Die Geschichte der Bildübertragung

Vom Belinograph bis zum Fax: Wie die Fotografie lernte, mit Hilfe elektronischer Bildübertragung schnell große Distanzen zu überwinden.

Peter Michels

Peter Michels

freier Autor

Belinograph

Der Belinograph konnte zunächst nur Schriftbilder übertragen. Er war der Vorläufer des Faxgerätes.

Foto: © Rama

Wir versenden heute Bilder ohne großen Aufwand. Das war noch um 1900 undenkbar. Gegen Anfang des 20. Jahrhunderts suchten mehrere Erfinder nach Möglichkeiten, Bilder via Telefon, Telegraph oder Funk zu übermitteln. Aus der Idee, Fotografien telegrafisch zu übertragen, entstehen schließlich wichtige Folgeerfindungen wie das Fax, Scanner, Fotokopierer, das Fernsehen und die Bildtelefonie.

Anfang der Bildübertragung: 22 Minuten pro Bild

Der Vorläufer der elektronischen Bilder ist die Tonaufzeichnung, wie sie bei Edisons Wachszylinder und später bei einer Schallplatte zum Zug kommt. Hier wird die Musikaufnahme durch eine reliefartige Rille abrufbar gemacht.

Das gleiche Prinzip liegt den ersten telegrafierten Bildvorlagen zu Grunde. Zunächst wird dabei eine Fotografie als Pigmentdruck belichtet. Diese im 19. Jahrhundert weitverbreitete Drucktechnik erzeugt ein reliefartiges Bild. Das wird anschließend auf einen Zylinder aufgespannt, linear abgetastet und in elektronische Signale umgewandelt.

Die führenden Erfinder in diesem Wissenschaftsbereich waren der deutsche Physikprofessor Arthur Korn und der französische Fotograf Édouard Belin. Beide standen in enger Konkurrenz zueinander. Belin gelingt es am 9. November 1907, ein Bild über die Distanz von 1717 km in nur 22 Minuten zu übertragen.

Bereits am 17. März 1908 wird das erste Fahndungsfoto eines flüchtigen Juwelenräubers von Paris nach London übertragen, worauf dieser gefasst werden kann. Belin perfektioniert sein Gerät weiter und stellt 1913 eine tragbare Version vor: den Belinographen.

Èdouard Belin

Der französische Fotograf Édouard Belin 1907 mit seiner Erfindung, dem Belinograph.

Foto: © Library of Congress

Verkürzte Sendezeit durch Wechselstrom

Im Folgejahr reduziert sich die Übertragungsgeschwindigkeit eines Bildes auf vier Minuten. Während des ersten Weltkrieges muss Belin seine Arbeit einstellen und nimmt die Entwicklung erst 1920 wieder auf. Mit der Umstellung von Gleich- auf Wechselstrom kann nun die Sendezeit nochmals halbiert werden.

Arthur Korn verfolgte einen etwas anderen Weg. Er nutzte zum Einlesen eine Fotografie, die auf einen Glaszylinder gespannt wurde. Diese Fotografie wurde mit einer Nernstlampe durchleuchtet und eine lichtempfindliche Selen-Zelle wandelte das empfangene Licht in elektrische Signale um. Das halbleitende Element Selen kommt auch in Belichtungsmessern zum Zug.

Geschichte der Bildübertragung in den 90ern

Die erste Bildübertragung übers Telefonnetz München–Nürnberg gelingt 1904 und dauert 44 Minuten. 1906 gelingt Korn der Transfer über 1800 km. 1923 sendet er ein Bild von Papst Pius XI über den Atlantik nach Amerika. 1928 wird das Korn-System bei der deutschen Polizei eingeführt. Mit der Machtergreifung 1933 erhält Arthur Korn Berufsverbot. Dieses beendet die Weiterentwicklung seines Systems.

Belin übernimmt 1927 die Idee Arthur Korns, das Bild mit einer Fotozelle abzutasten. Das aufwendige Herstellen eines Pigmentdrucks entfällt dabei. 1933 wiegt ein Belinograph noch transportable 17 Kilo. Bis zur Einführung von Thermopapier stehen Empfangsgeräte in Dunkelkammern der Zeitungsredaktionen. Bis in die 1970er-Jahre übertragen Pressefotografen mit dem Belino ihre Bilder aus aller Welt in die Redaktionen.                

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