Bokeh-Effekt mit dem Smartphone: wir zeigen, wie es geht

Basics bis Feinschliff, wir klären Sie auf!
08.08.2018

Ein extremer Schärfeverlauf, gepaart mit sahniger Unschärfe, kann ein Foto deutlich aufwerten. Bisher großen Sensoren und lichtstarken Objektiven vorbehalten, kann der Bokeh-Effekt auch mit dem Smartphones simuliert werden. Wir erklären, worauf es ankommt!

 

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iPhone 7 Plus Bokeh Smartphone

Sowohl Apple als auch andere Hersteller setzen mittlerweile auf Dual-Kamerasysteme. Diese Anordnung taugt als Stereokamera. Hier das iPhone 7 Plus.

© Tilo Gockel

Kann man Smartphones nicht einfach so bauen, dass sie auf optischem Wege eine geringe Schärfentiefe und eine satte Hintergrundunschärfe liefern? Für besonders gute Smartphone-Fotos? Nein, da macht uns leider die Physik einen Strich durch die Rechnung. Lassen wir dazu Dr. Hubert Nasse von der Zeiss AG zu Wort kommen, einer der profiliertesten Experten auf diesem Gebiet: „Die entscheidende Größe für die Quantität von Unschärfe ist die physische Größe der Eintrittspupille. Wenn man mit Bokeh in erster Linie die Fähigkeit meint, den Hintergrund sehr unscharf, weich und detailarm darstellen zu können, muss man eine genügend große Eintrittspupille haben. Großes Aufnahmeformat, lichtstarke Objektive und längere Brennweiten haben in der Richtung das beste Potenzial.“

Die entscheidende Größe für die Quantität von Unschärfe ist die physische Größe der Eintrittspupille.

Man sieht sofort, dass Smartphones hier chancenlos sind. Sie sind auf Hosentaschenformat gezüchtet und sollen so flach wie eben möglich sein. Das verbietet per se große Kamerasensoren, die mit großen Bildkreisen, großen Linsendurchmessern und langen Objektiven einhergehen. Smartphones haben zwar auch relativ lichtstarke Objektive mit Blendenzahlen um die 2, aber dabei ein ultrakleines Aufnahmeformat und dadurch wiederum sehr kurze Brennweiten. Beim iPhone 8 Plus hat das kurze Objektiv eine Brennweite von 4 mm (28 mm Kleinbild-äquivalent), das etwas längere Objektiv 6,6 mm (57 mm beim Kleinbild). In der Summe vereiteln diese Einschränkungen fast völlig eine geringe Schärfentiefe.

Smartphones haben zwar auch relativ lichtstarke Objektive mit Blendenzahlen um die 2, aber dabei ein ultrakleines Aufnahmeformat und dadurch wiederum sehr kurze Brennweiten.

Ein Beispiel dazu (berechnet mit dem Online-Rechner dofmaster.com): Eine Vollformatkamera hat bei einer Brennweite von 50 mm, bei Blende 1,8 und einem Abstand von zwei Metern eine Schärfentiefe lediglich von 17 cm. Das Samsung S7, bei Brennweite 4,2 mm, Blende 1,7 und gleichem Abstand hat eine Schärfentiefe von 20 Metern! Zwar ist der erlaubte Durchmesser der Zerstreuungskreise (alias Bokeh-Bubbles) der Smartphones viel kleiner als bei einer Vollformatkamera, was zu einer kleineren Schärfentiefe führt, aber auch die Brennweite ist kleiner und deren Einfluss ist größer. Da helfen nur digitale Tricks an denen die Hersteller mit Nachdruck arbeiten – erste Lösungen sind bereits verfügbar.

Simulierte Unschärfe: Nehmen Sie die Tiefenkarte zu Hilfe!

Die Simulation von ausgeprägten Schärfeverläufen funktioniert gar nicht schlecht und ist auch nicht so schwierig, wie man vielleicht zuerst meinen könnte. Bei allen modernen Ansätzen braucht es dafür eine Tiefenkarte, sprich ein Grauwertbild, in welchem die Grauwerte die Abstände zu den Punkten in der Szene darstellen. Diese Karte oder Maske kann man selbst händisch ins Bild malen oder auch automatisch erzeugen. Wenn eine solche Tiefenkarte zur Szene verfügbar ist, dann ist die Simulation der Unschärfe nicht mehr allzu schwer. Für eigene Versuche eignet sich der leistungsfähige Photoshop-Filter Objektivunschärfe (ehemals: Tiefenschärfe abmildern), dem man das Tiefenbild als Maske oder im Alphakanal mitgeben kann.

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Sie können bis zu drei Kameras vergleichen, um eine andere auszuwählen, entfernen Sie eine aus dem Vergleich.
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fotoMAGAZIN

1949 erschien die erste Ausgabe der ersten Fotozeitschrift im deutschsprachigen Raum. Seither begleiten wir die Fotogeschichte. Unsere Kamera- und Objektivtests unter Labor- und Praxisbedingungen helfen Einsteigern und Profis seit jeher bei der Kaufentscheidung. Mancher Fotograf wurde von uns entdeckt. Und seit Steven J. Sasson 1975 für Kodak die erste Digitalkamera entwickelte, haben wir die digitale Fotografie auf dem Schirm. Unsere Fotoexpertise ist Ihr Vorteil.

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