Im Pirelli Kalender 2026 verkörpert das russische Model Irina Shayk das Element Wind. Die Darstellung des Windes symbolisiert für sie Freiheit, Dynamik und eine tiefe Verbindung zur Natur und zu sich selbst.
© Sølve Sundsbø / The Pirelli Calendar 2026Am 14. November 2025 stellte Pirelli den Pirelli Kalender 2026 im Repräsentationshaus von Prag vor. Die Ausgabe folgt dem Leitmotiv „Elements“ und untersucht, wie sich Naturkräfte in Ausdruck, Bewegung und Präsenz spiegeln. Fotograf Sølve Sundsbø kombinierte dafür Landschaftsszenen vom Holkham Beach an der Nordseeküste in Norfolk, England, und aus Essex mit präzise inszenierten Studiosets in London und New York.
Das Leitmotiv „Elements“ im Zentrum von „The Cal“
Sundsbø erweitert das bekannte Vier-Elemente-Modell um Licht, Energie und eine immaterielle Kraft, die in der klassischen Elementenlehre als „Äther“ bezeichnet wird – eine feinstoffliche Sphäre jenseits des Sichtbaren. Ihm ging es nicht um Naturabbildung, sondern um innere Zustände wie Freiheitsdrang, Neugier, Intuition und die Frage, wie Menschen ihre Verbundenheit zur Natur empfinden. „Ich wollte nicht wörtlich arbeiten, sondern etwas schaffen, das Gefühl, Geist und Instinkt sichtbar macht“, sagt er über seinen Ansatz.
Elf Frauen und ihre Rollen im Pirelli Kalender 2026
Für „Elements“ versammelt Sundsbø Schauspielerinnen wie Tilda Swinton und Gwendoline Christie, die Musikerin FKA twigs, die Schauspielerin und Filmemacherin Isabella Rossellini, die Tennisspielerin Venus Williams, die Modedesignerin und frühere Fotomodel Susie Cave, die italienische Schauspielerin Luisa Ranieri, das Model Irina Shayk, das chinesische Model und Schauspielerin Du Juan sowie die beiden Models Eva Herzigová und Adria Arjona, die längst auch als Schauspielerin etabliert ist. Jede von ihnen verkörperte ein Element oder eine Kraft und gestaltete die Bildidee gemeinsam mit dem Fotografen – mal unmittelbar mit Wasser, Sand oder Bewegungsmustern, mal abstrakt über Licht, Haltung oder Atmosphäre. „Ich wollte Frauen fotografieren, die Erfahrung, Tiefe und Mut mitbringen“, erklärt Sundsbø. Einige der Beteiligten kannte er aus früheren Projekten, andere wollte er schon lange porträtieren.
Der Pirelli Kalender 2026 – erste Einblicke
Wie der Fotograf zum Thema fand – und zu „The Cal“
Das Angebot, „The Cal“ gestalten zu dürfen, beschreibt Sundsbø als besondere Auszeichnung: „Es fühlt sich an wie ein Preis, den man gewinnt, bevor man ihn verdient hat.“ Der Umfang des Projekts habe ihn zunächst überwältigt, sagt er, doch aus der Suche nach einer klaren Idee entstand der Gedanke, Natur auf ihre Essenz herunterzubrechen. „Die Elemente sind eine Art Verdichtung von allem, was uns umgibt – ein Rahmen, der Natur greifbar macht.“
Produktion zwischen Küste und kontrollierten Studiowelten
Entzaubernder Blick hinter die Kulissen: Studioshooting mit Adria Ajorna, die im Pirelli Kalender 2026 das Element Wasser darstellt.
© Alessandro ScottiDie ersten Motive entstanden am Holkham Beach und in der Landschaft von Essex. Viele Bildideen wurden jedoch im Studio umgesetzt, wo Sundsbø mithilfe riesiger LED-Wände atmosphärische Räume erzeugte. Das Team filmte Feuer, Wolken oder Wasser vorab und projizierte diese Sequenzen hinter die Protagonistinnen, ergänzt durch reale Effekte wie Wind oder Spritzwasser. Die Arbeitsweise erlaubte Sicherheit und Kontrolle, ohne das Gefühl von Natur zu verlieren. „Im Studio zählt nur eins: dass die Person vor der Kamera sich wohlfühlt und das Element wirklich spürbar wird“, sagt Sundsbø.
„The Cal“ und seine Tradition künstlerischer Neuinterpretation
Seit seiner Einführung 1964 hat sich „The Cal“ als exklusives Projekt von Pirelli entwickelt, das sich bewusst von der kommerziellen Konkurrenz abgrenzen wollte. Die ersten Ausgaben, gestaltet von Art Director Derek Forsyth und Fotograf Robert Freeman, setzten früh auf eine Mischung aus künstlerischem Anspruch und kultureller Zeitbeobachtung.
Die Geschichte des Kalenders durchlief vier markante Phasen: von der ersten Dekade zwischen 1964 und 1974, die mit einer Rezession endete, über die Rückkehr 1984 und den wachsenden Einfluss bis 1994, gefolgt von der Kultphase von 1994 bis 2015, in der „The Cal“ ästhetisch tonangebend wurde. Seit 2016 richtet der Kalender seinen Fokus auf neue gesellschaftliche und visuelle Sensibilitäten. Die Ausgabe 2026 knüpft daran an und zeigt, wie wandelbar das Format bleibt – diesmal als symbolische Annäherung an die Beziehung zwischen Mensch, Natur und immateriellen Kräften.
Der Fotograf
Sølve Sundsbø zählt seit Jahren zu den prägenden Stimmen der internationalen Bildgestaltung. Seine Arbeiten verschieben immer wieder die Grenzen zwischen Modefotografie, experimenteller Technik und visueller Erzählung. Charakteristisch für ihn ist ein Ansatz, der Realität hinterfragt, spielerisch transformiert und oft über das klassische Standbild hinausweist. Der 1970 in Norwegen geborene Fotograf lebt seit Mitte der 1990er-Jahre in London, wo er am London College of Printing studierte. Trotz seiner Wahlheimat bleibt die Bildwelt seiner norwegischen Herkunft sichtbar: klare Formen, natürliche Atmosphären und eine Präzision, die viele seiner Serien durchzieht.
Behind the scenes: Eva Herzigova posiert für den Pirelli Kalender 2026 im Wassertank vor Fotograf Sølve Sundsbø.
© Alessandro ScottiSundsbø arbeitet gleichermaßen mit High-End-Technologie wie mit handwerklichen Techniken – von 3D-Scanverfahren bis zu manuell bearbeiteten Retuschen. Neben freien Projekten entstehen für große Mode- und Kosmetikmarken regelmäßig Kampagnen und Kurzfilme, die seine Handschrift tragen. Zudem ist er ein gefragter Editorial-Fotograf und produziert regelmäßig Cover und Serien für internationale Magazine wie Harper’s Bazaar Italia, i-D, Love, The New York Times Magazine, Numéro, Perfect, Re-Edition, V, Vogue Italia und W.
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