Auserwählte analoge Apparate

Kameraempfehlungen: Wer sich eine analoge Kamera zulegen möchte, kommt kaum um den Secondhand-Markt herum. Wir geben Ihnen Kaufempfehlungen für den Gebrauchtmarkt, ganz gleich, ob Sie eine Analoge zum Foto­grafieren, zum Sammeln oder zum Spielen suchen.

Winfried Warnke

Winfried Warnke

Kolumnist und freier Autor

Analoge Kamera: Pentax Auto 110 Die Pentax Auto 110 wurde 1978 vorgestellt und ist für 110-er Filmkassetten geeignet.
Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Was für ein spannendes Gefühl, wenn der frisch entwickelte Film von der Entwickler-Spule gerollt wird und es sich herauskristallisiert, ob die Aufnahmen etwas geworden sind. Der Film als Träger der entschleunigenden Fotografie braucht einen Mitspieler: Analoge Kameras sind fast nur noch gebraucht zu ergattern.

Lässt man die Einfach-Knipsen à la Holga-Kameras einmal bei Seite, so sind als anspruchsvollere Neuware nur noch Restbestände einer Nikon F6 (gut 2000 Euro) oder die Leica M-A (4350) Euro zu erwerben, mit nicht gerade entspannenden Preisen.

Die analoge Kamera auf dem Gebrauchtmarkt

Eigentlich schlief der Gebrauchtmarkt für analoge Fotografie sanft ein, sieht man von einigen Klassikern ab, die – nach dem Motto viel Metall, wenig Elektronik – ihren Marktwert hielten. Diese analogen Meilensteine der technischen Entwicklung sind von Sammlern nach wie vor gesucht. Diese Gruppe verfügt in der Regel über den nötigen finanziellen Hintergrund, um sich kostspielige Stücke zu gönnen.

Genau diese Sehnsucht nach dem Ursprünglichen begeistert auch zunehmend junge Leute. Durch die Handy-Fotografie sozialisiert, sind diese Anwender Teil des Analog-Hypes. Filmmaterial und Baryt-Fotopapier lösen Begeisterung aus. Diese Gruppe will mit ihren Analogen raus und fotografieren. Im Labor wird experimentiert, je mehr Handarbeit desto besser.

In diese Gruppe gehören auch die Perfektionisten, analoges (echtes) Mittelformat ist Grundlage für einen hochwertigen Verarbeitungsprozess. Es ist kein Zufall, dass sich eine Reihe von digitalen Kameras im Design stark an analogen Vorbildern orientiert. Design-Fans lieben das Ursprüngliche, sie suchen im Secondhand-Bereich nach den analogen Originalen.

Analoge Kamera mit Film Analoge Kamera mit Film – galt lange als verstaubt und erfreut sich heute wieder großer Beliebtheit.

Analoge Kamera mit Film – galt lange als verstaubt und erfreut sich heute wieder großer Beliebtheit.

Foto: © Getty Images/Chamillewhite

Die analoge Kamera: Ein spät erfüllter Traum

Die eigene Foto-Biografie ist eine spannende Sache. Sie ist oft mit verschiedenen Kameramodellen gepflastert, die den technischen Aufstieg des Fotografen dokumentieren. Oft liegen die Anfänge im analogen Zeitalter. Eine Rückbesinnung auf die erste Kamera oder die Erfüllung des Wunschs nach der Analogen, die man sich damals nicht leisten konnte, sind typische Kaufmotive für gebrauchte Apparate.

Sparfüchse jagen auch auf dem Gebrauchtmarkt. Viel analoge Kamera(masse) für wenig Geld, das lässt sich machen. Mit dieser Gruppe verwandt ist die Schar der Spieler. Ihr Ziel ist nicht das Bild und sie benötigen keinen Film, um sich mit ihrer Kamera zu beschäftigen. Sie spielen schlichtweg mit dem Apparat. Je schräger das Modell, desto größer die Begeisterung.

Es sind diese verschiedenen Charaktere, die die Renaissance analoger Kameras ausmachen. Gemeinsam ist ihnen die Sehnsucht nach haptischen Erlebnissen, nach Emotionen, die analoge Kameras auslösen. Nostalgie hat viele Facetten, doch das Ausbrechen aus der digitalen Anonymität eint sie. Und die Geschäftswelt reagiert, Unternehmen stellen wieder vermehrt Filmmaterial her. Die Nachfrage schafft einen wachsenden Markt, deshalb steigt das Preisniveau für viele Analoge.

Die hier genannten Preise beziehen sich auf gebrauchte Ware im gepflegten, funktionstüchtigen Zustand.

Analoge Kamera: Leica M3 Für Sammler: Die Königin der Sucherkamera-Serie: Leica M3. Sehr gut erhaltene Modelle sind selten und kosten doppelt so viel wie abgenutzte.

Für Sammler: Die Königin der Sucherkamera-Serie: Leica M3. Sehr gut erhaltene Modelle sind selten und kosten doppelt so viel wie abgenutzte.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Kameras für Sammler

Stets auf der Jagd nach Vollständigkeit: Sammler suchen immer nach dem noch fehlenden Teil in ihrer Schatzkiste. Ihr archivarischer Grundcharakter sorgt für Struktur. Edel-Sammler bevorzugen die renommierten Marken oder sie dokumentieren Highlights des Kamerabaus. Sie genießen fühlbare Wertigkeit des Materials und der Mechanik.

Die Leica M3 (rund 790 Euro/chrom) findet in beiden Sammlungskonzeptionen ihre Heimat. Sie ist das Startmodell der legendären M-Serie. Seit über 60 Jahren hat sich das Äußere dieses Kultobjekts kaum verändert. Leica M steht für das Messsucherprinzip, eine Art des Fotografierens, die man ablehnt oder vergöttert.

Die Leica M3 wurde zwischen 1954 bis 1966 in der Regel in Chrom gebaut, die wenigen schwarzlackierten Modelle kosten heute gebraucht mehr als das Zehnfache der Chrom-Typen.

Nikon F, F2 und F3 Eine echte Profi-Familie: Nikon F, F2 und F3, Handwerkszeug mit legendärer Haltbarkeit und Grundlage für den Mythos Nikon.

Eine echte Profi-Familie: Nikon F, F2 und F3, Handwerkszeug mit legendärer Haltbarkeit und Grundlage für den Mythos Nikon.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Die Profikameras der 70er- und 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts waren Nikon-F-Spiegelreflex­kameras. Zum mechanischen Höhepunkt avancierte die F2 AS (300 Euro), gebaut von 1971 bis 1980. Die wohl beste mechanische Kleinbild-Spiegelreflex ist die Basis eines schier unerschöpflichen F-Objektiv- und Zubehörsystems, also ein Eldorado für Sammler. Heavy Metal in Reinkultur, mehr Bildmaschine als Kamera.

Analoge Kamera: Canon EOS-1 Canons Erfolgskonzept gegen den Marktführer Nikon: Canon EOS-1, weiche Formen für harte Profis. Gut erhaltene Stücke sind schwer zu finden.

Canons Erfolgskonzept gegen den Marktführer Nikon: Canon EOS-1, weiche Formen für harte Profis. Gut erhaltene Stücke sind schwer zu finden.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Kameras für Sparfüchse

Wie bekomme ich möglichst viel Nostalgie für mein Geld? Hauptziel ist der optimale Gegenwert, ganz viel Kamera für wenig Euro. Der Sparfuchs durchforstet die Einkaufskanäle wie Internet und Fotobörsen mit dem Blick des Schnäppchenjägers. Und fast immer wird er fündig: Ganz viel Profikamera bei bescheidenem Einsatz gibt es mit der Canon EOS-1 (50 Euro für Body). Canons erste Profi-SLR mit Autofokus feierte 1989 großen Erfolg.

Nikon wurde der Rang als Platzhirsch streitig gemacht und eine bis heute andauernde Erfolgsära nahm ihren Anfang. Ein ausgesprochen hübsch designtes, bedienungsfreundliches Gehäuse mit neuem EF-Bajonett nahm eine Objektivlinie auf, die mit schnellem Autofokus, Ultraschall-Motoren und Bildstabilisierung damals konkurrenzlos war. Startschuss für eine Kameralinie, die bis heute formgebend für die EOS-Baureihe ist.

Analoge Kamera: Voitgländer Vito Aus einer Epoche, in der die deutsche Kameraindustrie noch weltweit führend war: Voigtländer Vito, Qualität auch für die Masse.

Aus einer Epoche, in der die deutsche Kameraindustrie noch weltweit führend war: Voigtländer Vito, Qualität auch für die Masse.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Aber es geht noch billiger. Die millionenfach produzierte Voigtländer Vito-Baureihe und deren Ableger, hier eine Vito CL gebaut in den 60er-Jahren (15 Euro), bietet unübertroffen viel Kameramechanik für das Geld. Das traditionsreichste Fotounternehmen, 1756 gegründet, sorgte nach dem 2. Weltkrieg für die Verbreitung der Fotografie. Dabei schufen die solide Grundqualität und gute Optiken (hier Skopar 2,8/50 mm) prima Voraussetzungen für qualitativ ansprechende Fotos.

Kameras für Spieler

Nie die Fotografie und nur selten die Technik ist Fixpunkt für den Spieler. Der Spieltrieb ist eine grundtypische Eigenschaft des Menschen. Obwohl Toy-Kameras für Kinder konzipiert sind, besitzen sie auch für Erwachsene durchaus unterhaltenden Charakter. Tasten lösen oft blinkende Lichtlein oder erstaunliche Geräusche aus; da läuft dann mehr ab als nur die Verschlusslamellen.

Canon Janosch Tigerauge und Lexi Click Ja, damit kann man fotografieren: Canon Janosch Tigerauge und Lexi Click für 35 mm KB-Film.

Ja, damit kann man fotografieren: Canon Janosch Tigerauge und Lexi Click für 35 mm KB-Film.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Mit der Kinderkamera Canon Janosch Tigerauge (20 Euro), eigentlich eine BF-7, könnten Sie auch fotografieren. Sie verfügt über einen eingebauten Blitz und Autofokus. Für den Spieler bietet sie emotionale Anknüpfungspunkte an die eigene Kindheit.

Miniaturisierung pur

Der Spielzeug-Zwerg Asahi Pentax 110 (35 Euro mit 2,8/24 mm) verkörpert anspruchsvollere Niedlichkeit. Diese analoge Kamera ist mit 172 g Lebendgewicht (mit Optik) bis heute die kleinste Spiegelreflex-Systemkamera. Das sechslinsige Normalobjektiv wiegt 13 g. Den Spieler reizt die Palette der Wechselobjektive: Sechs Festbrennweiten von 36 bis 140 mm (entsprechend Kleinbild) und ein Zoom 40-80 mm – ergänzt durch Winder und Systemblitz – erlauben das Entfalten des Spieltriebs.

Analoge Kamera: Pentax Auto 110 Die Pentax Auto 110 wurde 1978 vorgestellt und ist für 110-er Filmkassetten geeignet.

Die Pentax Auto 110 wurde 1978 vorgestellt und ist für 110-er Filmkassetten geeignet.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Kameras für Anwender

Sie bilden wohl die tragende Säule der analogen Renaissance: Die wachsende Gruppe der Anwender will mit der Rückbesinnung auf analoge Grundlagen, Film und edles Barytpapier ihr Bewusstsein für das Schaffen qualitativer Fotos erhöhen. Das analoge und mit Muße verbundene Fotografieren mit dem Ergebnis eines Vintage-Unikats soll sich vom digitalen Massenprodukt absetzen. Grundlagen dafür sind technische Spitzenklasse und möglichst viel Format.

Die Messsucherkamera Mamiya 7(II) (2600 Euro mit 4/80 mm) für Rollfim 6 x 7 cm ist genau das passende Werkzeug. Für dieses große Filmformat ist sie leicht, kompakt und einfach zu bedienen; ideal für unterwegs. Sie ist mit sechs Wechselobjektiven (21 – 100 mm/KB) universell einsetzbar und besitzt den Komfort einer Zeitautomatik.

Analoge Kamera: Mamiya 7(II) Große Qualitätsreserven durch Mittelformat: Die Mamiya 7(II) gehört mit der Pentax 67 zu den gesuchtesten Analogen für 120/220-er Rollfilme.

Große Qualitätsreserven durch Mittelformat: Die Mamiya 7(II) gehört mit der Pentax 67 zu den gesuchtesten Analogen für 120/220-er Rollfilme.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Die Freunde der Street-Fotografie suchen ein unauffälliges, schnelles Werkzeug mit rund 35 bis 50 mm Brennweite. Im edlen Sucherkamerabereich setzt die Leica Minilux (460 Euro chrom, 570 Euro schwarz) Zeichen für schnappschussartige Milieufotografie. Eine schnelle, kompakte Kamera (1995 – 2003) mit hochwertiger Optik und Leica-Status, obwohl wahrscheinlich von Panasonic gebaut.

Analoge Kamera: Leica Minilux Verdoppelung des Gebrauchtpreises in den letzten Jahren: Die Leica Minilux, wie auch die Contax T2, profitieren von der Edel-Welle.

Verdoppelung des Gebrauchtpreises in den letzten Jahren: Die Leica Minilux, wie auch die Contax T2, profitieren von der Edel-Welle.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Kameras für Biografen

Man muss nicht steinalt sein, um auf eine analoge Fototradition verweisen zu können. Früher, als Kameras dem Nachwuchs noch zu besonderen Anlässen geschenkt wurden, starteten ganz eigene Kamera-Biografien, die oft durch wertigen Aufstieg gekennzeichnet waren.

Die eigene Technikgeschichte kann heute mit persönlich relevanten Modellen ohne großen Finanzaufwand dokumentiert werden, selbst mit damals Unerschwinglichem. Canon oder Nikon – das war jahrzehntelang eine grundsätzliche Ansicht.

Analoge Kamera: Nikon FE Statussymbol Spiegelreflex: Nikon FE, eine Erfolgsserie für den Ambitionierten.

Statussymbol Spiegelreflex: Nikon FE, eine Erfolgsserie für den Ambitionierten.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Die Nikon FE/FM (80/110 Euro) war gehobene Mittelklasse pur. Eine analoge Kamera für Analogaufsteiger und ambitionierte Fotografen. Mit ihr eröffnete sich das riesige Nikon-System, kompakt und ausgezeichnet verarbeitet. Die Canon-Jünger griffen in großer Zahl zur Canon AE-1 (60 Euro), eine technisch bahnbrechende Entwicklung: die erste KB-Spiegelreflex mit Mikroprozessor-Steuerung. Im Westen millionenfach verkauft.

Doch auch der Osten Deutschlands hatte seine Meilensteine: Praktica-Kameras prägten die Fotobegeisterten in der DDR. Die LLC (20 Euro) schrieb 1969 Geschichte, sie war die erste mit elektrischer Blendenübertragung.

Kameras für Design-Liebhaber

Noch heute sehen viele Kameras aus wie vor vielen Jahrzehnten. Vergleiche ich eine 60 Jahre alte Praktica mit einer neuen Canon EOS R, so sind bis auf den Handgriff die stilistischen Grundzüge sehr ähnlich.

Aber es gibt in der analogen Kamerageschichte auch eine Reihe von interessanten, auffälligen Abweichungen. Analoge Design-Highlights zu erwerben, ist für Freunde der Produktgestaltung ein spannendes Feld. Schönheit, ästhetischer Genuss stehen für sie im Vordergrund.

Analoge Kamera: Rollei 35 S Star der über zwei Millionen Stück großen Rollei-35-Familie: die 35 S mit dem scharfen Sonnar 2,8/40 mm. Manuelle Bedienung und ein toller Sucher.

Star der über zwei Millionen Stück großen Rollei-35-Familie: die 35 S mit dem scharfen Sonnar 2,8/40 mm. Manuelle Bedienung und ein toller Sucher.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Fotografieren ist Nebensache, diese Liebhaber nutzen doch eher Vitrinen. Die Rollei 35 S (160 Euro), eine deutsche KB-Kultkamera, hat Kompaktheit neu definiert. Trotz ihrer geringen Größe einer Zigarettenschachtel vermittelt sie Wertigkeit und zeitloses Design mit ihren markanten zwei Einstellrädern auf der Vorderseite. Klarer Aufbau, keine Verspieltheit, vortreffliche Übersichtlichkeit: Hier wurden gestalterische Maßstäbe gesetzt.

Analoge Kamera: Minox C Edler kann man Kameras nicht bauen: Minox C, ein Designschnäppchen mit Kultcharakter, deutsche Wertarbeit und Symbol des Wirtschaftswunders.

Edler kann man Kameras nicht bauen: Minox C, ein Designschnäppchen mit Kultcharakter, deutsche Wertarbeit und Symbol des Wirtschaftswunders.

Foto: © Winfried Warnke / Archiv fotoMAGAZIN

Die Minox C (30 Euro), Filmformat 8 x 11 mm, gehört in die Familie der legendären, handschmeichlerischen Silberlinge. Der geniale Konstrukteur Walter Zapp entwarf 1938 die Ur-Minox. Angeblich in jedem guten Spion-Haushalt vorhanden, ist ihr Äußeres einmalig. Die Form unterstreicht hier Solidität und Haptik.

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