Unser Chefredakteur Manfred Zollner hat bereits während seines Studiums der Kommunikationswissenschaft sein Taschengeld als Konzertfotograf verdient. Der langjährige stellvertretende Chefredakteur des Heftes leitet seit April 2019 die Redaktion. Darüber hinaus betreut er das einmal im Jahr erscheinende XXL-Heft fotoMAGAZIN EDITION mit herausragenden Fine Art-Portfolios.
Kolumne Zollners Zeilen: Aufmacher

Skandalgeschichten in der Fotobranche
Gibt es plötzlich einen spontanen Sittenverfall – oder schaut die zeitgenössische Medienszene einfach genauer auf ihre Bildermacher als frühere Generationen?
Was passiert denn derzeit in unserer Fotobranche? Fast monatlich lesen wir über neue Skandalgeschichten.
Gefühlt begann die Aufarbeitung alter und neuer Vergehen erst richtig mit der #metoo-Debatte. Berichte zu übergriffigem Fotografenverhalten und sexueller Belästigung von Models – insbesondere in der Fashion- und Aktfotoszene – gab es lange vorher.
Früher wurde vieles zu oft einfach nicht genauer hinterfragt.
Nachdem über Jahre Gerüchte über das Gebahren sogenannter Enfants terribles wie Terry Richardson kursierten, meldeten sich plötzlich immer mehr Models mit Geschichten beim Anwalt. Es ist nicht bei ihren Rechtsanliegen angesichts der schamlosen Ausbeutung bestehender Machtstrukturen (hier der Starfotograf – dort das junge, verschüchterte Model) geblieben. Die Fotografenvereinigung Magnum steht beispielhaft für die neue Aufarbeitung alter Fehler. Nun hat die Agentur ihr langjähriges Mitglied David Allen Harvey vorerst für ein Jahr ausgeschlossen, bis der aktuelle Vorwurf der sexuellen Belästigung einer Kollegin geklärt ist. Die Anklage kam nur wenige Tage, nachdem Harvey Negativschlagzeilen mit einer alten Reportage über minderjährige Sexarbeiterinnen gemacht hatte, die allerdings seit den 1980er-Jahren im Magnum-Archiv schlummerte und für viele zu explizit das Thema visualisiert hatte. Davor stand letzten Sommer Martin Parr angesichts der kritiklosen Unterstützung eines (alten) Buchprojektes mit ansatzweise rassistischen Konnotationen in der Medienkritik. Mal ganz ehrlich: Früher wurde vieles zu oft einfach nicht genauer hinterfragt.
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