu legen, an eine alte, moosbewachsene Mauer zu pressen oder durch einen Misthaufen zu waten.
Bereiten Sie außerdem Ihr Equipment penibel vor. Sind alle Akkus geladen? Haben Sie genügend leere Speicherkarten dabei? Packen Sie, wenn möglich, einen Ersatz-Body und alle Kabel (!) mit ein. Es ist äußerst unangenehm, wenn mitten im Nirgendwo plötzlich die Technik versagt oder man – eine kleine persönliche Anekdote am Rande – in den Souks in Marrakesch nach einem USB-Kabel suchen muss.
Auch eine unabhängige Stromquelle wie eine Powerbank ist von großem Vorteil! Damit können Sie das Smartphone des Models laden und die Lautsprecherbox mit Strom versorgen. Stärkere Lösungen eignen sich darüber hinaus auch kurzzeitig für einen Föhn oder um einen Monitor anzuschließen.
Fazit: Ein Outdoor-Shooting umzusetzen, ist für den organisierenden Fotografen mit einigem Aufwand verbunden. Ist aber alles gut organisiert und Ihr Team bereit, auch mal die Zähne zusammenzubeißen, erhalten Sie als Ergebnis nicht nur tolle Bilder, sondern auch eine Erinnerung, die Ihnen Ihr Leben lang bleiben wird!
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