Preis-Alarm

Winfried Warnke über Veränderungen am Secondhand-Markt und die daraus resultierende Absatzkrise.

Winfried Warnke

Winfried Warnke

Kolumnist und freier Autor

Winfried Warnkes Secondhand Kolumne

Die Marktgesetze sind gnadenlos. Auf breiter Front brechen die Gebrauchtpreise für Secondhand-Fotoware ein, denn dem wachsenden Angebot fehlt die entsprechende Nachfrage. Ein eher schleichender Prozess und keine erdrutschartige Bewegung, vor allem bei Kameras.

Die Absatzkrise ist heute eher eine Nachfragekrise, die Ursachen gehen wohl tiefer: Lange Zeit wurde die Kamera als Aufnahmegerät nicht infrage gestellt, sie war selbstverständliches Lebens-Accessoire, teilweise Statussymbol. Das hat sich geändert. Für den Massenmarkt ist die Veränderung radikal, die Probleme des Fotohandels, neue preisgünstige Kompakt- und preiswerte DSLR-Kameras abzusetzen, gehen einher mit dem riesigen Angebot im Gebrauchtmarkt: Im großen Auktionshaus werden an einem Tag etwa 1000 bis 2000 gebrauchte Kompakte angeboten und mehr als 500 bis 1000 gebrauchte Einsteiger-DSLRs.

„Junge Menschen finden einzelne, analoge Besonderheiten ganz kultig, aber Sammelfieber bricht da nicht gleich aus.“

Winfried Warnke, Kolumnist und freier Autor

Für die breite Familien- und Urlaubsfotografie wird die traditionelle Kamera immer weniger gebraucht. Zunehmend fehlt der Hobby-Jungfotograf, der kostenbewusst mit einer gebrauchten, einfachen Spiegelreflex einsteigt und sich dann qualitativ hocharbeitet, wie früher der Praktica-Einsteiger, der sich über Pentax, Canon oder Minolta zu Nikon aufwärts bewegte.

Aber auch der Secondhand-Edelbereich mit hochwertigeren Sammlerkameras hat seine Preisprobleme. Die Generation, die sich umfangreiche, wertvollere Kamerasammlungen aufbaute, trennt sich in größerem Umfang von ihren Schätzen. Und da wächst wenig nach. Junge Menschen finden einzelne, analoge Besonderheiten ganz kultig, aber Sammelfieber bricht da nicht gleich aus. Und gäbe es nicht den – teilweise nachvollziehbaren – Adapter-Wahn besonderer Objektive, wäre wohl auch der Gebrauchtmarkt für ältere Linsen eingebrochen.

Allerdings, die Kaufkraft ist eigentlich da. Hochwertige Kameras mit exzellenten Linsen aus den 60er- und 70er-Jahren erzielen nach wie vor solide Preise, weil sich so mancher seinen Jugendtraum erfüllt. Gute Zeiten für den ambitionierten Fotograf, der Kamera und Objektive als kreatives Handwerkszeug ansieht. Für ihn herrschen am Gebrauchtmarkt prima Preisverhältnisse.

Diese Kolumne ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 10/2016 erschienen.

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