Aufnahmen außerhalb des Studios lassen sich schwerer kontrollieren und stellen besondere Anforderungen – bieten aber auch Chancen.
Tipp Nr. 1: Auch draußen sollten Sie indirekt blitzen
Manchmal hat man nichts dabei außer der Kamera und einen Aufsteckblitz. Vermeiden Sie dennoch das direkte Blitzlicht und probieren Sie doch mal, den Blitz auch im Freien zur Seite zu richten und zu bouncen.
Abends in der Stadt, mit der Kamera im hohen ISO-Bereich gelingt das erstaunlich gut. Die benötigten Flächen, über die Sie den Blitz „über Bande“ spielen können, finden sich überall – im Beispiel war es eine Fensterscheibe. Achten Sie aber stets darauf, dass der direkte Lichtweg zum Modell unterbunden sein sollte. Ein Flag, Abschatter oder einfach auch die Hand helfen hierbei (im Beispiel sehen Sie das „Black Foamie Thing“ nach der Idee von Neil van Niekerk, www.tiny.cc/ges83x). Wichtig ist eine erste Bildaufnahme ohne Blitzlicht, um die Kamera zuerst auf das Umgebungslicht einzustellen.
Tipp Nr. 2: Suchen Sie sich außergewöhnliche Locations für Ihren Shoot
Wer draußen fotografiert, der sollte sich auch interessante Umgebungen suchen. Es muss nicht immer das Kornfeld sein, auch Locations wie ein Flughafen, ein Museum, oder – wie in diesem Beispiel – eine Parkanlage mit einem Riesenschachspiel haben ihren Reiz.
Belebt haben wir diese abendliche Szene mit mehreren, teils farbigen Blitzen (Porty und Beautydish von vorne, Speedlight von rechts, Speedlight und Rotfolie von hinten).
Bedenken Sie aber, dass Sie unter Umständen eine Genehmigung benötigen. Häfen (auch im Freien), Bahnhöfe und Flugplätze unterliegen nicht der Panoramafreiheit. Bei städtischen Parks ist die Regelung von Stadt zu Stadt verschieden. Die Stadt Frankfurt spricht bei solchen Projekten von einer „Sondernutzung“ und verlangt 50 Euro, zahlbar an das Grünflächenamt.
Häfen, Bahnhöfe und Flugplätze
unterliegen nicht der Panoramafreiheit.
Tipp Nr. 3: Bei gutem Wetter sollten Sie den ND-Filter nicht vergessen
Für offenblendige Fotos im Sonnenlicht mit Blitz sind im Moment High-Speed Sync/
Focal-Plane Sync und Hypersync/Supersync angesagt, aber Geräte mit dieser Technik sind nicht ganz billig und auch nicht unproblematisch im Einsatz.
Nehmen Sie doch einfach einen Aufsteckblitz und einen Schirm und setzen Sie einen ND-Filter vor das Objektiv (im Beispiel: vier Blenden). Bei hochwertigen ND-Filtern von B&W oder Hoya werden Sie kaum einen Qualitätsverlust feststellen, und auch der Autofokus wird – zumindest bei Werten bis 4 EV – noch problemlos funktionieren. Wie Sie im Making-of-Foto sehen, waren wir hier mit minimalem Equipment unterwegs: Der Schirmneiger samt Mini-Durchlichtschirm von Walimex ist einfach an einem handgehaltenen Kamerastativ befestigt. Es geht aber sogar noch schlanker: Wer an einen der raren weißen „Microbrella“-Mini-Taschenschirme kommt und dazu einen (handgehaltenen) Nissin i40 verwendet, der hat ein Blitzbesteck, das sogar in eine Damenhandtasche passt.
Tipp Nr. 4: Engagieren Sie einen Make-up-Artist
Wenn Sie nur ab und an einmal Menschen fotografieren, dann können Sie den Make-up-Service Ihrer Douglas-Filiale vor Ort nutzen (20 bis 40 Euro). Wenn Sie aber häufig People- und Fashion-Aufnahmen machen oder auch aufwendigere Projekte wie die Meerjungfrau in unserem Beispiel planen, dann lohnt sich die Zusammenarbeit mit einem Make-up-Artist. Hier werden Sie zum Beispiel in der Model-Kartei fündig (bei uns: Jana Salawa).
Im Beispielbild kam ein entfesselter Aufsteckblitz von oben links als kleine Gegenlichtsonne zum Einsatz. Von vorne dient ein zweites Speedlight als Hauptlicht (beide Blitze ohne Lichtformer).
Tipp Nr. 5: Setzen Sie mehr Blitze für mehr Blitzkraft ein
Manchmal liefert ein einzelner Aufsteckblitz draußen einfach zu wenig Blitzenergie. Bevor Sie dann direkt in einen Hensel-Porty investieren, verwenden Sie doch einmal mehrere Speedlights parallel. Das kann eine preiswerte und portable Lösung sein, die dennoch Licht satt bietet. Im Beispiel haben wir zwei Yongnuo-YN-560-Blitze parallel in einem weißen Schirm verwendet und dabei den zweiten am ersten Blitz mit Tape befestigt. Eine elegantere Lösung ist eine Blitzschiene wie in der Abbildung. Unsere ist selbstgebaut, aber natürlich kann man solche Schienen auch fertig kaufen (Quenox, Walimex u. a.).
Tipp Nr. 6: DIY – Bauen Sie sich Ihren Ringblitz doch einfach selbst
Wenn Sie schon drei Blitze angeschafft haben, dann setzen Sie diese doch einmal anstatt auf eine gerade Leiste auf einen Ring, durch den Sie dann hindurchfotografieren können. Der Effekt kommt einem Ringblitz sehr nahe. Kommerzielle Lösungen hierfür sind rar, aber auch der Selbstbau ist nicht schwer. Sie benötigen nur ein Stück Aluflachmaterial, drei Blitzklemmen, Fotoschrauben und ein Spigot. (detaillierte Anleitung: www.tiny.cc/17x83x).
Tipp Nr. 7: Nutzen Sie vorhandenes Fensterlicht
Keinen Blitz zur Hand? Das ist nicht schlimm, wenn ein Fenster in der Nähe ist. Probieren Sie mit Winkel und Position des Models, bis Sie einen schönen Schattenwurf gefunden haben.
Im Beispiel sehen Sie übrigens ein Panorama aus acht einzelnen Aufnahmen (ein „Bokehrama“, siehe fM 10/15). Der Lohn ist eine besonders geringe Schärfentiefe bei dennoch großem Bildwinkel. So können Sie selbst mit der Kleinbildkamera einen Look erzeugen, der sonst der Mittelformatklasse vorbehalten bleibt. Unsere Location für die Aufnahmen mit Fensterlicht hat es uns außerdem zugegebenermaßen einfach gemacht – das Künstlerhaus Kurus in Heidelberg ist per se sehr fotogen!
Keinen Blitz zur Hand?
Kein Problem, solange ein Fenster in der Nähe ist.
Tipp Nr. 8: Machen Sie sich direktes Sonnenlicht & harte Schatten zunutze
Wer gezwungen ist, am frühen Nachmittag in der harten, hellen Sonne zu shooten, der kann auch aus der Not eine Tugend machen. In unserem Beispiel blickt das Modell direkt in die Sonne und hat dabei die Augen geschlossen. Der Trick bei diesen Aufnahmen ist die Sonnenbrille, die dem Bild den coolen Look gibt.
Tipp Nr. 9: Fotografieren Sie gegen die Sonne
Später am Tag kann man die tiefstehende Sonne auch als Gegenlicht verwenden. Selbst wenn Sie keinen Reflektor zum Aufhellen zur Hand haben, können stimmungsvolle Aufnahmen gelingen. Der Boden und das Umfeld reflektieren normalerweise ausreichend Licht, und die eventuell noch fehlende Aufhellung geschieht in Lightroom. Im Beispiel haben wir den Blickwinkel so gewählt, dass möglichst viele glänzende Bootrelings zu sehen waren. Diese erscheinen dann als Bokeh-Bubbles im Bild und helfen, die maritime Atmosphäre am Yachthafen zu vermitteln.
Tipp Nr. 10: Nutzen Sie abends die Lichter der Stadt
Auch wenn die Sonne untergegangen ist, können tolle Fotos entstehen. Beziehen Sie die Lichter der Stadt als Bokeh-Kreise in Ihre Fotos ein. Moderne Kameras können auch mit ISO-Werten bis 3200 umgehen und Ihnen so stimmungsvolle Fotos auch aus der Hand ermöglichen. Im Beispiel haben wir von vorne ein Speedlight in einem Reflexschirm und von hinten als Gegenlicht ein Speedlight ohne Lichtformer eingesetzt.
Wichtig ist, dass man bei solchen Shootings wieder zuerst die Belichtung aufs Umgebungslicht einstellt. Erst dann kommen die Blitze hinzu.
Dieser Praxis-Artikel ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 12/2015 erschienen.
Hier haben wir außerdem ein paar Tipps für alle, die den Tücken der Winter-Fotografie den Garaus machen wollen.
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