Fujifilm X-E3 vs. Leica TL2

Zwei neue Systemkameras mit APS-C-Sensoren haben sich zum Test eingefunden: Fujifilms X-E3 kostet mit 900 Euro weniger als die Hälfte der Leica TL2. Ist der rote Punkt den Aufpreis wert?

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Die X-E3 ist etwas schmaler (121 mm) und leichter (337 g) als die TL2 (134 mm, 399 g).

Die X-E3 ist etwas schmaler (121 mm) und leichter (337 g) als die TL2 (134 mm, 399 g).

Bilder: Hersteller, Montage: fotoMAGAZIN

Spiegellose Systemkameras mit APS-C-Sensoren gibt es von Canon, Fujifilm, Leica, Sigma und Sony. Gut ausgebaut sind allerdings nur die Systeme von Fuji, Sigma und Sony – bei Canon und Leica lässt das Objektivsortiment noch zu wünschen übrig: Leica hat sechs APS-C-Objektive im Angebot (wobei sich auch die sieben SL-Objektive für das Vollformat nutzen lassen), bei Canon sind es sieben EOS-M-Objektive; wer mehr will, muss zum Adapter greifen um EF/EF-S-Spiegelre-flexobjektive zu nutzen. Zum Vergleich: Sony bietet aktuell 16 Objektive für seine spiegellosen APS-C-Kameras an und weitere 23 für das Vollformat, die mit den APS-C-Kameras kompatibel sind. Fujifilm hat 23 Objektive für das X-Bajonett im Sortiment.

Fujifilm X-E3

Die X-E3 ist die vierte Systemkamera mit dem aktuellen, Fuji-eigenen X-Trans-Sensor mit 24 Megapixeln und Hybrid-Autofokus. Zusammen mit der X-T20 (siehe Vergleichstabelle) markiert sie den Einstiegspunkt für die anspruchsvollen Fuji-Kameras – noch preiswerter sind die Modelle X-A3 und X-A10, die allerdings einen herkömmlichen CMOS-Sensor, keinen Hybrid-AF und keinen Sucher besitzen und denen damit wesentliche Gene des hochwertigen X-Systems fehlen.

Fujfilm X-E3 mit dem Kitobjektiv XF 2,8-4/18-55 mm R LM OIS.

Fujfilm X-E3 mit dem Kitobjektiv XF 2,8-4/18-55 mm R LM OIS.

Bild: Fujifilm


Wie eng die Verwandtschaft zwischen der X-T20 und der X-E3 ist, zeigt schon ein Blick auf die technischen Daten, die in den meisten Punkten identisch sind. Schnell wird klar: Die X-E3 ist im Wesentlichen eine X-T20 in einem anderen Gehäuse. Während die X-T20 einen Sucherhügel hat, kommt die X-E3 im flachen Design mit nach links versetztem Sucher, was stärker an klassische Messsucher-Kameras erinnert. Der flachen Bauweise ist der integrierte Blitz zum Opfer gefallen, allerdings wird der leistungsfähigere kleine Aufsteckblitz EF-X8 mitgeliefert – für viele Fotografen mag dies die bessere Lösung sein. Auch die klassische Viererwippe auf der Rückseite hat Fuji weggelassen, ihre Funktionen (Weißabgleich, AF, ISO, Filmsimulationen) lassen sich nun aber auf dem Touchscreen durch Wischen nach links, rechts, oben oder unten ausführen.

Bei der X-E3 wird ein Aufsteckblitz mitgeliefert

Bei der X-E3 wird ein Aufsteckblitz mitgeliefert

Bild: Fujifilm

Der X-T20 voraus hat die X-E3 den Joystick mit Bestätigungsdruckpunkt, mit dem man beispielsweise durch die Menüs navigieren und das AF-Messfeld verschieben kann. Letzteres gelingt alternativ auch per Touchscreen – allerdings muss man hierbei aufpassen, nicht versehentlich eine der Touch-Funktionen der Viererwippe zu aktivieren. Die Touch-Bedienung scheint uns – ähnlich wie bei Sony-Kameras – nicht ganz zu Ende gedacht zu sein. So lässt sich zwar das Quick-Menü per Touch bedienen, aber nicht das komplette Menü.

Der wichtigste Nachteil gegenüber der X-T20 ist, dass der Monitor nicht beweglich gelagert ist. Weggelassen hat Fuji auch das Drive-Rad, über das Serienbilder, Bracketing, Filter, Panorama, Doppelbelichtungen und der Videomodus zugänglich sind. Die entsprechenden Einstellungen werden nun über die Drive-Taste aufgerufen und sind damit versteckter – wer dieses Bedienkonzept nicht kennt, dürfte Probleme haben, ein Video aufzunehmen, zumal es keine eigene Video-Starttaste gibt. Ansonsten ist die Bedienung gelungen: Fuji-typisch gibt es ein spezielles Belichtungskorrektur- und ein Zeitenrad und für den schnellen Wechsel in die Vollautomatik steht ein Hebel zur Verfügung. Abstriche gegenüber den Spitzenmodellen muss der Fotograf beim OLED-Sucher machen: Dieser ist mit einer Vergrößerung von 0,62x so groß wie in der X-T20, aber deutlich kleiner als beim Flaggschiff X-T2 (0,77x), hat aber eine sehr gute Auflösung (2,36 Millionen Punkte) und reagiert schnell.

Die X-E3 ist nur 43 mm tief.

Die X-E3 ist nur 43 mm tief.

Bild: Fujifilm

Starke Ausstattung

Die Ausstattung lässt – vom fehlenden Klappmonitor und eher kleinen Sucher abgesehen – nur wenige Wünsche offen. Zu den Fuji-typischen Funktionen gehören die Filmsimulationen (beispielsweise Velvia, Classic Chrome und Acros), die sich mit einem Körnungseffekt kombinieren lassen. Dank integriertem Raw-Konverter lassen sich die Einstellungen auch nachträglich anwenden beziehungsweise verändern. Demnächst soll es außerdem mit dem „X Raw Studio“ eine Desktop-Lösung (erst macOS, später Windows) von Fuji geben, welche die Raw-Konvertierung in der Kamera steuert und komfortabler ist als das Arbeiten auf dem kleinen Kameramonitor.
Der Autofokus hat standardmäßig 91 Punkte, die sich aber auf 325 erweitern lassen. 40 Prozent des Bildes werden von Phasen-Detektionspixeln abgedeckt, die vor allem bei der Motivverfolgung hilfreich sind. Hierfür bringt die Kamera fünf verschiedene C-AF-Voreinstellungen mit, die auf unterschiedliche Sport- und Bewegungsarten abgestimmt sind. Der AF beherrscht außerdem eine Augenerkennung. Bei der manuellen Fokussierung helfen neben einer Lupe das Peaking oder ein digitaler Schnittbildindikator. Den mechanischen Verschluss (bis zu 1/4000 s) hat Fuji wie üblich um einen elektronischen ergänzt, der 1/32.000 s und das lautlose Auslösen ermöglicht. Das Blitzen ist übrigens wie bei den meisten anderen Herstellern nur mit mechanischem Verschluss möglich (Synchronzeit 1/180 s).
4K-Video gehört bei Fuji inzwischen zum guten Ton und so zeichnet auch die X-T20 mit 3840 x 2160 Pixeln, bis zu 30 Bildern/s und einer maximalen Datenrate von 100 MBit/s auf. Die Länge ist allerdings auf zehn Minuten begrenzt. Full-HD-Video gelingt mit bis zu 60 Bildern/s und für maximal 15 Minuten am Stück. Die Bildstabilisierung erfolgt – soweit dort vorhanden – über das Objektiv.

Die Fujifilm X-E3 bringt einen Mini-Joystick mit.

Die Fujifilm X-E3 bringt einen Mini-Joystick mit.

Bild: Fujifilm

Ein Mikrofonanschluss und ein HDMI-Ausgang für eine Live-View-Vorschau bei der Videoaufnahme auf einem externen Monitor sind vorhanden. Foto- und Videoaufnahmen lassen sich mit der entsprechenden App für Android und OS per Wi-Fi steuern und die Aufnahmen auf das Smartgerät übertragen. Weitere Funktionen der X-E3 sind eine 2D-Wasserwaage, Intervallaufnahmen, und Filtereffekte wie Miniatur oder Farbauszüge.

Geschwindigkeit und Bildqualität

Mit Einzel-AF haben wir im Labor eine Auslöseverzögerung von gut 0,2 s gemessen – minimal länger als bei der X-T20, aber deutlich schneller als bei der Leica TL2. Geradezu rasant ist der Serienmodus: Mit elektronischem Verschluss haben wir bis zu 13,8 Bilder/s ermittelt, bei aktiviertem C-AF rund 10 Bilder/s. Mit mechanischem Verschluss sind immerhin 8 Bilder/s möglich. Der Pufferspeicher ist angemessen groß und erlaubt bei 8 Bildern/s rund 100 JPEGs und 29 Raws in Folge.

Eine kleine Überraschung zeigt sich im Labor bei der Bildqualität: Wir haben mit dem gleichen Referenzobjektiv (60 mm Makro) bei JPEGs eine etwas höhere Auflösung gemessen als bei der X-T20 – bei ISO 200 21,8 effektive Megapixel. Zwischen ISO 200 und ISO 800 ist der Wirkungsgrad mit über 90 Prozent hervorragend, bei ISO 1600 mit 85% immer noch sehr gut, danach sinkt er, bleibt aber bis ISO 6400 bei immer noch guten 77 Prozent. Die Ergebnisse beim Bildrauschen und der Eingangsdynamik weichen kaum von der X-T20 ab. Insgesamt gehört die X-E3 zu den spiegellosen APS-C-Kameras mit der besten Bildqualität und ist bis ISO 1600 ohne große Einbußen nutzbar.

Leica TL2

Schon äußerlich unterscheidet sich die TL2 deutlich von anderen Systemkameras. Sie ist aus einem Aluminiumblock gefräst und relativ schwer. Das glatte Gehäuse liegt nicht sonderlich gut in der Hand – das mag daran liegen, dass es nicht von Kameraspezialisten, sondern vom Design-Team des Autoherstellers Audi entworfen wurde.

Leica TL2 in Silber.

Leica TL2 in Silber.

Bild: Leica

Die Bedienung ist äußerst puristisch: Ganze vier mechanische Bedienelemente bringt die Kamera mit. Neben dem Ein- und Ausschalter mit Auslöser sind dies zwei nicht beschriftete Einstellräder und ein Knopf, der standardmäßig die Videoaufnahme startet, aber auch mit anderen Funktionen belegt werden kann. Die sonstige Bedienung findet fast ausschließlich über den großen 3,7-Zoll-Touchscreen statt. Erfreulicherweise kann sich der Fotograf die Kacheln auf der ersten Menüebene selber zusammenstellen, damit er sich für häufig benötigte Funktionen nicht durch mehrere Menüebenen hangeln muss. Wenn man sich einmal an die Touch-Bedienung gewöhnt hat, geht sie einigermaßen flott von der Hand. Intuitiv ist sie allerdings nicht immer und an der einen oder anderen Stelle dürfte der Fotograf nicht um einen Blick in das Handbuch herumkommen – beispielsweise um ein aufgenommenes Bild wiederzugeben (Wischen nach unten).

Der Aufstecksucher zur Leica TL2 ist als Zubehör für ca. 450 Euro erhältlich

Der Aufstecksucher zur Leica TL2 ist als Zubehör für ca. 450 Euro erhältlich

Bild: Leica

Ausstattung mit Schwächen

Gegenüber der Vorgängerin TL hat Leica bei der Neuen den Blitz entfernt. Ein Zubehörschuh ist aber weiter vorhanden. Er nimmt neben einem Blitzgerät auch den elektronischen Visoflex-Sucher auf – Blitz und Sucher lassen sich also nicht kombinieren. Ansonsten hat Leica die Ausstattung an einigen Stellen verbessert. So gibt es nun einen elektronischen Verschluss für Belichtungszeiten bis zu 1/40.000 s, der ein lautloses Auslösen ermöglicht. Allerdings lässt er sich nicht gezielt aktivieren, sondern steht nur bei Verschlusszeiten kürzer als 1/4000 s zur Verfügung. Im Theater mit längeren Verschlusszeiten ders als bei Fuji – nicht möglich. Immerhin ist der mechanische Verschluss relativ leise und angenehm „satt“ – sprich er klingt nicht billig und klapperig.

Auch andere Verbesserungen sind inkonsequent umgesetzt. So hat Leica den Serienbildmodus von 5 auf 7 Bilder/s beschleunigt, mit elektronischem Verschluss sind sogar 20 Bilder/s möglich. Das Problem: Die Kamera führt den Autofokus nicht nach – auch wenn der kontinuierliche Autofokus (C-AF) aktiviert ist. Dieser funktioniert zwar im Live-View und Video (siehe unten), aber bei Foto eben nur bis zum Drücken des Auslösers, danach bleiben Schärfe und Belichtung fixiert. Serienbilder machen also nur Sinn, wenn sich die Entfernung zum Motiv nicht ändert; alles, was sich auf die Kamera zu oder von ihr weg bewegt, wird unscharf. Auf unsere Nachfrage hin, teilte Leica dazu mit, dass es sich hier um einen Bug handele, der mit einem zukünftigen Firmware-Update behoben werden soll. Die auf dem Papier starken 20 Bilder/s dürften auch aus einem anderen Grund selten brauchbar sein – denn sie stehen nur für Belichtungszeiten kürzer als 1/4000 s zur Verfügung. Skurril ist auch, dass ausgerechnet im Motivprogramm „Sport“ die Serienbilder deaktiviert sind.
In der Praxis stören noch andere Eigenarten der TL2. So ist sie beispielsweise in der Studiofotografie mit Blitzanlage kaum zu gebrauchen, da sich die Belichtungssimulation nicht abstellen lässt. Sprich: Ohne Blitz ist das Vorschaubild auf dem Monitor schwarz, nur beim Fokussieren wird es kurz hell, was aber für eine Motivbeurteilung nicht ausreicht. Laut Leica wurde die TL bisher nicht in Studioumgebungen eingesetzt, weshalb man darauf verzichtet hat, einen Menüpunkt zum Abschalten der Belichtungssimulation zu integrieren. Für ein zukünftiges Firmware-Update würde man dies aber in Erwägung ziehen. Vermisst haben wir außerdem eine automatische Sensorreinigung. Eine mechanische Bildstabilisierung hat die TL2 übrigen ebenfalls nicht und auch die T-Objektive sind nicht stabilisiert. Lediglich einige sehr teure SL-Vollformatobjektive sind mit einem optischen Stabilisator ausgestattet.

Die TL2 hat eine Tiefe von 33 mm

Die TL2 hat eine Tiefe von 33 mm.

Bild: Leica

Video gehört normalerweise nicht zu den Stärken von Leica-Kameras. Die TL2 scheint es hier besser zu machen. Sie nimmt tatsächlich mit 4K-Auflösung auf. Die Frequenz beträgt dabei 30 Bilder/s und rund 115 MBit/s, bei Full-HD sind 60 Bilder/s bei ca. 30 MBit/s möglich und auch Zeitlupen in 720p-Auflösung mit 120 Bildern/s lassen sich aufzeichnen. Außer im Zeitlupenmodus steht übrigens ein elektronischer Bildstabilisator zur Verfügung, der das Bild naturgemäß leicht beschneidet. Trotz 4K-Auflösung wirkt auch der Videomodus nicht ganz zu Ende gedacht. So fehlt eine Mikrofonbuchse und der Touchscreen ist während der Aufzeichnung gesperrt – sprich der Fokus lässt sich nicht per Touch-AF verlagern. Der C-AF funktioniert bei der Videoaufzeichnung prinzipiell, allerdings teilweise etwas träge. Wer gerne manuell fokussiert, könnte sich über die neue Peaking-Funktion freuen – leider steht diese nicht während der Videoaufzeichnung zur Verfügung.

Leica TL2 3,7-Zoll-Touchscreen.

Leica TL2 3,7-Zoll-Touchscreen.

Bild: Leica


Es gibt aber auch Positives zu berichten. So ist die TL2 mit üppigen 32 GB internem Speicher ausgestattet, es werden die schnellen UHS-II-SD-Karten unterstützt und auch die Datenschnittstelle USB 3.0 ist auf der Höhe der Zeit. Wi-Fi ist ebenfalls an Bord und lässt sich per App für iOS und Android ansprechen, wobei auch eine Fernsteuerung der Kamera möglich ist.

Testaufnahmen mit Leica TL2

Geschwindigkeit und Bildqualität

Obwohl auch der APS-C-Sensor in der Leica TL2 24 Megapixel auflöst, haben wir im Labor mit dem 60-mm-Makro eine deutlich niedrigere Auflösung als bei der X-E2 gemessen. Maximal 12,1 effektive Megapixel entsprechen einem Wirkungsgrad von rund 71 Prozent. Zwischen ISO 1600 und 6400 sind es sogar nur noch rund 62 Prozent. Ein Grund könnte die sehr zurückhaltende Scharfzeichnung sein, für die es die sehr gute Scharfzeichnungsnote 1,4 gibt (X-E3: 1,9), ein anderer die gegenüber anderen Leica-Kameras veränderte Rauschunterdrückung. War Leica hier bisher eher zurückhaltend, hat also mehr Rauschen zugelassen, um feine Details zu erhalten, so ist das Bildrauschen nun auffällig niedrig und fällt bis ISO 6400 sogar geringer aus als bei der Fuji X-E3. Bei ISO 12.500 steigt es dann allerdings sprunghaft an. Bei der JPEG-Eingangsdynamik nehmen sich die beiden Kameras dagegen wenig.

FAZIT

Die weniger als halb so teure Fujifilm X-E3 ist der Leica TL2 in fast allen Belangen überlegen. Die TL2 kann immerhin mit einer sehr guten Bildqualität überzeugen, wirkt aber insgesamt nicht ausgereift – vielleicht bessert Leica ja an der einen oder anderen Stelle per Firmware-Update nach. Fuji-Fotografen haben im Preissegment unter 1000 Euro die Wahl zwischen der X-E3 und der X-T20, die im Wesentlichen von individuellen Vorlieben abhängig ist.

Labormessungen: Anders Uschold

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