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Meline Ellwanger in Curchill, der "Eisbärenhauptstadt" Kanadas auf der Jagd nach dem nächsten Foto.
Meline Ellwanger
Meline Ellwanger
Unterwegs, wo die wilden Tiere wohnen
12.03.2022
Die 18-jährige Fotografin über den Kontrast von Studentenleben und Tierfotografie, Gefahren bei Begegnungen mit wilden Tieren und dem Streben nach dem perfekten Foto. Ein Porträt.
Manche Menschen suchen ihr ganzes Leben nach dem für sie bestimmten Weg. Mit 18 Jahren sind die meisten noch auf der Suche nach sich selbst – sie kämpfen sich durchs Abitur und stehen danach vor dem großen Rätsel, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Nicht so Meline Ellwanger. Die 18-jährige Deutsche hat sich bereits früh für ein Leben abseits der üblichen Pfade entschieden. Noch vor ihrem 20. Lebensjahr hat sie bereits mehr erlebt, als so manche Menschen in einem ganzen Leben.
Das Objektiv fest umklammert in der Hand, der Blick schweift in Richtung Videokamera. Eine Grimasse. Ein Ausdruck von Ungläubigkeit und Eindruck zugleich. Meline Ellwanger sitzt in Alaska. Um sie herum nichts als Wald, Berge, Wasser. Und Grizzlybären. Wenige Sekunden später stapft ein Bär an ihr vorbei. Im Maul hält er einen frisch gefangenen Lachs. „Der beste Tag meines Lebens“ schreibt die 18-jährige Fotografin bei Instagram. Für andere in ihrem Alter unvorstellbar – für Meline Ellwanger Berufsalltag.
Thema Wildlife-Fotografie: Nicht jeder bekommt die Chance
Mit der Kamera im Gepäck bereiste sie schon die entlegensten Winkel des Globusses auf der Jagd nach dem perfekten Foto. Doch auch, wenn sie bereits etliche Eisbären, Pinguine, Grizzlies und Gorillas vor der Linse hatte, ist das besagte, perfekte Foto für sie noch ein Traum, für den sie jeden Tag hart arbeiten muss. Eine junge Fotografin – irgendwo zwischen beruflicher Weiterentwicklung und einem Leben voller Non-plus-Ultra.
Wer beruflich als Wildlife-Fotograf tätig sein möchte, der braucht neben den perfekten Umständen auch eine Prise Glück. Im Fall von Meline war das so. Ihre Eltern unterstützen sie, wo sie können, sagt Meline. Dass das keine Selbstverständlichkeit sei und viele ambitionierte Jungfotografen diese Chance nicht bekommen würden, sei ihr bewusst.
Respekt und Faszination sind größer als Angst
Löwen in der afrikanischen Savanne, Braunbären in Alaska, Primaten in Uganda. All diese Tiere durfte die junge Fotografin bereits mit der Kamera einfangen – teilweise nur wenige Zentimeter entfernt. Für viele ein verstörender Gedanke: Hat man da keine Angst, wenn plötzlich diese mächtigen Tiere vor einem stehen? Für Meline ist die Begegnung mit wilden Tieren eher wohltuend als angsteinflößend. Eher ein Gefühl des Heimkommens als des Unbehagens.
"Tatsächlich ist es so, dass ich mit jeder Reise tiefer eintauche und die Tiere immer mehr verstehe. Man bekommt dann relativ schnell ein Gespür dafür, was man sich trauen kann und was man eher lassen sollte. Aber Angst ist da eigentlich nicht. Viel eher Respekt und Faszination."
Kontrast zwischen Uni und Berufsalltag
So richtig startet ihre Fotokarriere vor vier Jahren. Alles beginnt mit einem Urlaub und einer Kamera. Was als Spielerei anfing, entwickelt sich immer mehr zur Passion der Wahl-Amerikanerin. Was dann folgt, sind zahlreiche Ausflüge in die entlegensten Winkel der Welt. Dabei sind es nicht nur die Begegnungen mit den Tieren, die bei ihr einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Allein die Anreisen zu den abgeschiedenen Fotospots bieten reichlich Stoff für ein Buch von Jon Krakauer – und sind eher untypisch für den Werdegang einer Abiturientin.
"Die Anfahrtswege sind oft sehr anstrengend und ziehen sich über mehrere Tage. Gerade die Reisen zur Antarktis sind sehr abenteuerlich."
Was Meline die Fotografie mit den Tieren bedeutet, merkt man an ihrer Körpersprache. Spricht sie von ihren Reisen, reagiert ihr Körper. Die Augen funkeln, die Hände fahren immer wieder durch die Haare. Ein breites Grinsen im Gesicht. Dass sie ihre Liebe zur Tierfotografie zu ihrem Beruf machen konnte, macht sie stolz. Aber trotz dieses außergewöhnlichen Lebens ist ihr auch bewusst, dass sie sich noch verbessern muss. Künstlerisch, stilistisch. Erfahrungen sammeln, so viel es geht. Darum gehe es ihr jetzt in den nächsten Jahren.
Wildtierbiologie in Montana? Das passt!
So ein früher Karrierestart kann sich dennoch lohnen. Im vergangenen Jahr hat Meline Ellwanger die Auszeichnung „Young Wilderness Safaris Photographer of the Year“ erhalten. Prämiert wurde sie für eine Aufnahme eines neugierigen Berggorilla-Jungen in Uganda. Einer der einprägsamsten Momente ihres Lebens, wie sie verrät.
Doch trotz allem ist eins klar: ein für Studenten „normales“ Leben ist für Meline kaum vorstellbar.
„Momentan nehme ich ein Gap Year, um mich vor allem beruflich weiterzuentwickeln. Danach geht es für mich dann ans College“. Ab dem kommendem Semester will sie sich auch wissenschaftlich mit Wildtieren beschäftigen. Auch die Wahl des Studienortes scheint in dem Kontext nicht überraschend. Wildtierbiologie in Montana? Das passt.
Ein einzigartiger Stil als persönliches Ziel
Diese eher ungewöhnliche Abfolge der Lebensabschnitte bedeutet für die Abenteurerin aber auch einen starken Kontrast zu ihrem bisherigen Leben. Amerikanische Uni – das heißt zumindest im Klischee: verantwortungslos sein, über die Stränge schlagen, Party ohne Ende machen und viel lernen.
„Ich freue mich auf die Zeit“, schmunzelt die 18-Jährige selbstbewusst. Sie weiß, dass ihr die Unizeit gut tun wird. Ihre Körpersprache verrät jedoch: viel lieber wäre sie unterwegs. Draußen bei den Tieren. Mit der Kamera.
Doch dafür sei ja noch genug Zeit, betont sie. Bis es soweit ist, möchte sie noch von den Besten lernen. Auf ihren Reisen lernte sie bereits die verschiedensten Wildlife-Fotografen kennen. Für Profi-Tipps ist sie immer dankbar. Dennoch soll irgendwann eine Unverwechselbarkeit in ihren Werken erblühen: „Das Ziel ist es natürlich, einen einzigartigen Stil zu erlangen bei meinen Fotos. Sodass die Leute sofort erkennen, dass das mein Foto ist. Nach diesem Stil muss ich noch suchen. Aber das kommt mit der Zeit“.
Der schwarze Panther ist der heilige Gral
Auf die Frage nach dem eigenen Traummotiv, dem ganz persönlichen heiligen Gral der Wildtier-Fotografie, hat sie eine schnelle Antwort. „Ganz klar ein schwarzer Panther. Das Gefühl, dieses seltene Tier zu finden und mit der Kamera einzufangen, muss unglaublich sein. Das ist etwas, was ich unbedingt erleben möchte und was ganz oben auf meiner Liste steht."
Fragt man Meline nach ihrer Botschaft, nach dem, was sie mit ihrer Arbeit bewirken möchte, merkt man, was ihr wirklich wichtig ist: der Artenschutz. Ein Kernelement, das in ihrer täglichen Arbeit fest verankert ist.
"Natürlich beschäftigt mich das Thema sehr. Wenn man beruflich häufig damit konfrontiert wird, ist es auf einmal auch viel realer, viel näher als wenn man darüber nur liest. Wenn ich es schaffe, durch meine Arbeit das Bewusstsein für den Arten- und Naturschutz noch witer zu schärfen, bin ich sehr zufrieden."
Die Ergebnisse, die Fotos wirken in diesem Bezug fast wie ein Kuratorium. Bilder, die womöglich in naher Zukunft so nicht mehr reproduzierbar sind. Diese Aufgabe nimmt Meline an – und trägt ihr Anliegen mit der Kamera in die Welt hinaus.
Weitere Infos über Meline Ellwanger finden Sie auf ihrer Hompeage sowie auf Instagram und TikTok
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