Unser Chefredakteur Manfred Zollner hat bereits während seines Studiums der Kommunikationswissenschaft sein Taschengeld als Konzertfotograf verdient. Der langjährige stellvertretende Chefredakteur des Heftes leitet seit April 2019 die Redaktion. Darüber hinaus betreut er das einmal im Jahr erscheinende XXL-Heft fotoMAGAZIN EDITION mit herausragenden Fine Art-Portfolios.
Kolumne Zollners Zeilen: Aufmacher

Kläffer in Klamotten
Unsere flauschigen Vierbeiner gehören zu unseren liebsten Motiven: Die Hunde werden in Klamotten gesteckt und ihr Fell wird eindrucksvoll in Szene gesetzt. Manfred Zollner über den Trend der Hundefotografie.
Der Mensch möchte seine Tiere einfach zu gerne niedlich finden. Er hat sich wuselige Wuffis als stille Schoßhündchen domestiziert, ihnen putzige Namen verpasst und betrachtet sie ansonsten gemeinhin als ziemlich beste Freunde. Für Fotografen ist unsere Hundeliebe eine Quelle schier unendlicher Betrachtungsmöglichkeiten. Es gab Bildermacher, die uns in der Vergangenheit zeigten, wie sich die Physiognomie von Herr und Hund bisweilen überraschend ähneln. Andere wiederum konzentrierten sich ausschließlich auf den eindrucksvollen Faltenwurf des Hundefells beim intensiven Kopfschütteln – nach der Konfrontation mit Wasser.
Für Fotografen ist unsere Hundeliebe eine Quelle schier unendlicher Betrachtungsmöglichkeiten.
Das Bild vom Hund wurde vom Magnum-Genie Elliott Erwitt humorvoll auf der Straße abgelichtet und von Tim Flach als gestylte „Dog Gods“ im Studio interpretiert. Der Kanadier William Wegman machte wiederum mit der Trägheit mehrerer Weimaraner-Generationen über Jahrzehnte Fotokunst und inszenierte deren Lethargie in legeren Posen – auf Stühlen, Tischen und sonst wo in der Welt. Selbst das Rotkäppchen-Märchen wurde von Wegmans vierbeinigen Komparsen neu aufgeführt und schließlich in Buchform verewigt. Diese tierische Form des „Crossdressings“ reicht bis in die Zeit vor der Erfindung der Fotografie zurück, als alte Fabeln noch mit verkleideten Tierchen illustriert wurden.
Diese tierische Form des „Crossdressings“ reicht bis in die Zeit vor der Erfindung der Fotografie zurück (...)
Hundeklamotten scheinen dem Menschen also schon länger zu gefallen. Waldi selbst trägt das ohnehin meist ungeniert. Das dachte sich wohl auch die 23-jährige Sandra Müller. Sie fotografierte mit „Dog People“ (teNeues Verlag) jetzt einen ganzen Bildband voller Kläffer in Klamotten, um sich die Frage zu beantworten: Was wäre dieser Hund für ein Mensch? Wenn Menschen sich heute erdreisten, Hasen mit Keksen auf dem Haupt abzulichten, dann ist solcherlei Verkleidung doch nur harmloser Unsinn, könnte man argumentieren. Schließlich werden Hunde auch ungeniert in diversen Verkleidungen Gassi geführt. Demnächst übrigens sogar auf Kulturtrip. In New York startet Mitte August die „dogumenta“ – eine eigene Kunstausstellung nur für Hunde. Wau!
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